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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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auf, während Conrad den Großvater noch einmal untersuchte.
    »Er hatte ein schwaches Herz«, sagte Friedrich leise zu mir. »Schon in den Karpaten fürchtete ich um sein Leben.«
    »Aber wenn ihr ihn mit euren dummen Vermögensstreitereien nicht so aufgeregt hättet, so hätte er noch lange leben können. Utz und sein verdammtes Vermögen! Es ist Blutgeld, in den Kolonien durch Ausbeutung den Einheimischen abgepresst! Außerdem hat Utz sich in den Karpaten noch bester Gesundheit erfreut und wird vermutlichewig leben. Es ist darum völlig irrsinnig, über sein Erbe zu streiten. Konntet ihr nicht wenigstens heute, an meinem Hochzeitstag, einmal friedlich miteinander umgehen?«
    Und weil Hansmann sich verdrückt hatte, bekam Friedrich meine ganze hilflose Wut zu spüren. »Du nennst dich Pazifist und kannst nicht mal in der eigenen Familie Frieden halten!«
    »Aber Amanda, es ging nicht nur um das Geld, es ging darum, dass endlich deine Entmündigung aufgehoben wird. Es ist doch kein Zustand, dass du nur von Hansmanns Gnaden heiraten kannst!«
    Ich unterbrach ihn.
    »Hör auf, Friedrich! Hier im Angesicht des Toten und unserer Gäste sind wirklich nicht Zeit und Ort, das zu besprechen.«
    Ich schaute mit tränenverschleiertem Blick auf Großvater Vanderborg nieder und fragte mich verzweifelt, wie es nun weitergehen sollte. Ein Leben ohne ihn war für mich nicht vorstellbar, denn er war mir gerade in letzter Zeit ein unschätzbarer Freund und Berater gewesen. Außerdem alimentierte er mich, denn Friedrich hatte ja recht, ich verfügte über keinerlei Geldmittel, um mich selbst zu erhalten.
    »Legt ihn auf eine Chaiselongue dort am Fenster«, gab Conrad nun Anweisung.
    »Es tut mir so leid, Amanda«, sagte er mitfühlend, zog mich in seine Arme und strich mir geduldig tröstend über die Schulter, bis sich mein Weinkrampf gelegt hatte.
    Dann gingen wir gemeinsam hinüber zum Fenster, um bei Großvater Vanderborg die Totenwache zu halten.
    Friedrich telefonierte inzwischen nach einem Bestattungsunternehmer, während Hansmann die Feier aufgrund des tragischen Todesfalles für beendet erklärte.
    Conrad war verstörter, als ich zunächst angenommen hatte, und als ich ihn am Abend darauf ansprach, murmelte er: »Versprich mir, dass du deswegen kein neues Trauma entwickelst, Amanda … Es war für ihn an der Zeit und er war glücklich, weil er dich verheiratet und in sicheren Verhältnissen wusste bei einem Mann, der dich liebt. Der Abschied ist ihm leicht geworden.«
    Ich verstand ja, dass er mich trösten wollte, aber ich war dennoch untröstlich. Wegen Großvaters Tod und wegen der geplatzten Hochzeitsfeier. Alles nur, weil sie unbedingt bei Hansmann stattfinden musste, viel zu groß und mit viel zu viel Aufregung. In der Brüderstraße oder auf Blankensee in kleinem Rahmen wäre das nicht passiert. Friedrich hätte nicht wie in der Villa bei Hansmann einen Neidanfall wegen des verschwenderischen Luxus bekommen, wäre nicht mit seinem Bruder aneinandergeraten und der Großvater hätte nicht dazwischengehen müssen und würde noch leben.
    »Abschied ist für die Sterbenden meist leichter als für die Lebenden. Du hast keine Vorstellung davon, was ich wirklich verliere.«
    »Doch«, widersprach mir Conrad. »Ich habe ihn schließlich in den Karpaten sehr gründlich kennengelernt. Sein Tod ist ein großer Verlust für die ganze Familie. Ich hätte unser Kind gerne noch auf seinen Knien reiten sehen.«
    Genau in dem Moment verspürte ich eine heftige Kindsbewegung, es fühlte sich an wie ein Faustschlag von innen gegen meine Bauchdecke. Ich war wie elektrisiert, und auch Conrad legte sofort seine Hand auf meinen Bauch, um ebenfalls sein Kind zu spüren. Und das kleine Wesen tat ihm den Gefallen und trat noch einmal kräftig aus.
    Und da war das Glück dann doch wieder da. Wir küsstenuns und versprachen einander, ewig treu zu sein, uns stets die Wahrheit zu sagen und uns alles zu verzeihen, was Liebe verzeihen kann.
     
    Eigentlich hatten wir eine Hochzeitsreise nach Venedig geplant, aber das war nun durch den plötzlichen Tod von Jakob Vanderborg natürlich nicht mehr möglich. So ergriff ich Conrad bei der Hand und verließ heimlich mit ihm die sich ohnehin auflösende Feier. Wir stiegen in Conrads Automobil und fuhren noch in der Nacht hinaus nach Blankensee. Es war der einzige Ort, an dem ich meine Hochzeitsnacht verbringen wollte. Hier, wo meine Mutter und Amadeus so glückliche Stunden verlebt hatten. Hier, wo es ihnen

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