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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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dass du hier gefangen gehalten wirst. Ich konnte es nicht glauben.«
    Anna unterdrückte ein Schluchzen. Das plötzliche Auftauchen Gawins ließ sie um Fassung ringen. Die Hoffnung darauf, ihrem Gefängnis zu entfliehen, ihre Freiheit zurückzuerlangen und endlich ein eigenes Leben führen zu können, ließ sie erschauern.
    »Ich werde dich hier herausholen«, wiederholte Gawin sein Versprechen. »Wir werden zusammen fliehen.«
    Seine Stimme brach, und Anna ahnte, was in ihm vorging.
    »Und deine Madonna? Wenn du mich hier herausholst, wirst du sie niemals fertigstellen können.«
    Gawin drückte ihre Hand, bevor er seine eigene durch die Gitterstäbe zurückzog. »Es wird andere Madonnen geben.« Er versuchte, seiner Stimme einen zuversichtlichen Klang zu geben. »Erst einmal müssen wir unbemerkt von hier verschwinden. Halt dich bereit! Ich komme so schnell es geht zurück.«
    Anna schluchzte, so sehr berührten seine Worte ihr Herz.
    »Ich beeile mich!«
    Auf leisen Sohlen machte er sich wieder davon.

[home]
    16 . Kapitel
    E s war noch früh am Tag, als Helme sein Pferd durch das Stadttor von Köln führte. Freudige Erregung ergriff von seinem Körper Besitz. Die Stadt war groß, doch Anna würde sich nicht lange vor ihm verstecken können. Sie wusste ja nicht einmal, wie nah er ihr bereits war. Er sah sich um. Der zur Schau gestellte Prunk der Bischofsstadt brachte selbst einen so hartgesottenen Menschen wie ihn zum Staunen. Die Leute rannten hier so geschäftig umher wie Ameisen im Wald. Ihm kamen drei Männer in den Gewändern von Patriziern entgegen, der eine von ihnen dick, die anderen beiden schlank und hochgewachsen. Wohlgefällig lachten sie über einen Scherz, den einer der Ihren gemacht hatte, und tratschten wie Waschweiber über einen vierten, den sie »den Alten Overstolz« nannten. Helme hatte diesen Namen noch nie gehört und zögerte deshalb kurz, bevor er die drei ansprach: »Verzeiht, Ihr hohen Herren. Ich bin fremd in der Stadt. Wo kann ich hier eine gute Unterkunft finden?«
    Einer der drei Angesprochenen, der Dicke mit dem runden Gesicht und dem fliehenden Kinn, musterte ihn missmutig. Die Kleidung des Fremden war nicht die schlechteste, und seiner hochgewachsenen Erscheinung mangelte es auch nicht an einer gewissen Anmut. Doch anzunehmen, dass er vom gleichen Stande war wie sie, wäre Unsinn gewesen.
    »Bist du von gehobenem Stand und hat man dich deiner guten Kleider beraubt, oder bist du einfach nur frech und dumm, dass du es wagst uns zu belästigen?«
    Helme straffte seinen Oberkörper. Er überragte den Fettsack um gut einen Kopf und hätte diesem mit einem einzigen, kraftvollen Streich seines Schwertes nur allzu gerne Respekt eingeflößt. Die Kleider, die er am Leibe trug, waren die besten, die er jemals getragen hatte. Doch der Patrizier hatte ihn auf einen Gedanken gebracht.
    »Jetzt seht mich nur an.« Helme lachte kurz auf, blickte an sich herab und klopfte sich gegen die Hosenbeine. »Ihr habt recht, mein Freund, ich wurde auf dem Weg hierher tatsächlich ausgeraubt. Mein Diener wurde getötet, und ich muss dringend einen Boten nach Hause senden, der dort berichtet, was mir geschehen ist, und mir frisches Geld bringt.«
    Der Patrizier blickte ihn erst verwundert, dann bedauernd an. »Es wird eben nicht besser außerhalb der Stadtmauern«, grummelte er und machte einen Schritt auf Helme zu. »Habe ich Euch im ersten Moment doch tatsächlich für einen trickreichen Bettler gehalten, die hier, wo man geht und steht, die Hand aufhalten und um ein Almosen bitten.« Verächtlich spuckte er aus. »Die Armen verschandeln eine jede Stadt, selbst wenn sie so prachtvoll ist wie unsere.«
    Helme nickte und verzog spöttisch den Mund. »Wem sagt Ihr das? Lasst mich nur erst ein Bad nehmen und wieder in vernünftigen Kleidern stecken, dann werdet Ihr Euch selbst einen Narren schelten, mich für solch einen Abschaum gehalten zu haben.«
    »Ich bitte Euch!«, schaltete sich nun einer der beiden anderen Patrizier in das Gespräch ein. »Würde erkennt man doch immer, ganz gleich in welchem Gewand.«
    Helme neigte den Kopf in einer Anerkennung zollenden Geste vor ihm. Diese reichen Säcke versuchten doch tatsächlich, sich gegenseitig an Schläue zu überbieten. Ihm sollte es nur recht sein. »Nun ja, ich kann Euren Freund schon verstehen, wenngleich ich Euren scharfen Blick nur zu bewundern vermag. Ich bin Helme von Minden, zu Euren Diensten.« Er deutete eine tiefe Verbeugung an.
    »Von Minden,

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