Die Dunkelheit in den Bergen
Johann Heinrich von Mont, Landammann Jakob Luzi Locher aus Ems und Amtsstatthalter Christian Fetz. Als Aktuar amtierte wieder Hauptmann Peter Vieli. Vorgeladen waren der Müllerknecht, der Mann aus Sculms, der am Morgen nach dem Mord als erster zur Mühle kam, die Frau aus Rhäzüns, die dazustieß, und die drei Mäher aus Bonaduz.
Als erster wurde pünktlich um sieben Uhr der Knecht Peter Bardolin aufgefordert, in die Amtsstube einzutreten. Er wurde ernsthaft ermahnt, die Wahrheit zu sagen und zu Beginn für das Protokoll die Angaben zu seiner Person zu wiederholen.
Ich heiße Peter Bardolin, bin dreißig oder ungefähr dreißig Jahre alt, gebürtig von Sondrio, sagte er und wartete, bis der Aktuar mit Schreiben so weit war und es bestätigte: Sondrio. Ich bin katholisch, ledig und arbeite seit dem dritten Januar dieses Jahres als Knecht auf der Weihermühle.
Der Verhörrichter fragte ihn, ob er jemals mit der Justiz zu tun hatte oder für etwas bestraft werden musste. Der Knecht verneinte, und der Baron diktierte dem Aktuar: Von Strafe noch nie erfasst.
Am Donnerstagmorgen, vorgestern also, berichtete der Knecht dann, es war etwa fünf Uhr, trieb ich wie gewöhnlich die beiden Pferde meines Meisters aus dem Stall auf die Wiese hinaus. Da sah ich einen Mann, der mit einem Stecken an die Tür der Backstube klopfte. Ich rief von weitem, ob denn niemand aufmachen würde, und er rief zurück: Nein. Ich ging dann ebenfalls zur Mühle hin, die Stiege hinauf und klopfte mit dem Schuh an die Haustür. Niemand machte mir auf. Dann ging ich die Stiege wieder zu dem Mann hinunter, als eine Frau aus Rhäzüns dazukam, die ebenfalls etwas kaufen wollte. Die sagte dann auf einmal: Herrje, was für Blut ist da auf der Stiege. Ich drehte mich um und sah das Blut auch, und unter der Stiege Holz, Gerümpel und einen menschlichen Fuß herausschauen. Ich musste mich übergeben. Dann sah ich die drei Männer, die auf der Wiese vom Bundesweibel Candrian am Mähen waren, und ich rief sofort zu ihnen hinüber. Sie kamen gleich herbei, und wir entdeckten den Leichnam unter der Stiege. Die Männer drückten dann an der hinteren Seite der Mühle ein paar Bretter ein und drangen ein. In der Kammer fanden sie die Leichname des Müllermeisters und der jungen Magd sehr übel zugerichtet. Ich hatte mich auf die Wiese gelegt, weil mir schlecht war. Die drei Mäher trugen mir auf, gleich nach Bonaduz zum Hauspatron Candrian zu reiten und das Vorgefallene anzuzeigen, was ich auch sogleich tat.
Was weiß er noch von den allfälligen Tätern?, fragte der Verhörrichter, und der Knecht antwortete: Ich denke, es war der Franzisk, weil wir seine blutigen Kleider gefunden haben. Ich habe ihn am Abend noch in der Stube des Müllers gesehen, zusammen mit diesem und den beiden Mägden. Dann ging ich gleich schlafen und hörte und sah die ganze Nacht nichts mehr, bis ich am Morgen, wie ich schon gesagt habe, die Pferde aus dem Stall trieb und den Mann vor der Backstube warten sah.
Was für ein Mann?
Aus Sculms kam der.
Seit wann stand der Mann da?
Nun, das weiß ich nicht. Ich kam aus dem Stall, und da stand er bei der Tür.
In welcher Verfassung war der Mann?, fragte der Verhörrichter. War er auffällig? Wollte er sich vielleicht gerade entfernen?
Dazu kann ich nichts sagen, antwortete der Knecht.
Kam der Rimmel öfters zur Weihermühle?, wollte der Verhörrichter wissen, der Knecht antwortete: Ja, er war oft da. Er arbeitete auch in Bonaduz und in Versam und kam dann gewöhnlich zu uns. Am vorigen Montag hat er den Hund des Müllers mitgenommen. Am Mittwoch ließ ihm der Müller durch den Schmied in Carrera sagen, dass er ihm den Hund zurückbringen solle.
Hatte der Müller einige Barschaft, und wo pflegte er sie aufzubewahren?
Ich denke wohl, dass er Geld hatte, weil er Handel trieb. Sonst kann ich aber nichts Näheres angeben, aber ich glaube, er hatte es immer im Schrank neben dem Ofen und den Schlüssel abgezogen.
Und er selbst? War er mit dem Lohn zufrieden, den er vom Müller erhielt?, fragte der Verhörrichter.
Ich?, sagte der Knecht verwundert und nickte dann: Ja.
Hatte es irgendwann Streit zwischen ihm und dem Müller gegeben?
Der Knecht ließ sich mit der Antwort Zeit: Nein, Streit hatten wir keinen. Der Müller war zufrieden mit mir.
Der Knecht hatte sonst nichts mehr auszusagen und durfte die Ratsstube verlassen. Die Befragung und Niederschrift seiner Aussagen hatte fast zwei Stunden gedauert.
Der Verhörrichter ordnete eine
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