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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Schiffs war primitiv. Die Farbe blätterte ab, und die aggressiven Bilder der tsardonischen Meeresgötter, die er auf fast allen Schiffen gesehen hatte, fehlten hier. Jetzt wurde ihm auch klar, warum ihn der Anblick des Schiffs schon durchs Spähglas aus der Ferne beunruhigt hatte. Ihn störte nicht, dass die Bilder nicht da waren. Sie waren vielmehr übermalt. Es war ein Zeichen, das er nur zu gut verstand. Was dieses Schiff hier auch vorhatte, die Götter sollten es nicht sehen.
    Hinter ihm auf der Festung schlug die Alarmglocke an. Lianov rannte los.
    »Bogenschützen auf die Mole!«, rief er. »Die Hafenwache soll sich bereithalten. Ladet die Katapulte.«
    Zuerst hörte ihn niemand, aber der Alarm hatte ohnehin schon die vorgegebenen Verteidigungsmaßnahmen ausgelöst. Männer und Frauen sahen sich um und suchten nach der Quelle der Bedrohung, die ersten Onagerarme wurden zurückgezogen, die Winden der Bailisten klirrten und knarrten, während die Sehnen gespannt wurden. Möwen flogen vom Wasser auf. Weitere Alarmglocken stimmten ein.
    »Tsardonische Trireme, steuert nach Südsüdwest, Liegeplatz Sieben.«
    Lianov fuchtelte wild mit den Armen. Die Trommel des Schiffs schlug schneller. Es würde die Mole rammen. Was wollten sie damit erreichen? Ein einziges Schiff. Er erreichte den Liegeplatz. Matrosen, Hafenarbeiter und Händler waren schon geflohen oder von der Zementmauer verscheucht worden. Die Bogenschützen waren bereits angetreten, auch die Schwertkämpfer standen bereit. Auf den Geschütztürmen signalisierten Flaggen, dass die Mannschaften jederzeit feuern konnten.
    Die Glocken verstummten, und Stille breitete sich im Hafen und auf der Mole aus. Unnatürlich laut klangen jetzt die Trommelschläge, die Schreie der Möwen und das Plätschern der Wellen an der Mole. Lianov stellte sich vor seine Wächter.
    »Aufpassen.«
    Die Trireme fuhr weiter, die Ruder trieben sie durchs Wasser. Sie war jetzt sicherlich neun Knoten schnell. Lianov runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. Er teilte die Unruhe und die Verwirrung seiner Leute.
    »Tsardonische Trireme!«, brüllte er, obwohl er bezweifelte, dass der Kapitän es hören konnte. »Dreht bei, sonst eröffnen wir das Feuer. Ihr dürft hier nicht landen. Dies ist die letzte Warnung.«
    Das Schiff fuhr unbeirrt weiter. Es war jetzt weniger als hundert Schritte entfernt. Ohne besondere Eile kamen die Matrosen auf dem Deck nach vorn. Sie machten keine Anstalten, sich zu verstecken und sich gegen den bevorstehenden Aufprall zu wappnen. Lianov wich nach rechts aus. Die Geschütze konnte er nicht einsetzen, in der Bucht waren zu viele Unschuldige unterwegs. Seine Bogenschützen hatten jedoch gute Sicht.
    »Macht euch bereit. Fegt das Deck leer, sobald ich es befehle. Wenn es jemand bis auf die Mole schafft, feuert auch auf ihn. Die Fragen können wir hinterher noch denen stellen, die überlebt haben.«
    Lianov hob eine Hand. Das Schiff war inzwischen so nahe, dass er einzelne Ruder quietschen und das Wasser am Rumpf entlangrauschen hörte. Es war unheimlich. Der Bug war verstärkt, würde aber zweifellos an der dicken, starken Mauer der Mole zerschellen. Der Rammsporn würde sogar die Mauer verfehlen und nach oben abgelenkt werden, bis das Schiff ins Wasser zurückfiel, falls er sich nicht durch irgendeinen Zufall verfing.
    »Feuer frei«, sagte er und ließ die Hand sinken.
    Pfeile sausten zum nahen Schiff hinüber und deckten den Bug, die Steuerbordseite und die Backbordreling ein. Die meisten verfehlten, nur zwei oder drei trafen ihre Ziele. Einige Matrosen wurden umgerissen oder sanken stolpernd auf die Knie. Der Kapitän im Heck zuckte mit keiner Miene.
    Die zweite Salve flog hinüber, besser gezielt als die erste. Sechs Männer gingen zu Boden, doch Lianov blieb das zufriedene Grunzen in der Kehle stecken. Er hatte es nicht sofort bemerkt, aber jetzt bestand kein Zweifel mehr. Jeder, der von einem Pfeil getroffen wurde, sei es im Kopf, im Rumpf oder in den Gliedmaßen, kam sofort wieder hoch und lief umher, als wäre nichts geschehen. Das Blut auf Hemden und bloßen Oberkörpern war deutlich zu erkennen, aber keiner betastete sich, um die Wunden zu überprüfen oder würdigte sie auch nur eines Blickes. Als wüssten die Matrosen nicht – oder als wäre es ihnen egal –, dass sie von Pfeilen durchbohrt worden waren.
    »Gott umfange uns alle«, keuchte er.
    Zwei Salven später prallte das Schiff gegen die Mole. Lianov konnte die Erschütterung durch den dicken

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