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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Zement spüren. Einige Brocken flogen umher, die Balken des Schiffs knickten ab und brachen. Als sich das Schiff im Aufprall aufzubäumen schien, wichen die Hafenwächter einen Schritt zurück. Sie hatten die Schwerter gezogen, die nächsten Pfeile waren eingelegt, die Bogen bereit. Angst breitete sich auf der Mole aus, fast konnte er sie körperlich spüren. Auch seine Hände zitterten.
    Aber niemand kam an die Reling, um den Angriff auf die Mole anzuführen. Durch die zerbrochenen Balken glaubte Lianov eine Bewegung zu erkennen, aber es konnte auch eine Täuschung sein. Im Schiff huschte etwas umher. All das war völlig unverständlich, ganz zu schweigen davon, dass die Trommel immer noch den Takt schlug und viele Ruder sich weiterhin bewegten, um das Schiff an die Mole zu pressen.
    Jetzt rührte sich etwas auf dem Schiffsdeck dicht vor dem Bug. Ein schwarzer Schatten. Lianov sah genauer hin, aber der Schatten war sofort wieder verschwunden. Rauch wallte auf. Da unten war ein Feuer ausgebrochen. Einige Wächter jubelten, verstummten aber einen Herzschlag später schon wieder, als sich die Schwärze ausbreitete. Von Rauch und Flammen getrieben, strömten sie heraus. Es waren Tausende, die in ihrer panischen Flucht übereinander kletterten. Sie stürmten über den Bug hinweg und quollen aus dem zerstörten Rumpf hervor. Ratten. Zu Dutzenden fielen sie ins Meer, aber für jede, die ins Wasser fiel, schafften es zehn andere an Land.
    Es war kein Versehen. Sie waren die Fracht.
    »Tötet sie!«, rief Lianov und zog den Gladius. »Tötet sie alle.«
    Die Wächter ließen die Bogen fallen und zogen Schwerter und Dolche. Zwei Männer näherten sich dem Schiff mit Pechfackeln, die Ratten kamen ihnen entgegen.
    »Setzt die Mole mit Pech in Brand«, befahl Lianov. »Wir müssen diese kleinen Biester erwischen.«
    Doch es war schon zu spät. Lianov stampfte und hackte, während die Flut der Nagetiere ihn und seine Männer überspülte. Schon rannten die Ratten zu den benachbarten Gebäuden und in die Straßen, die in die Stadt führten. Er hörte Leute kreischen und sah einige wegrennen.
    Schließlich gab Lianov es auf und ignorierte das widerliche Gefühl, als ihm die Ratten über die Stiefel huschten. Inzwischen schlugen die Flammen hoch, und über dem Schiffstand eine dicke Rauchwolke. Die letzten Nachzügler kamen heraus. Einer seiner Wächter hatte den Mut gefunden, auf die zerbrochenen Balken des Bugs zu springen. Drunten hatten die Ruderer die Arbeit eingestellt, aber das Schiff saß fest. Bogenschützen und Schwertträger kamen herbei.
    »Holt mir einen aus der Mannschaft«, sagte Lianov. »Es ist mir egal, wer es ist, solange er nur spricht.«
    Der Wächter schüttelte den Kopf und sprang wieder auf die Mole herunter.
    »Da unten herrscht ein Inferno«, berichtete er.
    »Warum fliehen sie dann nicht?«
    Der Wächter zuckte mit den Achseln. »Weil sie schon alle tot sind.«
    Lianov machte einen Schritt hin zum Schiff, aber das war trotz allem, was er gehört hatte, nicht seine dringlichste Aufgabe. So drehte er sich um und beobachtete seine Wächter, die die letzten Ratten verfolgten. Die meisten Tiere waren jedoch schon in die Stadt geflohen und verbreiteten dort, was sie in sich trugen.
    Er musste den Prätor und den Ordenssprecher erreichen und die ganze Hafenstadt unter Quarantäne stellen. Außerdem musste er einen Boten zu Katrin Mardov schicken. Nun war geschehen, was er immer befürchtet hatte. Die Tsardonier kehrten zurück, um zu vollenden, was sie zehn Jahre zuvor begonnen hatten.

 
8

    859. Zyklus Gottes,
    6.  Tag des Genasauf
     
    E r empfand Mitleid mit ihnen, auch wenn er ihren Fleiß und ihre Entschlossenheit achten musste. Eine außerordentliche Anstrengung, getrieben von einem unerschütterlichen Glauben. Doch alles war fehlgeleitet. Sie hatten die Zustimmung der Massen gesucht, obwohl sie doch besser experimentiert und gelernt hätten, um zu wachsen.
    Ihm blieb auf dem Rückweg zum Schiff, das außerhalb von Estorrs Hafen in der Bucht auf ihn wartete, ein wenig Zeit zum Nachdenken. Der Junge klammerte sich an seinen starken Körper und war so verängstigt, dass er sich kaum einmal rührte und kein Wort sagte. Es ging über sein Verständnis. Es ging auch über das Verständnis aller anderen Menschen, dabei war es doch ganz einfach. Es war lediglich eine Erweiterung der Theorie, die alle vier Aufgestiegenen seit ihrer Jugend kannten.
    Die Elemente verbinden. Sie konnten Wolken und Erde ausdünnen

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