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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fingern hinein: ›Ric und Helga. Werbe-Agentur‹. »Wie klingt das? Gut, nicht wahr?«
    »Sehr gut.« Er küßte ihr Ohrläppchen, das ihm am nächsten war, und lächelte gutmütig. »Wir werden einen tollen Erfolg haben.«
    Im stillen aber dachte er: Wie kann ich hier in München bleiben? Das ist absurd. Ich muß sie langsam daran gewöhnen, an Washington zu denken.
    Als die Sonne schien, liebten sie sich wieder.

Zelle 14
    Darauf habe ich nur gewartet: Kriminalrat Beutels hat mir mitgeteilt, daß ich tot bin.
    Bisher hieß es nur immer, ich sei kaltgestellt. Einfach verschwunden, um meinen Informanten aus der Reserve zu locken. Aber Gustav wird ihnen allen etwas blasen … er sitzt ja mitten unter ihnen und weiß genau, daß ich hier unten in Zelle 14 hocke und die jeweiligen Wachtmeister vom Dienst ihren Pensionsanspruch sauer verdienen lasse. Wenn man als Mensch mit schöpferischer Intelligenz in einer engen Zelle allein gelassen wird, soll sich niemand wundern, wenn dieses mit Ideen aufgeladene Gehirn auch Ideen ausspeit. Die Reaktionen der Beamten sind dabei der Treibstoff, der meinem Motor immer wieder Kraft gibt.
    Ein beliebtes Spiel ist das Fieberspiel. Ein Außenstehender glaubt gar nicht, wie groß die Angst vor Krankheit und Ansteckung in der Haft ist. Legt man sich hin, hält sich den Kopf und stöhnt, man habe Fieber, kann man damit rechnen, sehr schnell einem Arzt vorgeführt zu werden. Hier im Präsidium ist es immer der diensthabende Polizeiarzt.
    Viermal habe ich Fieber gespielt. Viermal kam der Arzt in meine Zelle, untersuchte mich und befand, daß ich gesund sei. Da es bei den ersten drei Malen immer ein anderer Arzt und eine andere Wachmannschaft war, fiel es nicht auf … heute aber begann das erwartete Toben, denn Oberwachtmeister Kunzelfrey – er heißt wirklich so – hatte Dienst, und der Polizeiarzt Dr. Schwartz (mit ›tz‹, darauf legt er Wert) kannte mich auch schon als Simulant. Als ich klopfte und schrie: »Ich habe Fieber!«, brüllte Kunzelfrey zurück: »Ich kuriere Sie mit einem Eimer Wasser!«
    »Sind wir beim Doktor Eisenbart?« schrie ich. Und Kunzelfrey, nach einem nervösen Stocken, geiferte durch die Tür:
    »Beleidigen Sie nicht den Arzt, Sie! Nach der neuen Dienstvorschrift dürfen wir Bärte tragen!«
    Erst da fiel mir ein, daß Dr. Schwartz einen Bart trug, so einen modernen, kleinen Kinnbart, eine ›gestutzte Ziege‹, die männlich wirken soll und doch nur die Oberschenkel der Frauen zerkratzt.
    Er ging hin und her, bis Kunzelfrey die Klappe in der Tür öffnete und mich anstarrte. Ich hatte mir Wasser übers Gesicht gespritzt und wirkte nun wie in Schweiß gebadet.
    »Fiebernde schwitzen!« sagte ich mit elender Stimme. »Mir läuft's bis in die Schuhe.«
    Zehn Minuten später war Dr. Schwartz mit ›tz‹ da. Natürlich stellte er eine völlig normale Temperatur und einen nur durch das Brüllen mit Kunzelfrey beschleunigten Puls fest, und auch den kalten Schweiß erkannte er als Leitungswasser. Herztätigkeit normal. Ich weiß, ich bin ein gesunder Bursche.
    »Warum tun Sie das?« fragte Dr. Schwartz geduldig und packte Stethoskop und Thermometer wieder ein. Er kam mir vor wie ein ratloser Psychiater, der einen Irren beobachtet und nicht versteht, daß dieser auf dem Kopf steht, wo er nach Abschluß der Behandlung doch auf den Händen gehen müßte.
    »Nur so«, sagte ich freudig. »Es macht mir Spaß.«
    »Sie treiben es so weit, daß kein Arzt mehr kommt, wenn Sie wirklich erkranken. Denn dann glaubt es Ihnen auch keiner.«
    »Das wäre nun wiederum ein totales Versagen der ärztlichen Versorgungspflicht gegenüber Untersuchungsgefangenen. Übrigens – kennen Sie überhaupt meinen Gefangenenstatus?«
    »Sie befinden sich hier in Polizeihaft.«
    »Und das soll so bleiben bis zum 27. August! Haben Sie das schon mal gehört? Fast 4 Monate, ohne Haftbefehl! Ohne richterliche Einweisung! Ohne Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen! Keinen Anwalt! Wissen Sie, was ich bin? Ich bin von der Polizei geklaut worden! Regelrecht geklaut. Ich bin ein Kidnapping-Opfer der Polizei. Mein lieber Doktor … das gibt eine Reportage! So etwas hat es bis heute in der deutschen Justiz noch nicht gegeben …« Ich klopfte dem verdutzten Dr. Schwartz mit ›tz‹ auf die Schulter und begleitete ihn zu meiner Zellentür. Kunzelfrey, Oberwachtmeister und zwei Zentner schwer, sah mir mit umwölkten Augen entgegen und hob die Hand wie ein Verkehrspolizist im Nachmittagsverkehr am Stachus.

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