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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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sich die Augen trocken und verließ gebückt das Zelt. Draußen war es still, aber das würde nicht von Dauer sein. Er ahnte, warum die Tsardonier noch nicht angegriffen hatten. Sie wollten nicht nur ihre Leute schonen, sondern auch den Gegner in der Ungewissheit lassen, wer als Nächster aus Gottes Umarmung gerissen würde, um gegen sie anzutreten.
    Der Tod war nicht länger die letzte Erlösung.
    Einige bemerkten ihn, als er ins Sonnenlicht trat, die meisten wandten sich ab. Manche starrten ihn mit unverhohlenem Zorn an. Andere machten das Zeichen des Allwissenden vor der Brust, ehe sie weitergingen. Er schüttelte den Kopf und wandte sich am Fuß der Felswand nach links zum Befehlsstand, im Grunde nur ein Stück Leinwand auf langen Pfählen. Nunan und Kell hielten sich darunter im Schatten auf und betrachteten Landkarten. Auch Julius Barias war dort. Er wechselte einen Blick mit Nunan, sagte aber nichts und gab sich vorübergehend damit zufrieden, Roberto böse anzustarren.
    »Die Tatsache, dass Ihr hier in all Eurer Wut stehen könnt, ist ein Beweis für die Richtigkeit meiner Entscheidung«, sagte Roberto. »Warum kümmert Ihr Euch nicht um die Kranken? Tut Eure Pflicht, wie es Eure Generäle tun.«
    »Meine Aufgabe, Botschafter, besteht darin, die Grundsätze meines Glaubens zu verbreiten und mich um die zu kümmern, die auf dem Schlachtfeld kämpfen oder sich abseits davon in Not befinden. Was ist Eure Aufgabe?«
    »Um jeden Preis die Einheit der Konkordanz zu erhalten. Um jeden Preis, Sprecher Barias. Eines Tages werde ich die Nachfolge meiner Mutter im Amt des Advokaten antreten. Ich an Eurer Stelle wäre deshalb vorsichtig mit meinen Worten.«
    »Ein Ketzer wird niemals auf dem Hügel herrschen«, sagte Barias.
    »Ist ein Schmied, der sich einen Arm verbrennt, ein Ketzer? Wenn eine Kohlenpfanne umkippt, und es werden Menschen verletzt, ist das dann Ketzerei?«
    Barias war verwirrt. »Reden wir über Theologie allgemein oder über Euer Verbrechen?«
    »Wie viele wurden heute auf dem Schlachtfeld ganz und gar zu Asche verbrannt und sind für Gott verloren, Julius?«
    Kell und Nunan schauten von ihren Karten auf. Die Wächter vor dem Befehlszelt drehten die Köpfe herum und wechselten ein wenig die Stellung. Barias schob trotzig sein Kinn vor.
    »Auch wenn Ihr Glück hattet, bleiben Eure Taten ein Frevel vor dem Allwissenden«, sagte er.
    »Wie viele, Sprecher Barias? Und lügt mich nicht an. Ich weiß es so gut wie Ihr, denn ich sah die ganze Entwicklung. Aber seid so freundlich, es mir trotzdem zu sagen.«
    »Keiner«, antwortete Barias ungerührt.
    »Keiner«, wiederholte Roberto.
    »Dieses Mal nicht«, sagte Barias. »Aber was, wenn wir sie das nächste Mal nicht rechtzeitig erreichen, um die Flammen zu löschen? Wie wird Eure Verteidigung dann aussehen, hm?«
    »So wie heute. Ich werde sagen, dass meine Entscheidung Hunderte von Menschen gerettet hat, die sonst für die Konkordanz und auch für Euch verloren gewesen wären, Sprecher Barias. Ich würde es wieder tun und das gleiche Risiko noch einmal eingehen. Und ich würde und werde mich den Vorwürfen stellen, die Ihr erhebt.«
    »Dafür werde ich persönlich sorgen.«
    Roberto lachte. »Statt Gift und Galle zu spucken, solltet Ihr lieber herumgehen und den anderen erzählen, wie Ihr wunderbarerweise überlebt habt. Das wäre wirklich nützlich.«
    »Ich werde nicht …«
    »Ist Euch denn völlig entgangen, wie unsere Lage aussieht? Unsere Legion besteht noch aus … Pavel, wie viele einsatzfähige Kämpfer haben wir noch?«
    »Wir haben hundertsiebenundneunzig Kavalleristen und genügend Pferde für sie. Die Hastati existieren im Grunde nicht mehr. Die Principes haben schwere Verluste erlitten. Die Triarii sind nur davongekommen, weil sie in der dritten Reihe standen. Doch auch sie wurden schwer getroffen. Elfhundertdreiundachtzig Kämpfer mit Schwertern. Einhundertundeins Sarissen, vierundsiebzig Plänkler. Ungefähr vierhundert Bogenschützen. Jeder zweite Bogen ist zerbrochen oder verloren.«
    Roberto wandte sich mit hochgezogenen Augenbrauen wieder an Barias. »Ihr versteht doch, was dies bedeutet? Es bedeutet, dass die Tsardonier uns abschlachten werden, wenn sie noch einmal angreifen. Keiner hier weiß, warum sie es nicht schon längst getan haben, aber es könnte jeden Augenblick so weit sein. Als Nächstes werden wir so viele wie möglich nach oben auf die Klippe schaffen, aber das wird nicht bei allen möglich sein. Falls ich vor Gericht

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