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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ausschreibungen und Projekte lockten: Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. Wieder neue Stadionbauten, Erweiterungen, Modernisierungen. Neue Millionen rollten über Bagger, Mischmaschinen, Transportbänder und Kräne in die Taschen. Was dann folgte, war eine trostlose Zeit, man ahnte es. Die Bau-Lobby knobelte schon an neuen Projekten, die man Regierungsstellen unterjubeln konnte.
    Vielleicht eine Weltausstellung in Deutschland? Was Brüssel und Tokio können, können wir doch auch!
    Pietro Bossolo besichtigte den Chiemsee. Er informierte sich genau über die Stelle, an der er ins Wasser steigen sollte. Ein Bootshaus stand dort, am Ende eines Stegs in den See hineingebaut. Leer. Verfallen. Faulendes Holz. Gegenüber träumte das Schloß von Herrenchiemsee in einen bleifarbenen Aprilhimmel.
    Wie Hans Bergmann unternahm auch Pietro Bossolo Tauchversuche. Er hatte weniger Schwierigkeiten – in Cortones Sportschule in New York lehrte man auch Unterwassersport, und Bossolo hatte aktiv mitgemacht. Obwohl er über ein Jahr nicht mehr in einer Unterwasserausrüstung geschwommen war, gewöhnte er sich sofort wieder daran, schwamm unter Wasser bis zur Insel, fing zum Vergnügen mit der Hand einen Barsch und fühlte sich ausgesprochen wohl mit 10.000 Dollar im Rücken.
    Am Tag X war er schon früh in der verlassenen Bootshütte, erlebte den Anbruch des Tages über dem Chiemsee, beobachtete durch die schießschartenähnlichen Fensterschlitze, wie sich nicht weit von ihm entfernt am Ufer einige Männer in Zivil (es waren Beamte des Bundesverfassungsschutzes und des Bayerischen Landeskriminalamts) versammelten, und sah zwei Froschmänner ihre Ausrüstung ans Wasser legen. Einmal betrat eine Gruppe von drei Männern sogar den Steg, ging bis zum Häuschen vor, rüttelte an der Tür und versuchte, durch die Schlitze hineinzusehen. Bossolo lag flach auf dem Boden und atmete kaum.
    »Verfallen und verlassen«, sagte einer der Männer. »Man muß ja Angst haben, daß der ganze Schlamassel unter einem zusammenbricht.«
    Die Schritte entfernten sich wieder. Der Steg schwankte leicht.
    Als es dunkel wurde und das von Kriminalrat Beutels so enthusiastisch begrüßte Abendrot die Wolkenränder modellierte, begann Pietro Bossolo sich anzuziehen.
    Gummianzug, Schwimmflossen, Sauerstoffflaschen mit Trägergestell griffbereit, ein Blick auf die wasserdichte Taucheruhr.
    Noch kann ich zurück, dachte Bossolo. Ich kann hier sitzen bleiben und gar nichts tun. Aber was wird das nach sich ziehen? Cortone ist kein Mann, der Angst als Entschuldigung gelten läßt. Und die fremde Stimme im Englischen Garten hatte auch nicht so geklungen, als ob ihr Besitzer Rücksicht auf seelische Vorgänge nehmen würde. Übrigens war es kein Italiener, das hatte Bossolo bald gemerkt. Es war ein Deutscher, der gut italienisch sprach. Es gibt da bestimmte Ausdrücke, die ein geborener Italiener anders spricht. Aber spielt das jetzt eine Rolle? Cortone hatte überall seine Helfer, das war bekannt.
    Für 10.000 Dollar kann man Gehorsam verlangen. Das ist das mindeste.
    Noch eine halbe Stunde.
    Der See lag schwarz in der stillen Nacht.

Am Ufer
    Ich bin fertig zum Tauchen.
    Während ich hier im verwilderten Garten der Villa sitze und in der hohlen Hand eine Zigarette rauche, frage ich mich, für wie dumm eigentlich deutsche Kriminalbeamte einen internationalen Verbrecher halten. Denn wer Atombomben basteln kann, hat Format.
    Ich kann von meinem Sitz aus zum Beispiel sehen, daß eine Menge Leute drüben auf Herrenchiemsee herumlaufen wie Ameisen, denen man den Bau zertreten hat … so auffällig benehmen sie sich. Es ist anzunehmen, daß der oder die Abholer des Geldes die Insel genauso mit einem Nachtglas beobachten wie ich. Keine Polizei, stand in dem Brief – und sie haben eine kleine Armee aufmarschieren lassen. Wäre ich jetzt in der Lage der unbekannten Gangster, ich würde auf das Geld verzichten und irgendeine Warnung loslassen. Auf keinen Fall ginge ich das Risiko ein, mitten in diese Heerschar hineinzuschwimmen.
    Mir, dem Journalisten Hans Bergmann, macht das nichts aus. Ich bin hier in Ausübung meines Berufes, ich kann mich ausweisen, und nirgendwo steht geschrieben, daß man im April nicht Froschmann im Chiemsee spielen darf. Was auch in wenigen Minuten sein wird – ich werde auf jeden Fall das einsame Boot aufs Bild bekommen und, wenn ich Glück habe, die Froschmänner der Polizei. Als Beweis für meine Jahrhundert-Story reicht das aus. Auch der

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