Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
Vom Netzwerk:
genau, um an ihrer Reaktion ablesen zu können, ob er zuschlagen oder seinen Angriff abbrechen sollte.
    »Wie steht es um dich und deine Finanzen?«, wagte er den Vorstoß.
    Das Gesicht seines Gastgebers lief unmittelbar rot an; Egidius schnaubte vor Wut. »Wer behauptet, dass es nicht gut um meine Finanzen stünde? Wer? Sag es mir, und ich reiße ihn auf der Stelle in Stücke.« Ein Zucken erfasste Egidius’ rechtes Auge.
    Helme lächelte still in sich hinein. Er hatte also ins Schwarze getroffen. Seine Beute war ihm in die Falle gegangen.
    »Es gibt Gerüchte, nach denen du dir Geld bei einem Juden geliehen hast.«
    Egidius sprang von seinem Stuhl auf und schritt, die Hände auf dem Rücken verschränkt, im Raum auf und ab. »Jeder hat sich etwas bei den Juden geliehen. Sie sind schließlich Geldverleiher.«
    »Ja, aber es wird auch darüber geredet, dass du nicht in der Lage dazu bist, deine Schulden und Zinsen zurückzuzahlen.«
    Der Patrizier blieb abrupt stehen und stampfte mit dem Fuß auf den Boden. »Ich reiße ihn in Stücke! Nur Benjamin kann so etwas verbreitet haben.« Er ballte die Hände zu Fäusten und stieß sie nach vorne, als hätte er einen imaginären Gegner vor sich.
    »Benjamin? Ist das der Jude, dem du Geld schuldest?«
    Egidius biss die Zähne aufeinander und nickte.
    »Ich weiß nicht, ob er selbst derjenige war. Doch schadet es deinem Ruf. Du musst etwas unternehmen.« Helme setzte eine besorgte Miene auf. »Von Anfang an hast du mich behandelt, als gehöre ich zu deiner Familie. Lass mich dir helfen, mein Freund.« Er war aufgestanden, zu dem Gewürzhändler hinübergegangen und legte ihm nun den Arm um die Schultern. »Lass mich deine Schulden für dich bezahlen, sobald der Diener mit meinem Geld zurück ist.«
    Helme kam es so vor, als würde Egidius vor lauter Rührung jeden Moment in Tränen ausbrechen. Was für ein jämmerlicher Narr er doch war. Suhlte sich in Selbstmitleid wie die Säue im Schlamm.
    »Ich schulde ihm mehr, als du dir vorstellen kannst. Und die Zeit drängt.«
    »Weshalb?« Er wartete kurz, musterte Egidius und ging dann zu seinem Sitzplatz zurück.
    Kraftlos ließ der Hausherr sich auf seinen Stuhl sinken und sah zur Decke hoch. »Es stimmt schon, was geredet wird. Ich kann nicht einmal mehr die Zinsen aufbringen, die ich ihm schuldig bin.«
    Helme strich sich nachdenklich über das Kinn. »Und wann der Bote mit meinem Geld hier eintrifft, weiß niemand.« Er tat, als denke er nach. »Dann müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.«
    Egidius raufte sich die Haare. »Aber was? Glaubst du denn, dass ich nicht selbst schon die ganze Zeit hin und her überlegt habe, was ich tun kann?« Wieder erhob er sich von seinem Stuhl und ging im Raum auf und ab. »Die Geschäfte laufen schlecht. So schlecht, dass ich kaum noch die laufenden Kosten decken kann. Geschweige denn mir selbst noch irgendetwas gönne.«
    Er machte eine theatralische Geste. Helme musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Den Lebensstil des Patriziers als bescheiden zu bezeichnen wäre einer schamlosen Untertreibung gleichgekommen.
    »Die verdammten Juden unterbieten laufend unsere anständigen Preise. Und die Bürger Kölns? Glaubst du etwa, dass sie auf die vertrauen, die ihnen über Jahre hinweg nur die besten Waren geliefert haben?« Er schüttelte heftig den Kopf und meinte dann: »Nein, sie vertrauen diesen Judenlumpen und werfen ihnen ihr Geld in den Rachen. Und das für minderwertige Ware.«
    »Die Juden verkaufen minderwertige Waren?«
    Der Gewürzhändler blieb stehen und fuchtelte mit dem Arm in der Luft herum. »Sie geben es nicht zu, aber ich weiß dennoch, dass es sich so verhält. Nur die Bürger hier merken es nicht, weil sie keine Ahnung haben.«
    »Hast du die anderen Händler eingeweiht? Wissen sie, was die Ungläubigen da verkaufen?«
    Egidius ließ seine Faust auf die Tischplatte sausen. »Versucht habe ich es. Doch so gut wie keiner von ihnen wollte etwas davon hören. Manch einer ist zögerlich. Aber unternehmen will keiner etwas.«
    »Warum nicht?«
    »Das fragst du noch?« Der Patrizier rollte mit den Augen. »Jeder, wirklich jeder einzelne der feinen Herren hat bei dem ein oder anderen Juden Schulden. Jeder!« Er vollführte eine halbe Drehung, als wolle er einen Tanz beginnen. »Und das Judenpack steht zusammen, als wäre es eine einzige große Familie. Vermutlich sind sie das auch. Da merkt doch keiner mehr, ob der Sohn die Mutter vögelt.«
    »Wenn dir bisher keiner

Weitere Kostenlose Bücher