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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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verstoßen zu haben. Im Gegensatz zu früher hätte er nun sogar alles, was er besaß, wirklich alles, seinen gesamten Besitz und all seinen Einfluss, dafür gegeben, Katharina nur noch ein einziges Mal wiedersehen zu können, um sie um Verzeihung zu bitten. Er seufzte. Es war zu spät, und was hatten ihm all die Lügen und Intrigen gebracht? Er war mehr gefürchtet als beliebt, ein Mann, der in dem Ruf stand, mit seinen Feinden nicht lange zu fackeln. Doch nun schien offenbar nicht einmal mehr sein Ruf zu wirken. Dieser verfluchte Hurensohn hatte zu springen, wenn er ihn rief. Ihm, Siegbert, ihm allein und seinem Einfluss im Rat und bei den Mächtigen dieses Landes, hatte dieser Wicht seine Stellung zu verdanken. Er hatte ihn aus dem Nichts geholt und einen einflussreichen Mann aus ihm gemacht. Seine Kiefer mahlten aufeinander. Wenn dieser Mistkerl nicht innerhalb der nächsten Stunde vor ihm erschiene, würde er Siegberts ganze Wut zu spüren bekommen, und dann gnade ihm Gott!
    Unruhig schritt er auf und ab, während er auf seinen Gast wartete. Er überlegte sich, wie er sich verhalten würde, ließe ihm Bischof Gottfried von Arnsberg erneut die Nachricht zukommen, dass er derzeit unabkömmlich sei. Doch das geschah nicht. Es klopfte, und sein Diener meldete Siegbert den erwarteten Besuch.
    »Verzeih, wenn ich dich warten ließ.«
    »Du siehst beschissen aus!«, polterte Siegbert. »Wenn du deine Aufgaben als Bischof ebenso wichtig nehmen würdest wie deine Sauferei und dein Rumhuren, ginge es Bremen besser.«
    »Siegbert, mein Freund! Was für eine freundliche Begrüßung. Hat dir etwas die Stimmung verdorben?«
    Von Goossen lagen alle möglichen Beschimpfungen und Zurechtweisungen für den Jüngeren auf den Lippen, aber er hielt sich zurück.
    »Ich habe mit dir zu reden. Kann ich dir etwas anbieten?«
    »Einen Wein!«
    Siegbert rief nach seinem Diener.
    »Gerald, unser Besucher wünscht etwas zu trinken. Nimm einen Teil Wein und gib drei Teile Wasser hinzu. Für mich dasselbe.«
    »Sehr zuvorkommend«, kommentierte der Bischof die Bestellung.
    »Setz dich!«
    »So gereizt, mein lieber Siegbert? Was ist geschehen, das sich dir so auf den Magen geschlagen hat?« Sein jovialer Unterton brachte seinen Gastgeber erst recht zur Weißglut.
    »Ich bin nicht gereizt, wie du es nennst, sondern besorgt. So viele Jahre haben wir darauf hingearbeitet, dich auf den Bischofsstuhl zu hieven. Und nun, da es vollbracht ist, scheint es dir nicht das Geringste zu bedeuten. Doch ich habe nicht getan, was ich getan habe und dafür viel zu viel geopfert, um mein Ziel nun gefährdet zu sehen, nur weil du dich wie ein elender Bock aufführst.«
    »Tja, vielleicht hättest du doch auf Moritz von Oldenburg setzen sollen.« Mit hochmütigem Blick zupfte Gottfried von Arnsberg an seinen Fingernägeln herum.
    »In der Tat, das hätte ich wohl.«
    »Nun, wir sind uns wohl einig, dass du jetzt, wo ich endlich den Posten innehabe, auf den wir so lange hingearbeitet haben, schwerlich noch umschwenken kannst.«
    Siegbert sprang auf und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. »Ja, ich habe darauf hingearbeitet, darin dürften wir uns wohl einig sein. Ich habe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hat, um endlich Rat und Kirche in Bremen zu einen und unter eine Herrschaft zu stellen, die sich nicht ständig gegenseitig bekämpft.«
    »Unter deine Herrschaft, Siegbert. Darum ging es dir und geht es dir noch heute.« Von Arnsberg beugte sich auf seinem Stuhl vor. »Wir wollen doch nicht so tun, als wäre es dir ausschließlich um das Wohl dieser Stadt gegangen. Du warst von Anfang an darauf aus, weit mehr Macht als jeder andere an dich zu raffen. Und verstehe mich richtig – ich bewundere das. Aber wir wissen doch beide, dass ich und jeder andere nicht mehr für dich sind als ein Mittel zum Zweck, damit du die Kontrolle über die Stadt erlangst und in deinen Händen behältst. Ich bitte dich, Siegbert. Du kennst deine eigenen Beweggründe doch besser als wir alle – und ich kenne sie auch.«
    Von Goossen ging langsam um seinen Arbeitstisch herum und ließ sich auf den Stuhl plumpsen. »Das mag früher einmal so gewesen sein, doch heute ist alles anders.« Seine Stimme klang brüchig.
    »Ach ja? Und weshalb, wenn ich fragen darf?«
    »Katharinas Tochter ist in Bremen.«
    »Welche Tochter von welcher Katharina?«
    Erneut sprang von Goossen auf. »Meiner Tochter Katharina!«, brüllte er. »Der Katharina, die du damals verführt und dann mit einem Kind

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