Die Duftnäherin
in ihrem Leib sitzengelassen hast. Die Katharina!«
Gottfried lag eine weitere, spöttische Bemerkung auf den Lippen, doch er verkniff sie sich. Siegbert von Goossen war gewiss kein einfacher Mensch, und er hatte ihn auch schon so manches Mal aus der Haut fahren sehen, wenn sich jemand seinem Willen widersetzen wollte. Deshalb wollte er es jetzt auch nicht auf die Spitze treiben, zumal ihm der Unterton in Siegberts Stimme verriet, dass dies für ihn gefährlich werden konnte.
»Und du sagst, ihre Tochter ist in Bremen? Hast du sie kennengelernt, und weiß sie, wer du bist?«
»Ich habe sie in Kenntnis gesetzt, ja.«
»Über was genau hast du sie in Kenntnis gesetzt?«
Die Spannung, die nun in der Luft lag, kostete Siegbert zur Gänze aus. Sollte der große Bischof Gottfried ruhig befürchten, dass die Frucht seiner Lenden plötzlich unverhofft vor ihm stünde und ihn vor allen Leuten mit seinem Vergehen konfrontierte. Einen Moment lang musterte er ihn noch, wie er dasaß und sich langsam Schweißtropfen auf seiner Stirn bildeten.
»Natürlich …«, legte Siegbert eine Kunstpause ein, »… habe ich ihr nichts von dir gesagt.«
Der Bischof atmete hörbar laut aus.
»Aber ich gedenke, dieses Versäumnis bald nachholen zu wollen.«
Nun war Gottfried derjenige, der aufsprang. »Was?«
Siegbert genoss es, ihn derart aus der Fassung zu bringen. »Was denn? Willst du deine Tochter denn gar nicht kennenlernen? Sie ist ein hübsches Mädchen, das genaue Ebenbild ihrer Mutter. Du wirst sicher entzückt …«
»Hör sofort damit auf!«, fiel Gottfried ihm ins Wort. »Was willst du?«
Mit großer Befriedigung stellte Siegbert fest, endlich wieder die Oberhand über diesen Kerl gewonnen zu haben, dem seine Machtposition in den letzten Wochen über die Maßen zu Kopf gestiegen war.
»Das werde ich dir bei Gelegenheit schon noch mitteilen.« Siegbert lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück. »Für den Moment genügt es, dich über ihr Erscheinen in Kenntnis gesetzt zu haben. Das wäre dann im Augenblick alles. Aber halte dich in nächster Zeit etwas mit dem Schnaps zurück. Du solltest dir einen klaren Kopf bewahren. Wer weiß, wie schnell ich dich brauche und du dann zur Stelle sein musst.«
Der Bischof schnaubte wütend und ging zur Tür.
»Einen schönen Tag noch, Ratsherr Goossen!« Er presste die Worte zwischen seinen Zähnen hindurch.
»Ebenso, mein Lieber, ebenso. Ach, und Gottfried, nur eines noch.«
Der Angesprochene drehte sich nochmals um.
»Anna, so heißt meine liebreizende Enkelin, erfreut sich bester Gesundheit. Da du in dieser Stadt der Vertreter der heiligen Mutter Kirche bist, solltest du dafür beten, dass sich daran nichts ändert.«
Gottfried hob den Kopf. Es gab so einiges, was er dem Ratsherrn in diesem Augenblick am liebsten ins Gesicht geschleudert hätte, doch wieder mahnte ihn seine innere Stimme zur Vorsicht. »Ich werde für die Unversehrtheit deiner Enkelin beten, Ratsherr. Und ich bin sicher, dass der Herr mich erhören wird.«
»Gut so«, spöttelte Siegbert. »Denn würde ihr etwas geschehen, wüsste ich in meiner Verzweiflung nicht mehr, was ich täte.«
Der Bischof funkelte ihn wütend an, nickte und schloss dann die Tür hinter sich.
Fast wäre er mit der jungen Frau zusammengestoßen, die seitlich neben Siegberts Diener stand, der eben im Begriff gewesen war, anzuklopfen. Erschrocken wich sie einen Schritt zurück, als der Gottesmann aus dem Raum gestürmt kam. Er sah sie an, senkte rasch den Kopf und eilte dann davon.
Was für ein ungewöhnliches Verhalten für einen Diener des Herrn, dachte sie still bei sich.
»Ja?«
»Eure Enkelin, Herr«, meldete der Diener.
Von Goossen bedeutete mit einer Geste, dass sie eintreten möge. Anna machte einen Schritt, drehte sich im Rahmen aber noch einmal um.
»Wer war denn der Mann, der eben gegangen ist? Er hätte mich fast umgerannt.«
»Das war der Bischof, meine Liebe.« Er trat auf sie zu und legte ihr beide Hände auf die Schultern. »Wie schön, dich zu sehen.«
»Ich freue mich auch.« Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Heute bin ich aber nicht ohne Grund hier.«
»Du machst mich neugierig.«
»Ich möchte dir jemanden vorstellen.« Sie wandte sich zur Tür um. »Komm herein, Gawin.«
Siegbert musterte den jungen Mann, der den Raum betrat.
»Das ist mein Bruder, von dem ich dir bereits erzählt habe.«
Siegbert ging mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »Dann werde ich jetzt also meinen Enkelsohn
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