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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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Sohn und der Verhörrichter waren an einem der Fenster ins Gespräch vertieft. Beim Eintreten der Männer drehten sie sich um.
    Wir wollen keine Zeit verlieren, begann der Baron. Die Angelegenheit ist mit Großrat Vieli und dem Hauptmann beraten worden.
    Hostetter und Rauch schauten einander an.
    Ihr habt heute bewiesen, dass ihr die Bedeutung von Ordnung und Disziplin richtig einzuschätzen wisst, fuhr der Baron fort. Graubünden braucht vertrauenswürdige und zuverlässige Männer wie euch.
    Könnt ihr denn lesen? Schreiben und rechnen?, wollte Georg Anton Vieli wissen.
    Hostetter schien verunsichert und sah zu Rauch, dessen Miene, wie immer, nichts verriet. Schreiben können wir, sagte Hostetter dann und dachte: Meinen Namen und ein bisschen was dazu. Drei Winter lang hatte er in der Knabenschule lesen und schreiben geübt. Auch Rauch hatte in den Wintermonaten manchmal Unterricht beim Lugnezer Pfarrer bekommen. Allerdings hätte sich keiner der beiden in diesem Augenblick einer näheren Prüfung aussetzen wollen. Aber eine solche schien zum Glück niemand zu verlangen.
    Wäret ihr bereit, fragte der Baron, als Landjäger in den Dienst der Polizei zu treten?
    Wieder schauten Hostetter und Rauch einander an.
    Der Sold beträgt vierundfünfzig Kreutzer am Tag. Der Kanton würde euch darüber hinaus die Ausrüstung zur Verfügung stellen.
    Wenn der Herr Direktor glaubt –
    Ich habe keine Zweifel an euren Fähigkeiten. Ihr wäret ab sofort mir selbst als Verhörrichter unterstellt. Der Kleine Rat wird eure Einstellung zu gegebener Zeit bestätigen. Eure erste Aufgabe ist die Suche nach Franziskus Rimmel.
    Ich bin bereit, sagte Hostetter und schaute zu Rauch.
    Dieser nickte.
    Sehr gut, sehr gut, sagte der Baron und klatschte in die Hände. Ihr werdet gleich aufbrechen und in die Weihermühle zurückfahren. Dort sprecht ihr nochmals mit dem Knecht und versucht in Erfahrung zu bringen, wo sich Rimmel aufhalten könnte, wo er Bekannte hat, wo er gearbeitet hat. Ihr geht auch in die umliegenden Dörfer und fragt nach ihm. Ich selbst werde heute noch nach Chur zurückkehren. Am Samstag werden wir die Zeugen des Mordfalls in Bonaduz vernehmen. Statthalter Fetz wird sie ins Rathaus vorladen. Ihr habt also zwei Tage Zeit für die Nachforschungen und werdet am Samstagabend in Bonaduz darüber berichten, was ihr über den Verdächtigen erfahren habt.
    Und wenn wir ihn finden?, fragte Hostetter.
    Das nenne ich die richtige Einstellung!, sagte der Baron freudig. Falls ihr ihn persönlich zu fassen bekommt, wird er unverzüglich zur Vernehmung nach Chur gebracht. Landjäger Rauch! Landjäger Hostetter!
    Die beiden salutierten.
    Im Kutschstall ließ der Baron die lange Kiste öffnen und überreichte jedem der beiden neuen Landjäger einen Säbel samt Scheide, einen Stutzer, eine Pistole samt Futter und das nötige Pulver und Blei.
    Könnt ihr damit umgehen?
    Jawohl!
    Wenn ein Landjäger tätlich bedroht wird, erläuterte der Verhörrichter bei der Übergabe der Waffen, so ist er berechtigt, von seinen Waffen Gebrauch zu machen. Droht ein Verhafteter zu fliehen, darf der Landjäger den Stutzer mit grobem Schrot einsetzen.
    Großrat Vieli stellte ihnen zwei Reitpferde zur Verfügung, einen stämmigen Freiberger Wallach und eine feingliedrige hellbraune Einsiedler Stute. Hostetter teilte sich die Stute zu und Rauch den Freiberger.
    Passt mir gut auf die beiden auf, bat Großrat Vieli.
    Hostetter hatte insgeheim gehofft, sie würden mit der schwarzen Karosse und den beiden Rappen des Barons unterwegs sein. Aber beritten zu sein, war genauso gut.
    Landjäger üben sich in Bescheidenheit und Enthaltsamkeit, instruierte sie der Baron, als hätte er Hostetters Gedanken erraten. Sie trinken nicht und geben ein gutes Beispiel. Sie zeigen in ihrem Benehmen zugleich Klugheit und Unerschrockenheit, aber auch Menschlichkeit.
    Großrat Vieli hatte ihnen Proviant einpacken lassen.
    Die letzten Worte, bevor sie sich hoch zu Ross durch das große Tor und über die Brücke vom Schloss entfernten, raunte der Verhörrichter ihnen leise zu: Der einzige Zeuge, der den Tiroler belastet, ist der Knecht. Noch wissen wir nicht mit völliger Gewissheit, wer die drei Unglücklichen getötet hat. Stellt Fragen, stellt überall Fragen, allen Leuten, denen ihr begegnet. Ihr wisst, wie es die Wölfe machen. Sie finden eine Fährte und folgen ihr. Sie folgen ihr bis zum Ende!

III
    So kam ich den Berg auf in finsteres Tannengehölz, in eine wilde Gegend, wo mir

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