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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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eingenähten Seife, die bisher nur Margrite bekannt war, auch allen anderen erklärt hatte. Anderlin, Hanno und auch Gawin hatten nicht schlecht gestaunt.
    »Auf dass die Bremerinnen die Kleider gut riechen können«, hob Hanno an und prostete Anna mit seinem Becher zu. Die anderen stimmten mit ein und tranken auf gutes Gelingen. Hannos Blick ruhte auf Anna, die sich in ihrem Kleid vor ihnen im Kreis drehte, damit sie es von allen Seiten betrachten konnten. Sie sah zauberhaft darin aus, und der Wunsch, sich ihr zu erklären, wuchs mit jedem Augenblick, den er sie länger betrachtete. Und so fasste er einen Entschluss.
    »Sag mal, Gawin, gilt dein Angebot noch, dass du mich in der Werkstatt deines Meisters unterbringen möchtest?«
    Der Angesprochene ließ den Becher sinken. »Hast du genug davon, die Burschen am Hafen für dich arbeiten zu lassen?«
    Hanno hob beschwichtigend die Hände.
    »Das klingt vorwurfsvoll, mein Freund. Dabei hatten alle etwas davon. Die Jungen bekamen ohne mich keine Arbeit. Und was ist schon dabei, wenn ich nicht nur ihnen, sondern auch mir damit helfe?«
    »Aber nun reicht es dir?«
    »Das Abladen hat keine Zukunft. Was ist, wenn ich irgendwann mal ein Weib oder gar eine Handvoll Bälger zu ernähren habe?« Sein Blick ruhte auf Anna, während er dies sagte. »Glaubst du, Jordan würde einen weiteren Lehrjungen aufnehmen?«
    »Ich werde ihn fragen. Aber lass uns noch ein wenig warten. In den nächsten Tagen soll mein Eintrag ins Zunftbuch erfolgen. Dann ist alles in trockenen Tüchern.«
    Anderlin pfiff anerkennend durch die Zähne. »Der Eintrag ins Zunftbuch? So schnell? Musst dich gut geführt haben. Hast du den Gulden, der bei der Eintragung fällig wird?«
    »Jordan streckt ihn mir vor und zieht ihn mir in kleinen Beträgen wieder vom Lohn ab.«
    »Bleibt denn dann überhaupt noch etwas über?«
    »Der Meister sagt, wenn ich so weiterarbeite, soll ich mir darum keine Gedanken machen.«
    Anderlin klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. »Dann hast du dich gut geführt, ganz gewiss. Und das, obwohl du keiner der alten Meisterfamilien angehörst. Kannst stolz auf dich sein, mein Junge.«
    Gawin nahm das Lob mit einem Lächeln entgegen. Ein warmes Gefühl floss durch seinen Körper, und ein gewinnender Blick glitt zu Anna, die diesen strahlend erwiderte. Seine Gedanken schweiften einen Augenblick lang ab. Wenn sie auf die Art und Weise zusammen sein würden, die er sich wünschte, mussten sie in ein eigenes Haus ziehen, wo sie nur für sich waren. Doch bis dahin wäre es noch ein weiter Weg. Er würde alles tun, um die Jahre der Lehrzeit zu verkürzen, und so bald wie möglich ein Gesellenstück fertigen, das selbst die hohen Erwartungen Jordans übersteigen würde.
    »Na, wo bist du mit deinen Gedanken?«
    Gawin fuhr fast unmerklich zusammen, dann lächelte er die Hauswirtin an.
    »Ich habe gerade nachgedacht, wie gut wir alle es getroffen haben. Anna kann nähen, wie sie es immer wollte, hat nebenher noch das Handwerk des Seifensiedens erlernt und kann beide Gewerke nun miteinander verbinden. Hanno hat hier auch noch keinen Tag hungern müssen und will sich nun genau wie ich einem festen Handwerk zuwenden. Keiner von uns stammt aus Handwerkerfamilien, und doch haben wir alle Möglichkeiten.« Er machte mit der Hand eine Bewegung in Richtung Margrite und Anderlin. »Und das nur, weil ihr uns aufgenommen und die Gelegenheit dazu gegeben habt. Der Herr war uns wohlgesinnt, als wir euch beide trafen. Habt Dank!«
    »Darauf trinke ich!« Hanno hob den Becher wie schon zuvor, als er auf Anna angestoßen hatte. Zwar trank Hanno in Gawins Augen nicht ungewöhnlich viel, doch ließ er auch keine Gelegenheit aus. Gawin hoffte, es nicht irgendwann bereuen zu müssen, dass er ihn seinem Meister als Lehrjungen empfohlen hatte.

    »Was soll das heißen, er lässt sich entschuldigen? Dieser verfluchte Emporkömmling soll sein Hinterteil sofort hierherbewegen, sonst werd ich ihm Beine machen!« Siegbert von Goossen brüllte so laut, dass der Bote erschrocken zusammenfuhr. Schnell verbeugte er sich ergeben.
    »Ja, Herr! Ich werde es sofort ausrichten, Herr!« Er verbeugte sich wieder und wieder und verließ dann rückwärtsgehend den Raum.
    Siegbert schäumte vor Wut. Seitdem er seiner Enkelin begegnet war und diese ihm die Liebe und Lebenslust zurückgegeben hatte, die er für immer verloren geglaubt hatte, bereute er mehr denn je, die eigene Tochter einst aus politischen Überlegungen heraus

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