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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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die Feuer. Bald würde wieder Schnee fallen. Tausende von Fußsoldaten stellten sich auf.
    Die anderen kamen aus dem Osten. Diejenigen, die kein Feuer und keine Deckung brauchen. Sie standen oder saßen schweigend und marschierten ohne eigenen Willen und doch sehr zielstrebig. Er wusste, wer sie waren und wer sie antrieb.
    Wo blieben die Aufgestiegenen?
    Harban zauste seinem Gorthock das Fell an Kopf und Ohren und fuhr mit gespreizten Fingern durch den dichten weichen Pelz. Das weibliche Tier knurrte. Es starrte angespannt die Eindringlinge an und wusste nicht, wie es die Witterung deuten sollte.
    »Komm mit, Wehn. Wir müssen zurückkehren.«
    Harban zog am dicken Lederhalfter des Gorthockweibchens, das sich gehorsam umdrehte. Anmutig und kraftvoll, mit der Geschwindigkeit eines Löwen, den Körpermaßen eines Bären und einem Gebiss, das Metall zerschneiden konnte. Die stärkste Waffe der Karku.
    Sie liefen durchs Tal hinauf. Zu beiden Seiten standen Karku mit Speeren, Pfeil und Bogen und Schleudern bereit. Die meisten machten grimmige Mienen. Seit dem letzten Krieg war viel Zeit verstrichen. Jetzt schon war der Berg erzürnt. Diejenigen, die heute zu den Wurzeln zurückkehren mussten, würden keinen Frieden finden.
    Der Einschnitt war an der Mündung zweihundert Schritte tief, der unebene, schwierig zu begehende Talgrund erstreckte sich aufwärts bis zu einem steilen Abhang eine Meile weiter im Süden. Dort hatte sich die Hauptstreitmacht der Karku versammelt. Ihre Gorthocks, zweihundert oder mehr, heulten, knurrten und zerrten angriffslustig an den Leinen. Sie hatten noch nicht gerochen, was Wehn gewittert hatte.
    Harban betrachtete sein Volk. Hände, die vom Dusashaar noch dunkel waren, hielten Klingen, Äxte und Hämmer. Die nackten Füße standen sicher im Schnee. Männer und Frauen der Berge mit langen Gliedmaßen und gedrungenen Körpern. Dank des Vorteils, den ihnen Gelände und Höhe gaben, waren sie genug, um eine viermal so große Armee zurückzuwerfen. In diesem Tal würde es ein Gemetzel geben, und immer mehr Karku trafen ein.
    Eine etwa doppelt so starke Streitmacht rückte nun an, doch es waren keine gewöhnlichen Kämpfer. Mut und die Bereitschaft, grässliche Dinge zu tun, würden diesen Kampf entscheiden.
    Harban stand beim Befehlshaber seiner Armee und gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass unten am Eingang des Tals alles an Ort und Stelle sei. Der Mann erwiderte das Nicken, doch sein Gesicht verriet seine Nervosität. Er war kein echter Kommandant, kein Prosentor aus Tsard und kein General der Konkordanz. Kein Del Aglios. Niemand unter ihnen besaß deren Erfahrung. Wie lange war es her, dass sie einer echten Bedrohung ausgesetzt gewesen waren? Hundertsiebzig Jahre. Zwar hatte es Scharmützel an den Grenzen und Streit um die Erze gegeben, ja. Kleine Kämpfe, die rasch wieder vorbei gewesen waren. Aber jetzt dies. Es war ein Angriff auf das Netz, das alle Karku miteinander verband. Auf so etwas konnte man sich nicht vorbereiten.
    Die Gorthocks witterten die Feinde. Etwas Fremdes stieg ihnen in die Nasen und ließ sie aufbrüllen. In der ganzen Armee breitete sich das Heulen aus. Es war ohrenbetäubend, brachte das Blut in Wallung und rief die Berge an, ihnen Stärke zu verleihen. Das war alles, was sie hatten. Die Entschlossenheit, weiterhin zu leben, wie sie immer gelebt hatten, und die Empörung, dass jemand ihnen dies nehmen wollte.
    Doch auf dem Talgrund kam neben einer geordneten, disziplinierten Truppe noch etwas, das sie noch nie gesehen hatten. Harban betete zu Stein und Himmel, dass er den Tag überstehen und noch einmal die Morgendämmerung sehen möge.
    Mirron würgte. Ihre Beine waren bleischwer, und sie sank auf die Knie, musste sich sogar mit den Händen abstützen, um nicht zu fallen, und riss die Hände sofort wieder zurück, weil sie das kranke Gefühl, das durch ihre Finger kroch, nicht ertragen konnte.
    »Schatzkanzler!«, rief Harkov. Er kniete sich neben ihr auf den vereisten Abhang, der tiefer nach Kark hineinführte. »Mirron?«
    Sie rang keuchend nach Luft, während die Übelkeit durch ihren Körper flutete und einen bitteren Nachgeschmack hinterließ. In ihrem Kopf pochte es heftig, und ihr Magen verkrampfte sich schmerzhaft. Sie kämpfte die Übelkeit nieder. Inzwischen zitterte sie am ganzen Körper und konnte sich nicht einmal mehr gut genug konzentrieren, um sich zu beruhigen. Sie wagte noch einmal, den Boden zu berühren. Nichts. Nur das kalte schlafende Leben

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