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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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Habsburger Wappen abgenommen und der Schlüssel der Kantonsregierung übergeben worden.
    Georg Anton Vieli war in Cumbel als Sohn des dortigen Landammanns geboren worden. Er ging in Feldkirch aufs Gymnasium, studierte Medizin in Mailand, betrieb literarische Studien in Wien und Straßburg und schrieb politische Gedichte auf Rätoromanisch. Georg Vieli war Arzt, kantonaler Sanitätsrat, Landammann und Landrichter gewesen, hatte dem Großen Rat, später dem Kleinen Rat angehört, war Abgesandter des Kantons im helvetischen Senat und Mitglied der kantonalen Verfassungskommission. Er hatte nicht nur einen ähnlichen Lebenslauf wie Baron von Mont, Georg Vieli war durch die Heirat mit Dorothea de Mont sogar weitläufig mit ihm verwandt. Auf jeden Fall war er für den Verhörrichter genau der Richtige, um sich über die weiteren Maßnahmen zu beraten.
    Zuerst wurden die drei Leichen in den Schlosskeller getragen. Statthalter Christian Fetz schlug die Einladung des Schlossherrn zum Abendessen höflich aus. Er wollte sich so rasch wie möglich um die Vorbereitung der Bestattung kümmern und zu Hause im Dorf nach dem Rechten sehen. Bevor der Statthalter sich verabschiedete, beauftragte der Verhörrichter ihn damit, den Zeugen eine Vorladung zur genauen Befragung und Protokollierung zu schicken. Diese sollte am übernächsten Tag, am Samstagmorgen, den 14. Juli im Rathaus von Bonaduz stattfinden. Als Zeugen mussten vorgeladen werden: der Mann aus Sculms, die Frau aus Rhäzüns und die Mäher aus Bonaduz. Auch den Müllerknecht wollte der Verhörrichter nochmals befragen.
    Der hat doch schon gesagt, was er weiß, entgegnete der Statthalter.
    Trotzdem werden wir ihn nochmals befragen, beharrte der Verhörrichter, und dabei ein genaues Protokoll anfertigen.
    38 Baron von Mont, Großrat Vieli und sein Sohn gingen zum Essen in den Schlosssaal. Sie wurden von einer jungen Magd bedient, die leicht hinkte, was ihre Schönheit jedoch noch mehr unterstrich. Sie servierte Schafbraten mit Polenta und einen Wein aus dem Veltlin. Angeregt unterhielt sich der Baron mit Vater und Sohn Vieli über das verlorene Veltlin, den Wiener Kongress, den Tod Napoleons, die kantonalen Institutionen und die deutschen Liberalen, die an der Kantonsschule unterrichteten.
    Das Essen schmeckte vorzüglich. Der Baron wusste, dass die Gemeinde Rhäzüns das Schloss vor einiger Zeit vom Kanton übernommen hatte. Nun erfuhr er, dass Georg Vieli es von der Gemeinde für seine eigene Familie zu kaufen gedachte. Sein halbes Leben lang habe er als Verwalter hier gewohnt, sagte Vieli, nun würde er es gern sein eigen nennen. Der Baron erzählte seinerseits, dass der Wiener Kongress seiner Familie kein Glück gebracht hatte. Die Ländereien im Veltlin seien nun verloren. Der Baron hoffe zwar, dass er eine anständige Entschädigung erhalte. Dafür sei er aber seit dem Frühjahr glücklich verheiratet, mit der Gräfin von Salis-Zizers, der Tochter des Grafen Franz Simon.
    Ja, davon habe Georg Vieli natürlich auch gehört, und er wünsche ihm alles Gute für seine Ehe. Und viele gesunde Kinder. Nach einer Pause fragte Hauptmann Vieli, was der Baron nun im vorliegenden Mordfall zu tun gedenke.
    Er müsse leider heute noch nach Chur zurück, sagte der Baron, dringende Geschäfte würden ihn dort erwarten. Dann habe er vor, mit Landjägern zurückzukehren. Schon morgen, falls dann welche zur Verfügung stünden.
    Ob das denn nicht ein großer Zeitverlust sei, wollte Großrat Vieli wissen.
    Das ist in der Tat so, gab der Baron von Mont zu. Aber was sollen wir machen? Um unsere Aufgaben richtig zu erfüllen, bräuchten wir doppelt oder dreifach so viele Landjäger.
    Was ist mit den beiden Männern aus dem niederländischen Regiment?, fragte Großrat Vieli seinen Sohn.
    39 Hostetter und Rauch aßen in der Küche.
    Was machen wir jetzt?, fragte Hostetter.
    Rauch tunkte Brot in seinen Teller, bevor er es sich in den Mund schob.
    Ich meine, man muss doch diesen Tiroler suchen, sonst haut der ab.
    Rauch kaute und nickte zustimmend.
    Die Magd schürte das Feuer im Herd und goss Wasser in eine Pfanne. Es zischte, Dampf stieg auf.
    Denkst du, der war es?, fragte Hostetter. Ein einzelner Mann? Und wozu macht er das?
    Die Tür ging auf, und die andere Magd trat vorsichtig über die Steinstufe in die Küche. Sie kam hinkend an den Tisch und sagte, dass die Herren im Saal die beiden sprechen wollten.
    Hostetter und Rauch ließen das Essen stehen und folgten der Magd.
    Großrat Vieli, sein

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