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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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würde, aus Ländern, in denen verschleierte Frauen in bunten Gewändern ihre Tage damit verbrachten, sich ausschließlich ihrer Schönheit zu widmen. Zumindest hatten ihr das in der Lünener Schänke mehrfach Männer erzählt, die zu Schiff und zu Land jene fernen Orte bereist und dort Dinge gesehen hatten, die Anna sich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorzustellen wagte. Vor einigen Jahren, als sie zum ersten Mal von den liebreizenden Frauen dieser wundersamen Länder und deren Leben gehört hatte, stellte sie sich am Abend, kurz vor dem Einschlafen, vor, eine jener Grazien zu sein. Mit offenen Haaren, in bunten Gewändern und dem unbeschreiblichen Duft, den diese Schönheiten verströmten.
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ihr könnt wirklich Seife herstellen?«
    Margrite nickte. »Aber ja, und zwar die beste weit und breit. Und hör endlich auf, mich so gestelzt anzusprechen. Ich komme mir ja wie eine alte Frau vor, wenn du das tust.« Sie lächelte herzlich.
    Ein Kribbeln zog über Annas Haut. »Und Ihr … du würdest es mir wirklich beibringen?«
    »Aber gewiss!«
    »Ich will es auch lernen!« Binhildis klang eingeschnappt. »Du kennst sie noch keinen Tag und willst es ihr zeigen, aber ich soll weiter die Beine breit machen, damit ich meinen Beitrag bezahlen kann?«
    »Hat irgendjemand gesagt, dass du es nicht ebenfalls lernen darfst? Nun hör schon auf, hier wie eine Ziege herumzumeckern.« Die Seifensiederin verzog unwillig das Gesicht. »Hoffentlich gibst du wenigstens Ruhe, wenn sich dir einer beilegt. Sonst wirst du dein Geld bald nicht einmal mehr damit verdienen können.« Sie stand auf und ging zu Agnes und damit auch zum Suppentopf hinüber, der über der Feuerstelle hing.
    »Kann man die Suppe schon essen?«
    Agnes blickte mürrisch drein, holte eine Schale und befüllte sie. »Lass es dir schmecken. Aber richtig fertig ist sie erst, wenn das Fleisch noch länger darin gezogen hat.«
    Margrite nahm die Schale und ging zurück an den Tisch. Jetzt fühlte sie sich wirklich zu Hause angekommen. Mit geschlossenen Augen führte sie den Löffel mit der Suppe genüsslich zum Mund.

    Kaum dass sie die Mahlzeit beendet hatte, forderte sie Anna auf ihr zu folgen und verließ die Küche. Über den langgestreckten Flur kamen sie an eine Tür, die zu einer Art Durchgangsraum führte. Das Zimmer war so eng, dass man sich kaum in ihm umdrehen konnte, ohne dabei an die breiten Tonkrüge zu stoßen, die fein säuberlich auf mehreren, an der Wand befestigten Regalen standen.
    »Hier lagern wir die Asche, die zur Seifenherstellung benötigt wird. Komm hier entlang.«
    Die Hauswirtin ging Anna voran zur nächsten Tür, die als Hinterausgang benutzt wurde und auf den rückwärtigen Hof hinausführte. Der Duft, der Anna entgegenschlug, sobald sie ins Freie trat, umfing sie wie eine zärtliche Umarmung.
    »Herrlich!«, entfuhr es ihr staunend.
    Im gesamten Hof waren Holzkästen mit Blumen aufgestellt, so dass es einem fast vorkam, als stände man inmitten einer blühenden Wiese. Margrite trat an das Hochbeet heran und pflückte mit Daumen und Zeigefinger eine vertrocknete Blütendolde ab, die sie zwischen ihren Fingern verrieb. Danach griff sie nach Annas Hand und ließ die dergestalt zermahlenen Blumenkrümel auf deren Handfläche rieseln.
    »Man nennt es Lavendel«, erklärte sie. »Es gibt kaum eine Pflanze, die einer Seife einen ähnlich kräftigen Duft verleiht.«
    Anna beugte sich vor und schnüffelte. »Wunderbar!«
    »Wir pflanzen sie an und trocknen sie nach der Blütezeit. So habe ich für ein ganzes Jahr genug Blüten, die ich zu Seife verarbeiten kann.« Margrite schmunzelte. »Nur habe ich meine gesamte Seife bereits auf dem Weg hierher verkauft. Deshalb sind wir auch früher als sonst nach Bremen zurückgekehrt.«
    Anna nickte, führte die Hände an ihre Nase und sog den Lavendelduft tief in ihre Lungen ein. Ein Schauer durchfuhr ihren Körper, so stimulierend wirkte die Pflanze auf sie.
    Die Ältere beobachtete es. Und da war er wieder – der Gedanke in ihrem Hinterkopf. Das Gefühl, das Mädchen nicht nur schon am Stadttor gesehen zu haben, sondern bereits früher einmal. Es war eine Art des Wiedererkennens, die sie zutiefst verwirrte. Doch woher nur kannte sie das Mädchen?
    »Warum seid ihr aus eurem Heimatort weggegangen, dein Bruder und du?«
    Anna ließ die Hände sinken und zuckte mit den Schultern. »Wir haben dort nie gelebt, sind immer nur mit unseren Eltern durchs Land gezogen

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