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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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stieg. Rauch aber meinte, im Rauschen ein bekanntes Geräusch zu hören: Klack! Er bat Hostetter stehen zu bleiben und abzusteigen: Du verlierst ein Eisen!
    Hinten links hatte sich bei der Stute ein Hufeisen gelöst. Ein Nagel war herausgefallen, zwei andere waren lose. Über kurz oder lang würde sie das Eisen verlieren.
    Wir müssen zum Schmied. Rauch zerrte am Eisen.
    Du bist doch der Schmied, sagte Hostetter.
    Wo ist das Werkzeug?, fragte Rauch.
    Hostetter setzte den Weg ebenfalls zu Fuß fort. Es ging lange Zeit abwärts, dann weitete sich die Schlucht etwas, machte Platz für Wiesen, aber am Ende rückten die Felswände so nahe zusammen, dass neben dem Wasser auch für den schmalsten Pfad kein Platz mehr war. Am Ausgang war die Schlucht nicht mehr passierbar. Der Weg führte über einen steilen Aufstieg zum Weiler Rongellen hinauf und auf der anderen Seite des Crapteig, wie der bewaldete Hügel genannt wurde, wieder hinunter nach Thusis, wo sie nach einer Stunde endlich eintrafen.
    Sie suchten als erstes den Schmied auf und ließen das Eisen der Einsiedler Stute neu aufnageln.
    Wie weit ist es bis Chur?, fragte Hostetter.
    Sechs Stunden, vielleicht auch weniger, je nachdem, sagte der Schmied.
    Der kommt heute nicht mehr bis Chur, sagte Hostetter und wies auf Rimmel, der erschöpft am Boden lag, als wäre er niedergeschlagen worden.
    53 Im Rathaus zu Bonaduz wurde am Nachmittag als vorletzte Zeugin die Frau aus Rhäzüns hereingebeten. Nach der Aufforderung, die Wahrheit zu sagen, begann sie zu berichten: Ich heiße Elisabeth Maron, bin vierzig Jahre alt, gebürtige Bürgerstochter aus Rhäzüns, katholischer Religion, ledig. Ich lebe bei meiner Mutter, habe etwas Vermögen, von dem ich mich erhalte, war nie bestraft. Vorgestern um vier Uhr früh ging ich von Rhäzüns weg und nach der Weihermühle, um etwas zu holen. Als ich hinkam, stand ein Mann vor der Backstube –
    Kanntet ihr den Mann?, fragte der Verhörrichter.
    Nein, er war mir unbekannt, ein Mann aus Sculms, wie ich nachher erfuhr. Dann kam der Knecht aus dem Stall und fragte, ob der Müller noch nicht auf sei, der Mann sagte nein, und ich sagte, er möge den Schläfer wecken, welches er auch zusicherte. Er lief zur Haustür hinauf. Wir sahen aber Blut, Scheiter und Gerümpel bei der Stiege liegen und erblickten einen Fuß. Ich sagte, das wird wohl der Müller sein, der Knecht erwiderte, nein, gestern sei die alte Magd des Müllers gekommen, und da werde er wohl die andere weggeschafft haben. Der Knecht lief dann auf der Wiese herum und heulte fürchterlich, dann rief er drei Knechte des Bundesweibels, die auf der nächsten Wiese mähten, die auch gleich kamen. Sie glaubten gleichfalls, der Müller sei der Täter und mit seinen Pferden entflohen, fragten daher den Knecht, ob die Pferde hier seien, und er sagte ja. Weil sie es ihm nicht recht glaubten, sagten sie ihm, er möchte die Pferde herführen, was er auch gleich tat. Die anderen gingen dann durch eine hintere Türöffnung in die Mühle und sahen dann noch zwei Leichname auf dem Bett in der Kammer liegen. Ich ging ihnen auch nach, traute mich aber nicht recht, mich umzusehen, und sah die Leichname nur so mit einem Blick. Ich ging dann gleich nach Rhäzüns zurück und weiß nicht, was die anderen weiter taten und auch sonst nichts.
    Auch ihr wurde ihre Aussage vorgelesen. Dann unterschrieb sie: Elisabeth Maron.
    Als sie draußen war, stöhnte Landammann Locher: Alle erzählen dasselbe und doch erfahren wir nichts. Was ist in der Nacht passiert? Wer hat die drei Leute so grässlich zugerichtet?
    Man muss viele Fragen stellen, sagte Baron von Mont, um ein Körnchen Wahrheit zu finden.
    Als letzter Zeuge betrat ein großer Mann die Ratsstube. Er legte seinen Schwur ab, die Wahrheit zu sagen und nichts von dem hier drinnen Gehörten weiterzuerzählen. Er war Jeremias Weibel, einunddreißig Jahre alt, Bürger von Sculms, und er gab an, dass er vorgestern zu der Weihermühle kam, um Mehl zu holen.
    So früh am Morgen zu Fuß von Sculms, fragte der Verhörrichter, um Mehl zu kaufen? Und kein Tier dabei, um das Mehl zu transportieren?
    Der Mann verneinte.
    Hat ihn auf dem Weg jemand gesehen?
    Bevor er die Frage beantworten konnte, waren polternde Schritte auf der Treppe zu hören, dann ging die Tür auf und ein schwer atmender Mann betrat ohne Aufforderung die Ratsstube.
    Eine wichtige Nachricht, von Landammann Weisstanner aus Splügen, sagte er und hielt einen Brief in die Höhe, für den Herrn

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