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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Haus zeigen, wo sie die Bombe gebaut haben. Eine alte Fabrik, die seit Jahren leersteht und verfällt.«
    Dulcan blieb mit einem Ruck stehen. Trotz seiner Nacktheit, die sonst bei denkenden Männern lächerlich wirkt, drückte seine Haltung eine deutliche Spannung aus. Es war, als zögen sich in ihm alle Muskeln zusammen.
    »Das muß ich sehen. Fahren wir hin?«
    »Ja. Ich kenne den Weg.«
    »Jetzt sofort!« Er zog Lucretia aus der Schaukel, fing sie auf und küßte sie schnell. »Eine Frage, Liebling, bohrt mir im Magen. Warum hast du Mauri verlassen?«
    »Er hat mir eine Ohrfeige gegeben«, sagte sie lässig. »Er fängt an, sich wie ein Vater zu benehmen. Ich mag keine Väter, ich hasse Väter … ich habe nie einen Vater gekannt.«
    An welch dünnen Fäden hängt das Schicksal der Menschen.
    Die Fabrik im Norden von Brooklyn war nicht nur alt und verfiel mit der ansteckenden Traurigkeit aller verlassenen Häuser, sondern sie war zudem auch noch von einer unbeschreiblichen Schmutzigkeit. In den verlassenen Hallen lagen zerrissene Matratzen herum, Haufen von Konservendosen, Milchtüten, Pappbechern, Käsepapier, Essensresten, leeren Bier- und Whiskyflaschen, Keksdosen und Plastiktüten. An der Wand in Halle 3 – die Ziffer war mit schwarzer Teerfarbe an die Mauer gemalt – lagen noch ein paar Gammler herum, schliefen oder stierten aus leeren Augen auf Dulcan und seine Begleiterin.
    »Wie gut, daß es verlassene Häuser gibt«, sagte er. »Unvorstellbar, wenn dieser Menschenmüll auch noch auf den Straßen läge.«
    »Als Mauri hier arbeitete, schlief niemand hier. Er hat sie alle weggejagt. Drei Nächte lang hat es eine regelrechte Schlacht gegeben. Sie kamen mit Schlagringen und abgeschlagenen Bierflaschen, aber Mauris Leute droschen sie zusammen mit langen Gummirohren. Es hat keine Toten gegeben.«
    »Der ästhetische Cortone.« Dulcan lachte. Sie gingen durch leere Hallen, ihre Schritte dröhnten auf den Betonböden und der Ton brach sich in den Trümmern oder kehrte als Echo aus verschiedenen Richtungen wieder. Statt eines Daches übergab sie ein Gewirr aus Stahlträgern und verrosteten Drähten. Der Nachmittagshimmel, trübe nach dem Regen, bleigrau und so niedrig, daß man Angst haben konnte, Gott schaue jetzt mitten in die Penthouses auf den Wolkenkratzern hinein, verstärkte dieses Bild traurigsten Dahinfaulens. Dulcan blieb stehen. Er war mißtrauisch geworden. Mit hartem Griff hielt er Lucretia fest, die weitergehen wollte.
    »Hier?« fragte er rauh. »Eine Atomfabrik stelle ich mir anders vor.«
    »Sie haben nicht hier oben, sondern im Keller von Halle 5 gearbeitet.« Sie befreite sich aus seinem Griff. »Du tust mir weh.«
    »Es ist alles so unwirklich.« Dulcan folgte langsam, als Lucretia weiterging. Er steckte die Hand in die rechte Manteltasche. Dort trug er immer eine Waffe, eine automatische Pistole, mit der er aus der Tasche schießen konnte und auch immer traf. Ein alter Trick aus der Aufbauzeit der dreißiger Jahre … man bummelt harmlos herum, die Hände in den Taschen, und plötzlich kracht's aus der Hose. Der Tod als Zauberer.
    »Hier hinunter.«
    Sie stiegen eine breite Betontreppe hinab, öffneten eine stählerne Doppeltür und betraten einen weiten Keller, sauberer als die oberen Hallen, aber muffig, mit Schimmelbildung an den Wänden, ein Modergrab. Im schwachen Licht aus den Lichtschächten sah Dulcan, wie einige Ratten davonhuschten. Lucretia drängte sich an ihn … er spürte ihr Zittern und den tiefen Eindruck ihrer Fingernägel auf seinem Oberarm.
    »Hier«, sagte sie kaum hörbar.
    Dulcan sah sich um, ohne weiter in den Raum zu gehen. Er war ehrlich verblüfft. Eine große, eiserne Werkbank stand mitten im Keller, um sie herum eine Anzahl Maschinenteile, Überreste von Drehbänken, Bohrern, Schleifern und Stahlschneiden. Sogar ein paar leere Sauerstoffflaschen standen in der Ecke, die Manometer noch aufgeschraubt. Cortone hatte die Werkstatt einfach stehenlassen, als seine Aufgabe erfüllt war … sie hatte später Dieben und Gammlern als wundertätiger Acker gedient, den sie abernteten, bis nichts mehr aus ihm zu verkaufen war.
    Wirklich ergriffen lehnte sich Dulcan an die muffige Ziegelwand.
    »Das ist unglaublich«, sagte er ehrlich. »Unglaublich ist das! Hier hat Maurizio zwei Atombomben herstellen lassen? Ist das denn so einfach?«
    »Einfach nicht. Man muß die Fachleute dazu haben.«
    »Und Mauri hatte sie?«
    »Er hat zwei Millionen Dollar in das Projekt

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