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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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wieder gefordert, die Aufgestiegenen und ihre Verbündeten müssten eingesperrt werden. Überall in Estorr waren die Wände mit beleidigenden, abstoßenden und erschreckenden Sprüchen beschmiert.
    Die Villa, zu der er nun wollte, war gewaltig. Nicht nur im Vergleich zu ähnlichen Wohnsitzen, sondern tatsächlich überwältigend groß. Bevor er sich ihr weiter näherte, schätzte Ossacer die Stimmung auf dem Platz ein, den er überqueren musste, und ging langsam einmal rundherum, während er scheinbar den Springbrunnen im Zentrum bewunderte. Aus den Schriften wusste er, was der Brunnen darstellte. Es war ein voll entwickelter Baum als Symbol für Nahrung, Sicherheit und Trost. Ihm kam es ein wenig chaotisch vor. Das Wasser, das über den Marmor lief, störte die natürlichen Harmonien der Skulptur und erzeugte ein wirres Gemisch von Farben. Allerdings hatte man ihm gesagt, dass der Brunnen einen schönen Anblick bot.
    Ossacer schniefte. Eine Schönheit nur für die Augen – wieder etwas, das der Vergangenheit angehörte. Es schmeckte immer noch bitter. Schließlich ging er weiter. Auf dem Platz herrschte Betrieb, denn er befand sich mitten in einem teuren Wohnviertel von Estorr, hoch über dem Hafen und angeblich mit einem prächtigen Ausblick. Hier hatte jede Villa weitläufige Anbauten und Gärten. Alle besaßen natürlich private Springbrunnen und einen direkten Wasseranschluss, was den Besitzern einen weiteren Grund gab, die Berührung mit dem Fußvolk zu meiden.
    Irgendwo hörte er Bauarbeiten, konnte die Richtung aber nicht genau bestimmen. Vom Platz gingen vier Straßen in alle Himmelsrichtungen ab. Eine nach unten zum Hafen, zwei weitere nach links und rechts zur Arena und dem Hügel, und die letzte weiter hinauf, wo das große Haus der Masken alle anderen Bauten überragte. Dies war kein Ort, an dem sich Bettler herumtrieben, obwohl die meisten natürlich einen guten Grund gehabt hätten, gerade hier auf milde Gaben zu hoffen.
    Einen Augenblick lang rang Ossacer mich sich, ob sein Entschluss wirklich vernünftig wäre. Sobald er an den Wachen vorbei war und sich am Tor gemeldet hatte, gäbe es kein Zurück mehr. Doch er sah keinen anderen Weg. Nicht, wenn der Aufstieg akzeptiert und die Akademie von ihrem Schicksal als militärisches Ausbildungslager befreit werden sollte.
    Ossacer holte tief Luft und schritt zum Tor hinauf, das die Öffentlichkeit aussperrte. Wächter traten ihm in den Weg.
    »Es tut mir leid, aber die Kanzlerin empfängt keinen Besuch«, sagte einer mit sanfter, fast entschuldigender Stimme, was Ossacer überraschte.
    »Ich bin sicher, dass sie mit mir sprechen wird.«
    »Das sagen viele Leute«, erwiderte der zweite Wächter durchaus nachsichtig. »Wenn wir ihnen allen glauben würden, dann käme die Kanzlerin nicht mehr dazu, ihre Pflichten zu erfüllen. Du kannst schriftlich um einen Termin bitten und sie vielleicht im Haus der Masken sehen, aber ich muss dir leider sagen, dass die Kanzlerin sehr beschäftigt ist, da wir so viel Ärger mit den Aufgestiegenen haben. Ich bin sicher, dass du das verstehst. Und nun geh bitte weiter.«
    Ossacer konnte sich den dramatischen Auftritt nicht verkneifen.
    »Wie ich schon sagte«, entgegnete er, nahm die Kapuze ab und schaute zu den Wächtern auf, »ich bin sicher, dass sie mit mir sprechen will.«
    Beide fuhren zurück und starrten seine Augen an. Ossacer zog ein wenig Energie aus den Bäumen im Garten, damit seine Augen braun und grün schimmerten.
    »Ihr müsst euch nicht fürchten. Ich bin Ossacer Westfallen und will in einer Zeit, die für uns alle schwierig ist, Hilfe, Wissen und Rat anbieten.«
    Er konnte ihre Mienen nicht erkennen, wusste aber, dass sie einen Blick wechselten.
    »Bleibt hier«, sagte einer. »Bleibt hier und rührt Euch nicht.«
    »Ich habe nicht die Absicht, irgendetwas anderes zu tun.«
    Sie läuteten mit einer Glocke, die vermutlich in die Wand eingelassen war. Das beharrliche Schellen hörte erst auf, als drinnen rennende Füße zu hören waren. Dann zog jemand den linken Torflügel auf, und Ossacer zählte vier weitere Soldaten, die sich näherten. Er lächelte freundlich, obwohl ihm das Herz bis zum Halse schlug. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Ein Wächter beobachtete ihn, während die anderen flüsternd die Köpfe zusammensteckten. Ihre Energien zeigten, wie nervös sie waren, ihre Lebenslinien flimmerten hektisch. Auch die Pflanzen in der Umgebung nahmen die veränderte Atmosphäre wahr. Wenn die Menschen nur

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