Die Duftnäherin
ja? Ihr seid sicher ein gutes Stück unterwegs gewesen. Was seid Ihr, ein Kaufmann?«
»Wie ich schon sagte, Ihr besitzt einen scharfen Blick.«
»Nun«, meinte der Patrizier und legte Helme den Arm um die Schulter, »wir Kaufleute sollten zusammenhalten. Nehmt meine Gastfreundschaft an, während Ihr einen Diener nach Eurem Geld schicken lasst. Ein Wirtshaus mag gewiss für eine einzige Übernachtung angehen, doch Euer Bote wird einige Tage brauchen, um den Weg zurückzulegen. Und solch eine lange Wartezeit in den Mauern einer solchen Unterkunft verbringen zu müssen ist unter der Würde eines Kaufmanns. Ich werde Euch außerdem mit einigen Kleidern aushelfen. So wie Ihr seid, könnt Ihr ja unmöglich auf die Straße treten. Nehmt Ihr also meine Einladung an?«
Helme streckte ihm die Hand entgegen. »Unter uns Kaufleuten, ich nehme Eure Einladung an.«
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17 . Kapitel
B ei Gott! Wie schwer kann es denn sein, Schweineschmalz zu besorgen?« Rasch trank sie einen Schluck aus dem schweren Krug, den der Wirt des kleinen Gasthauses ihr gebracht hatte. Während Otto und Wolfker den Ochsen versorgten, hatte Margrite Binhildis zum Schmalzholen geschickt und währenddessen gemeinsam mit Anderlin und Hanno in der Schänke gewartet. Margrite fuchtelte mit den Händen über dem Kopf. »Kannst du mir vielleicht sagen, wie ich Seife sieden soll, wenn ich kein Fett habe?« Sie stemmte die Hände in die Hüften und warf Binhildis einen wütenden Blick zu.
»Aber ich habe ja überall nachgefragt«, gab diese mit einem beleidigten Gesichtsausdruck zurück.
»Überall?« Margrite zog verärgert die Augenbrauen in die Höhe. »Wahrscheinlich bist du gerade einmal zum erstbesten Metzger gegangen und hast gefragt. Und danach kommst du und sagst, du wärst überall gewesen.« Sie schüttelte den Kopf. »Du wirst wohl nie begreifen, dass wir mit dem Verkauf einer Seife hundertmal mehr verdienen, als wenn du dich unter einen Kerl legst.«
Binhildis wirkte nun empört. »Dann geh halt selbst und frag nach.«
»Binhildis«, mischte sich Anderlin ein. »Margrite hat recht. Du wolltest dich uns unbedingt anschließen, hast aber wahrlich noch nicht viel zu unserem Verdienst beigetragen.«
»Was kann ich dafür, wenn wir unterwegs kaum Freiern begegnen? Das ist nicht meine Schuld.«
»Und es ist nicht unsere Schuld, dass du trotzdem etwas essen willst. Und nicht mal wenig«, fügte Margrite grimmig hinzu.
Binhildis schmollte. Anderlin ging zu ihr hinüber und tätschelte ihren Arm. »Sei’s drum. Dann wird Margrite wohl erst in Bremen wieder Seife sieden können. Mach dich nützlich und hilf Otto und Wolfker, den Ochsen zu versorgen. Wir haben noch immer viel Tuch geladen, und er hat gewaltig an Gewicht zu ziehen.«
»Ich helfe dir«, bot Hanno an. Binhildis nickte. »Ich kümmere mich darum«, sagte sie kleinlaut und bedeutete Hanno mit ihr zu gehen.
Margrite wartete, bis die beiden außer Hörweite waren. »Sie ist zu bequem, Anderlin. Setzt sich zurück und wartet, bis wir die ganze Arbeit erledigen. Bis Bremen nehme ich sie noch mit, danach muss sie allein zurechtkommen.«
»Auch sie hat gearbeitet und ihren Teil beigetragen«, gab Anderlin versöhnlich zurück.
»Pah! Gearbeitet! Dass ich nicht lache.« Ärgerlich stemmte sie die Fäuste in ihre üppigen Hüften. »Die paar Male, die sie die Beine breit gemacht hat, um dann tagein, tagaus mit vollen Händen zuzugreifen, sobald sie das Essen nur von weitem gerochen hat. Die Regeln, um uns begleiten zu dürfen, waren andere.«
»Ich weiß ja, dass du recht hast.« Anderlin klang erschöpft. »Wenn wir das nächste Mal Begleiter mitnehmen, werden wir vorher einen festen Preis dafür vereinbaren, und jeder muss selbst für sein Essen sorgen.«
Margrite grunzte zufrieden. »Morgen schon werden wir Bremen erreichen. Sehr früh, in diesem Jahr.«
Anderlin setzte sich auf der Bank zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Mir wird’s gut gefallen, die nächsten Monate nicht mehr umherziehen zu müssen.«
Margrite nickte. Sie waren viele Monate unterwegs gewesen, und sie freute sich darauf, noch bevor die Ernte auf den Feldern eingebracht wurde, in der Stadt zu sein. Bis zum nächsten Frühjahr würden sie nicht wieder aufbrechen, sondern mit den Einnahmen zurechtkommen müssen, die sie für den Verkauf ihrer Ware auf dem Bremer Markt erhielten. Seit sich Margrite das kleine Haus in der Nähe des Hafens, etwas abseits der schönen bremischen Straßen mit den
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