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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich habe kein Image, und in das Blatt muß so etwas auch rein. Tausende lesen mit Empörung von gequälten Hunden. Dafür schreibt Theo Bach von gequälten Menschen, von Verhungernden in Pakistan und Indien, von Massenschlächtereien im südamerikanischen Urwald (mit authentischen Bildern, Großaufnahme: Zerhackter Indiokörper. Waffe: Machete, hergestellt in Solingen) – das bringt einen Namen, eben Theo Bach … aber es erschüttert die Menschen weniger als ein Hündchen, das in einem engen Zwinger frieren muß. Nichts gegen Hunde, ich bin ein Tiernarr, ich würde mir einen Privatzoo halten wie Georg von Opel, wenn ich das Geld vom Opel hätte, ich besitze sogar einen Papagei, in einem weißen, großen Käfig, der an einer Kette von der Decke hängt, und dieser Papagei ist ein Schwein, das heißt, sein Vorbesitzer war es, denn er hat dem armen Vogel Sätze eingehämmert wie diesen: »Komm her, komm her … fick-fick …« Oder: »Laß Hose runter!« Oder: »Umdrehn, umdrehn … bumm hinten …« Wenn ich Besuch bekomme, entschuldige ich mich immer vorher für meinen Papagei.
    Ich erzähle das alles, um zu beweisen, wie tierliebend ich bin. Doch zurück zu Helga. Zu dieser schön gemeißelten Marmorfigur. Ich habe sie also beobachtet: Lesbisch ist sie nicht. Kein Kontakt mit anderen Weibern. Dabei ist in ihrem Fotoatelier der Teufel los. Da wimmelt es von Nackten. Da liegen oder knien oder stehen sie herum, vor bunten Wänden, vor projizierten Bildern (Neapel, Mallorca, Sandstrand in Tunis, Palmen auf den Bahamas), verkrümmen sich, lächeln dümmlich, strecken ihre Geschlechtsmerkmale fotogen vor, und Helga geht zwischen diesen Nackten herum, fummelt da, fummelt hier, rückt eine Brust zurecht, korrigiert eine Hüfte, sagt zu dem männlichen Modell – Julius Danke heißt der Knabe – ganz ruhig: »Leg beide Hände davor – ahnen ist besser als sehen!« – nein, ich habe bei Helga keinerlei Regungen festgestellt. Vielleicht stumpft das Fotografieren von soviel Nacktheit ab, ich weiß es nicht. Mir geht's anders. Wenn ich Helgas Atelier besuche und sehe zum Beispiel die schwarzgelockte Mabel vor einer Palmenkulisse, dann werden mir die Handflächen feucht.
    »Laß meine Modelle in Ruhe, du«, sagte Helga einmal zu mir, als meine Augen auf Stielchen saßen. »Such dir in der Redaktion oder auf der Straße was für deine Hormone.«
    Helga! Ein Bild von einem Mädchen. Wäre ich nicht ihr Bruder, würde ich ihr nachlaufen wie ein Hündchen und jammern. Das habe ich ihr einmal gesagt – Himmel, war ich da besoffen! –, und was antwortete sie: »Weil das alle tun, sind es alle Waschlappen! Ich warte auf den Mann!«
    Mann – das sagte sie wie einen Schlachtruf. Das war ein Fanfarenstoß. Angriffs-Clairon. Fundament einer Weltanschauung. Der arme Kerl, der von Helga einmal als Mann angesehen wird! Ich weiß gar nicht, wie er beschaffen sein muß!
    »Tust du mir einen Gefallen?« habe ich Helga gestern gefragt. Sie kam zu mir zum Essen. Manchmal kochen wir gemeinsam in meiner Bude. Sie bringt die Zutaten mit (sie verdient sporadisch mehr als ich), ich bin der Küchenchef. Ein Hobby von mir. Schon dreimal habe ich das Angebot bekommen, dem ›Club der kochenden Männer‹ beizutreten, nachdem ich in unserem Blatt zehn eigene exklusive Rezepte veröffentlicht hatte. Auch so etwas schreibe ich … Theo Bach würde das nie tun, er schreibt über den Hunger in der chinesischen Provinz Fukien. Aber es macht mir Spaß. Das ist die Hauptsache. Gestern briet ich ein Steak à la Tarantelle (das Rezept verrate ich später in unserer Illustrierten, Rubrik: ›Zauberer am Kochtopf‹), dazu Salat Musette und Pommes Chantilly. Zum Nachtisch Obstsalat à la Dauphin, mit Cointreau flambiert. Glauben Sie mir: Eine solche Speisenfolge oder eine knusprige Neunzehnjährige … ich würde zuerst essen!
    »Was soll's sein?« fragte Helga. Sie war beim Obstsalat. »Gefällt dir Myriam? Sie ist nicht aus Miami, sondern aus Holzkirchen und heißt Josefa. Sie hat einen Freund, der ist Amateurboxer. Das nur zur Warnung. Wenn du Mut hast, mach dich ran.«
    »Red kein Blech«, sagte ich. »Du sollst mir einen Gefallen tun. Du, nicht Myriam. Einen Botengang.«
    »Das ist was Neues, Hänschen.«
    Wenn sie mich ärgern will, nennt sie mich Hänschen. Mit 30 Jahren noch Hänschen. Ich revanchiere mich, indem ich Helga bei passender Gelegenheit mit ›Pummelchen‹ anrede … so nannte sie mein zertrümmertes Vorbild, mein Vater, denn als Kind war

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