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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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und verdichten. Ebenso die Luft. Mit einem winzigen Sturm im Rücken und den darunter verdichteten Molekülen konnte er zweihundert Fuß über dem Boden durch die Luft gleiten. Es war anstrengend, und er hatte sich einige Knochen gebrochen, während er die Fähigkeit entwickelt hatte, aber für jemanden, der von unten zuschaute, musste es einfach erstaunlich sein.
    Gorian konnte fliegen.
    »Bald ist es vorbei, mein Kleiner«, sagte er. »Eines Tages werde ich es dich lehren, und dann werden wir zusammen den Himmel und die Erde beherrschen.«
    Der Junge verstärkte seinen Klammergriff, aber es ging ihm nur um Selbsterhaltung. Gorian war jetzt über dem Hafen. Er flog etwas tiefer und langsamer und empfand das Nachlassen der Belastung für Körper und Geist wie einen heilsamen Balsam. Sein Schiff segelte bereits, wie er es angewiesen hatte, nach Nordosten und nutzte die vorherrschenden Winde im Tirronischen Meer.
    Jetzt kam es auf jeden Tag an. Die Karku hatten Verdacht geschöpft, und nach seinem Eindringen waren in Estorr die einzigen Menschen aufgeschreckt, die ihn möglicherweise aufhalten konnten. Aber keiner von ihnen hatte eine Vorstellung vom wahren Umfang seiner Pläne. Das war ein Vorteil, den er nicht so schnell aus der Hand zu geben gedachte.
    Direkt hinter dem Mast landete er leicht auf dem Deck und setzte den Jungen ab, hielt ihn aber weiter fest, obwohl jetzt, da sie nicht mehr flogen, ein Uringeruch von ihm aufstieg. Er konnte Kessians Reaktion und auch die der Besatzung gut verstehen. Überall auf dem Schiff spürte er Unsicherheit und Furcht. Größtenteils passte ihm das recht gut. Sie hielten ihn für böse, berührt von eben den Göttern, vor denen sie sich schützten, um nicht auf den Meeresgrund geschickt zu werden. Sie trugen Glücksbringer um den Hals und vollführten Gesten in der Luft, wann immer er sich ihnen näherte oder sie auch nur anschaute.
    Kapitän Nahran kam vom Ruderdeck herüber. Er war ein Mann mit ewig mürrischem Gesicht und kahl rasiertem Kopf. Sein mächtiger Körper war vom Leben auf See vernarbt, und seine Augen blickten hart und kalt.
    »Wie ich sehe, habt Ihr Eure Fracht«, sagte er.
    Gorian löste den Klammergriff des verschreckten Jungen.
    »Sein Name ist Kessian«, erklärte Gorian in makellosem Tsardonisch. »Der Name spricht von Größe, und so werdet Ihr den Knaben behandeln.«
    »Wie Ihr wünscht.«
    »So solltet Ihr auch mich behandeln und anreden.«
    Nahran zog eine Augenbraue hoch. »Ich habe nur einen Herrn, und der ist nicht an Bord meines Schiffs, Gorian Westfallen. Wir werden in weniger als vier Tagen in Gestern landen, wenn sich das Wetter hält. Euer Junge teilt sich das Quartier mit Euch. Seht zu, dass er meiner Mannschaft nicht in die Quere kommt.«
    Gorian drückte Kessians Schulter.
    »Geh zur Reling und versuche, Delfine aufzuspüren. Ich bin sicher, dass du es kannst. Nun mach schon.«
    Der Junge nickte leicht und lief übers leicht schwankende Deck. Seine Augen waren überall, er war völlig verwirrt. Gorian wandte sich wieder an Nahran.
    »Eines dürft Ihr nicht vergessen, Kapitän. Für mich seid Ihr nur ein Transportmittel. Ein Hilfsmittel, das Euer König mir gegeben hat. Ich kann leicht ein neues finden.«
    Nahran kicherte. »Dann tut Euch keinen Zwang an. Ihr dürft jederzeit gehen.« Er deutete aufs offene Meer. »Ihr seid allein. Ich habe zweihundert Männer, und Ihr macht mir keine Angst. Fliegt zur Küste, wenn Ihr dazu fähig seid. Ansonsten spart Euch Eure Drohungen für die auf, die sie hören wollen.«
    Damit ließ Nahran Gorian stehen und kehrte zum Steuerruder zurück. Gorian sah ihm nach.
    »Matrose, wann wirst du endlich begreifen, wer das Meer beherrscht?«
    Kessian hatte steuerbord die Reling so fest gepackt, dass seine Knöchel weiß anliefen. Es war noch früh am Tag, die Gischt war eiskalt. Hier gab es nicht viele Delfine.
    »Was siehst du?«
    »Nichts.« Kessian zuckte mit den Achseln, drehte sich aber nicht um.
    »Und was spürst du?«
    Jetzt wandte Kessian sich um, und Gorian hockte sich vor ihn. Er war froh, dass die Bordwand ihn vor dem kalten Wind schützte.
    »Nun?«
    »Alles.« Kessian starrte ihn unsicher und zweifelnd an. Es war ein langer, prüfender Blick. Gorian fühlte sich unbehaglich. »Du bist Gorian.«
    »Dann hast du schon von mir gehört?«
    Kessian zuckte mit den Achseln. »Sie reden manchmal über dich. Sie hassen dich.«
    »Sie haben Angst vor mir«, sagte Gorian ein wenig enttäuscht.
    »Nein. Sie

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