Die dunkle Armee
schließlich.
»Das bringt uns nicht weiter«, erwiderte Nunan. »Auch ich diene meinem Herrn. Worin bestehen deine Dienste?«
»Ich leite die Toten an.«
»Dann kontrollierst du sie?«
»Nein, aber sie fühlen mich, wenn ich unter ihnen bin.«
»Was sagt uns das?«, fragte Nunan.
»Ich bin nicht sicher«, überlegte Roberto. »Darüber sollen sich die Aufgestiegenen den Kopf zerbrechen, wenn sie die Mitschrift lesen. Darf ich eine Frage stellen?«
»Nur zu.« Nunan winkte einladend und trank einen Schluck aus dem Kelch mit Wasser, der auf seinem improvisierten Kartentisch stand.
»Wer ist dein Herr?«
Garanth starrte ihn eine Weile mit seinen dunklen, tiefen Augen an. Unter dem durchdringenden Blick fühlte sich Roberto zusehends unwohl.
»Du bist Del Aglios«, sagte er.
Roberto fuhr auf. »Das ist richtig. Woher kennst du mich?«
»Jeder in Tsard kennt dein Gesicht und deine Taten. Du bist ein geachteter Feind. Eine große Beute.«
»Das ist schmeichelhaft, aber erst müsstet ihr mich fangen«, erwiderte Roberto. »Beantworte die Frage.«
Garanth lächelte, worauf Roberto unwillkürlich seine eigenen Zähne mit der Zunge betastete.
»Du erwartest sicher, dass ich König Khuran nenne, aber du machst dir Sorgen, es könnte ein anderer sein. Mein Herr ist derjenige, der die Toten beherrscht. Er sieht die Energie, die wir nur fühlen können, und er bringt jedem, der fällt, neue Hoffnung.«
»Gorian«, murmelte Roberto. »Aber was will er?«
»Wie die Karku wissen und die Sirraner fürchten, will er die Welt zum Straucheln bringen. Das wird ihm gelingen. Du kannst ihn nicht aufhalten.«
»Was hält denn euer König davon?«
Garanth zuckte mit den Achseln. »Er versteht es nicht und wird dafür einen ebenso hohen Preis bezahlen wie ihr.«
»Die Welt zum Straucheln bringen?«, fragte Nunan.
»Die alten Mächte niederwerfen und die neue Macht errichten«, antwortete Garanth ungerührt.
»Das will er anscheinend mit Armeen der …« Roberto konnte es immer noch nicht ganz fassen. »Mit Armeen der Toten erreichen?«
»Wer könnte ihnen widerstehen?«
»Dir ist wohl entgangen, dass wir gerade eben deine grässliche Armee besiegt haben«, warf Nunan ein.
»Diese Truppe war nur ein kleiner Tropfen in einem Ozean, der über die Konkordanz hereinbrechen wird. Ein Experiment, aus dem mein Herr lernen wird.« Garanth schloss die Augen. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, was euch erwartet.«
Roberto lief es kalt den Rücken hinunter.
»Bist du deshalb hier?«, fragte Nunan. »Um uns aufzuklären?«
Garanth schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Meine Arbeit ist getan. Ich suche jetzt meinen Meister auf.«
»Wir lassen dich nicht gehen«, sagte Nunan.
Wieder setzte Garanth sein hässliches Lächeln auf. »Oh doch.«
Er brach zusammen. Nunan kniete neben ihm nieder und tastete nach dem Puls.
»Sagte er nicht, er könne die Energien der Toten spüren?«
»Wir wollen hoffen, dass es ihm nichts mehr nützt«, antwortete Roberto. »Du musst ihn fortbringen und nutzlos machen. Such dir die Methode selbst aus.«
Nunan lächelte böse. »Ich nehme an, Feuer wäre kein sehr taktvolles Mittel.«
»Julius wäre begeistert.«
»Glaubst du ihm?« Nunan richtete sich wieder auf.
»Dass wir es heute nur mit einer Vorhut zu tun hatten? Warum sollte ich das nicht glauben? Wir haben es mit eigenen Augen gesehen und wissen, welche Wirkung bereits eine kleine Streitmacht auf die Elitesoldaten hat. Hoffentlich ist das sirranische Pulver so gut, wie sie es angedeutet haben.«
»Wo ist es?«
»Gesteris hat es nach Estorr gebracht, damit es untersucht werden kann.«
»Dann sollte möglichst bald jemand dorthin reisen und es holen.«
Roberto seufzte. »Pavel, wir müssen erst einmal so viele Leute wie möglich auf die Klippe und in Sicherheit bringen. Gorian wird wieder angreifen, und bis wir die Aufgestiegenen oder neue Waffen hier einsetzen können, muss ich unserem gerade verstorbenen Freund zustimmen. Wer könnte sich gegen Gorian behaupten?«
Nunans Kopf fuhr wieder zu Garanth herum. »Stimmt etwas nicht?«
»Ich hätte schwören können, dass seine Augenlider gezuckt haben.«
Kessian hatte Kopfschmerzen. Es war schon spät am Nachmittag, und erst jetzt hatte er die Erlaubnis bekommen, sich auszuruhen. Gorian hatte es einen großen Sieg genannt, dem weitere folgen würden, aber die tsardonischen Krieger hatten nicht die gleichen Siegeslieder gesungen wie auf den Eisfeldern von Kark. Natürlich, es
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