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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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klarzumachen, daß eine Azetylenflasche, die man auf dem Parkplatz abgestellt hatte – aus Bequemlichkeit, weil man sie morgen brauchte –, durch Selbstentzündung hochgegangen ist. Ob's die Brüder von der Journaille Ihnen glauben, ist unwichtig. Wichtig ist nur, daß keiner die Wahrheit erfährt.«
    Mit der Eilbriefpost traf am Morgen der erwartete Brief ein. Beutels las ihn wie einen Monolog im Staatstheater vor:
    Der nächtliche Feuerzauber sollte Ihnen zeigen, daß unser Geschäft eine ehrliche Sache unter Ehrenmännern ist. Diesmal waren es nur fünf Stangen Dynamit. Sie explodierten, ohne daß es jemand verhindern konnte. Am 26. August um 15 Uhr werden es zwölf Kilogramm Plutonium sein. Das kann überhaupt nicht verhindert werden. Um dem Grandiosen dieses Projekts Rechnung zu tragen, wollen wir den Auslösebetrag auf 30 Millionen Dollar erhöhen. Der Testfall auf dem Chiemsee und das kleine Feuerwerk gestern auf dem Parkplatz zeigen Ihnen: Wir sind immer gegenwärtig.
    Beutels ließ den Brief sinken. Die Luft im Sitzungssaal war zum Stückeschneiden.
    »Ein Irrer!« sagte der Präsident des Olympischen Komitees. »Mein Gott, ein Irrer!«
    »Wer es auch ist: Hier muß eine Entscheidung gefällt werden.« Beutels zeigte auf das Telefon vor dem Polizeipräsidenten. »Ich bitte, Bonn anzurufen.«
    Es war der 1. Mai. Morgens 10 Uhr.
    Der deutsche Bundeskanzler in Bonn wurde unterrichtet.
    Die Drohung wurde zu einer Staatsaffäre.

Bonn
    Zum ›Tag der Arbeit‹ hatte der Bundeskanzler eine programmatische Rede ausgearbeitet. Die Neuwahlen standen vor der Tür, der Wahlkampf hatte früher als je begonnen, die Opposition trommelte schon seit Monaten gegen die nach ihrer Ansicht verfahrene und traumtänzerische Ostpolitik, die Deutschland, was immer es tun würde, ständig den ›Schwarzen Peter‹ zuspielen würde, die Wirtschaftspolitik machte weite Kreise zu stillen Nachdenkern, die labile Währung spürte man allenthalben auf den Weltmärkten, die Lebensmittel- und die allgemeinen Lebenshaltungskosten stiegen rapider als Löhne und Gehälter – von jeher eine Schraube ohne Ende –, und innenpolitisch schlug man sich mit einer Zunahme der Kriminalität herum. Von den neuen Steuergesetzen ganz zu schweigen.
    Eine ernste Situation für die Regierung. Da ist ein Tag wie der 1. Mai immer willkommen, um vor breiten Volksmassen Erklärungen abzugeben, Beruhigungen zu verteilen und Gegenargumente vorweg abzuwürgen.
    In seinem Haus auf dem Bonner Venusberg erhielt der Bundeskanzler zehn Minuten vor der Abfahrt zu seiner Mairede ein Telefongespräch von seinem Innenminister. Der Mercedes stand wartend vor der Tür, der begleitende Kriminalbeamte rauchte nach einem Blick auf seine Armbanduhr schnell noch eine Zigarette.
    »Ich kann jetzt unmöglich das Programm noch umwerfen«, sagte der Bundeskanzler. »Hat es nicht Zeit bis morgen?«
    »Natürlich hat es Zeit, aber wir wissen nicht, ob die Dinge in München nicht früher in Fluß kommen.«
    »Was Sie mir da erzählen, ist ja unglaubhaft.« Der Bundeskanzler blickte auf seine Frau. Sie kam aus dem Salon, hob fragend die Schultern und zeigte auf die Uhr. »Nehmen Sie das ernst?«
    »Ich weiß nicht, was man davon halten soll. Der Fall müßte im Kabinett eingehend besprochen werden.«
    »Aber doch nicht heute, am 1. Mai!«
    »Die Münchner Polizei ist der Meinung –«
    »Die Polizei ist immer anderer Meinung.« Der Bundeskanzler lachte. Sein etwas heiseres Organ wurde um eine Nuance heller. »Überlegen Sie doch mal die Unmöglichkeit, der wir da auf den Leim kriechen sollen. Das ganze ist ein Witz.«
    »Und die Sprengung heute nacht?« Der Innenminister wurde unsicher. Es mag stimmen, daß Kriminalisten von Berufs wegen allen Dingen eine gefährlichere Note geben, als diese sie in Wahrheit haben. Ruhe, ganz klare Überlegenheit ist da eine bessere Verteidigung als gleich in die Vollen zu gehen. Der Bundeskanzler besaß diese Ruhe, die Kunst des Abwägens, des nüchternen Kalküls – aber ließ sich der Erpresser darauf ein? »Die Sprengung soll als Wahrheitsbeweis angesehen werden.«
    »Mit dem Kabinett zu sprechen, das wissen Sie, ist heute sowieso nicht möglich. Die Herren sind an verschiedenen Orten bei Maifeiern engagiert. Vor morgen mittag kann ich eine außerordentliche Sitzung nicht zusammenrufen. Aber das werde ich veranlassen, wenn es Sie beruhigt. Ich sehe in dem von Ihnen angerissenen Fall gar keine Schwierigkeiten.«
    »Es geht um 30 Millionen Dollar,

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