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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Herrscher des Landes. Weniger als einen Tag hatte es gedauert, bis die Kräfte, die er an der Grenze zusammengezogen hatte, besiegt worden waren. Ein Flügel abgeschlachtet, der andere Flügel und das Zentrum in die großen Wälder gehetzt.
    So etwas hatte er noch nie gesehen. Anscheinend musste er sich damit abfinden, dass es gegen solche Angreifer keine Verteidigung gab.
    Ohne Scham gestand er sich ein, dass er vor diesem Gegner größere Angst hatte als vor den überwältigend starken tsardonischen Truppen zehn Jahre zuvor.
    Abgesehen von den Vorkehrungen, die er bereits getroffen hatte, wusste er nicht, was er sonst noch tun sollte. Die Feinde wollten jedenfalls nicht nach Haroq, sondern marschierten ein Stück weiter im Norden und würden die Hauptstadt von Atreska passieren, falls sie nicht angegriffen wurden.
    Davarov war klar, dass ihm eigentlich nichts anderes übrig blieb.
    »Aber wäre das sinnvoll?«, überlegte er.
    »Was denn, General?« Cartoganev, sein Rittmeister, setzte das Spähglas ab. Er hatte es abgelehnt, weiter befördert zu werden, weil er lieber bei seinen Pferden bleiben wollte.
    »Sie anzugreifen.« Davarov deutete aus dem Fenster. »Das wäre, als wollte man eine Überschwemmung bekämpfen, indem man Wasser in den Fluss gießt. Wir werden schwächer, sie werden stärker.«
    »Aber wir würden nicht aufgeben.«
    »Nein, das würden wir nicht tun.«
    »Und es gibt doch sicher auch Tausende von Tsardoniern, die kein Bedürfnis verspüren, sich den wandelnden Toten anzuschließen«, fuhr Cartoganev fort.
    »Wir können unsere Aussichten verbessern, indem wir uns fernhalten. Oder zumindest verschlechtern wir sie auf diese Weise nicht. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin nicht würdig, das Kommando innezuhaben.«
    »Nichts an Euch ist unwürdig, es sei denn diese letzte Bemerkung«, erwiderte Cartoganev. »Dagegen verweist Euer Gedanke auf eine durchaus sinnvolle Taktik.«
    »Fahrt fort.«
    »Die unter uns, die den Anblick ertragen konnten, haben sich nahe herangewagt und sie beobachtet. Diese Toten mögen laufen, und sie können auch kämpfen, wenn wir ihnen nicht die Fähigkeit dazu nehmen. Noch wichtiger aber ist, dass sie nach wie vor tot sind. Sie verwesen. Mit jedem Tag werden sie schwächer. Es geht langsam, aber es ist unübersehbar. Wir können ihnen den Weg ebnen und dafür sorgen, dass sie auf keinerlei Widerstand stoßen. Außerdem sollten wir den finden, der dieses grässliche Werk vollbringt.«
    »Wir wissen bereits, wer es ist. Das ganze Schlachtfeld stank nach dem abtrünnigen Aufgestiegenen.«
    »Ja, aber wo ist er? Wenn wir ihn ausschalten, haben wir dem Ungeheuer den Kopf abgeschlagen.«
    »Früher oder später müssen wir dennoch kämpfen, denn sonst wird diese kleine Armee ungehindert bis vor die Tore von Estorr marschieren.«
    »Mit jedem Tag vergrößern wir unsere Kräfte und verstärken das, was wir ihnen in den Weg stellen können, sobald wir uns dazu entschließen. Überlegt doch, General. Heute sind wir zersplittert, in zwanzig Tagen sind wir es vielleicht nicht mehr.«
    Endlich lächelte Davarov. »Richtig, und in zwanzig Tagen haben wir vielleicht die Taktik und die Waffen, um sie zu besiegen. Also gut, schickt bis hinauf nach Gosland und hinunter nach Gestern Botschaften aus, und dann wollen wir zwei unserer Legionen nach Westen führen, um ihnen zuvorzukommen. Wir tun es auf unsere Weise, Meister Cartoganev, oder wir kommen dabei um.«
    Cartoganev nickte.
    »Noch etwas.«
    »Ja, General?«
    »Ich will keiner von ihnen werden. Wenn ich falle, dann soll mein Körper verbrannt werden, falls eine Verstümmelung nicht möglich ist. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    Der Kavallerist nagte an der Oberlippe und runzelte die Stirn. »Wir sollen Euch verbrennen? Mein General, ist Euch auch klar, was Ihr damit sagt?«
    »Ich würde lieber meinen Zyklen ein Ende setzen, als im Heer der Toten gegen meine Freunde marschieren. Ja, ich weiß genau, was ich sage. Nun?«
    »Befehl ist Befehl«, erwiderte Cartoganev.
    »Ja. So ist es.«

 
29

    859. Zyklus Gottes,
    36. Tag des Genasauf
     
    N unans Extraordinarii hatten vor dem Weg durch die Felsen einen schützenden Ring gebildet. Dreißig von ihnen bereiteten sich darauf vor, so viele Legionäre wie möglich zurückzuhalten. Außer Sichtweite stand eine Kiste mit Naphthalin bereit, dessen Einsatz Nunan bereits genehmigt hatte, falls sich der Zorn zu offenem Widerstand entwickelte. Kell hatte sich mit ihrer Kavallerie vor

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