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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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glaube nicht, dass es die Tatsache war, ihn bei einer seiner Orgien überrascht zu haben, die ihn erbleichen ließ. Vielmehr musste es mein Anblick gewesen sein.
    Utz ließ die Hure fahren und kam schwankenden Schrittes auf mich zu. Er schrie nicht und er tobte nicht, wie es sonst seine Art war, sondern klatschte nur in die Hände und rief nach dem Personal.
    »Bringt meine Frau in ihr Schlafzimmer!«, ordnete er an. »Helft ihr beim Entkleiden und reicht ihr einen Tee.«
    Und als ich von zwei Dienstmädchen weggeführt wurde, sagte er überaus höflich und mit einem ehrlich besorgt klingenden Unterton in der Stimme: »Wir reden morgen, wenn Ihr ausgeruht und zu Euch gekommen seid.«
    Ich folgte wie eine Marionette, und als ich gewaschen in einem weißen Hemd aus feinem Batist in dem großen Bett lag, das ich kaum benutzt hatte, das aber wohl gerade deswegen die wunderbare Erinnerung an meine heimliche Hochzeitsnacht mit Amadeus für alle Zeiten konserviert zu haben schien, beschloss ich endgültig, das Kind zur Welt zu bringen.
    Am nächsten Morgen ließ sich meine Schwangerschaft vor Utz natürlich nicht verbergen. Er reagierte völlig untypisch hocherfreut und schimpfte nur mit mir, weil ich ihn nicht früher davon in Kenntnis gesetzt hatte.
    »Zu dumm, dass ich schon morgen nach Afrika aufbrechen muss, aber die Gläubiger drängen mich, die Schäden, die der Herero-Aufstand bisher angerichtet hat, selbst in Augenschein zu nehmen. Dieses verdammte Pack wird mich ein Vermögen kosten. Ich hoffe, von Trotha hat sie alle zum Verrecken in die Wüste geschickt!«
    Ich enthielt mich jedes Kommentars, wünschte ihm gutes Gelingen für seine Reise und bat dann darum, nach Blankensee zurückkehren zu dürfen. Er stimmte zu, begehrte aber zu wissen, warum ich überhaupt nach Berlin gekommen sei, wenn ich nicht, wie von ihm gefordert, wieder in sein Haus einziehen wolle. Um ihn nicht unnötig zu verstimmen, vertröstete ich ihn auf einen Zeitpunkt nach seiner Rückkehr aus Afrika und belog ihn schamlos über den Grund meines Ausflugs nach Berlin. Ich erzählte, dass Vanderborg mir berichtet hätte, er müsse schon bald wieder in die Kolonien aufbrechen, und da er noch nichts vonseiner Vaterschaft gewusst hätte, wäre es mir ein Bedürfnis, ja eine Pflicht gewesen, ihn aufzusuchen, um ihn von diesem Glück noch vor seiner Abreise in Kenntnis zu setzen. In meinen Händen brach mir der Schweiß aus und mir war ganz übel angesichts meiner Falschheit und Dreistigkeit, aber es musste sein. Und tatsächlich sonnte er sich im Glanz seiner vermeintlichen Vaterschaft und ging hinüber in sein Arbeitszimmer, um von dort eine schwarze, mit Samt beschlagene Schatulle zu holen.
    Utz öffnete sie mit einem goldenen Schlüssel, den er an seiner Uhrkette trug, schaute eine Weile hinein und nahm dann etwas heraus. Er griff nach meiner Hand und steckte an den Mittelfinger einen Ring mit einem funkelnden Brillanten.
    »Für die Mutter meines Sohnes«, sagte er dabei, führte meine Hand an seinen Mund und drückte, nachdem er einen Moment nachdenklich das Funkeln des Diamanten betrachtet hatte, einen schmatzenden Kuss auf den Handrücken. »Ich werde dem Kapitän Dampf machen und zurückkehren, so schnell es geht.«
    Was mich betrifft, täte das nicht not, dachte ich, starrte aber den Schmuck an meiner Hand sprachlos an. Zu unerwartet kam diese Großzügigkeit nach all dem, was ich durch Utz erlitten hatte. Er geleitete mich später sogar noch zur Kutsche und verabschiedete sich mit besten Wünschen für mich und das Kind.
    Ich war nahe daran, mich erneut zu übergeben, weil ich mich so vor mir selber ekelte, als Mathias endlich die Peitsche über den Köpfen der Pferde knallen ließ und die Rösser davonstoben.
    In meinem Bauch rührte sich etwas. Ein kleiner Fuß stieß gegen seine Gefängniswand. Mir schossen dieTränen in die Augen und ich presste die Hand vor den Mund, um nicht zu schreien, als die Erinnerung an den zerfetzten Säugling im dreckigen Handstein in mir hochstieg. Ich zog den Diamantring vom Finger und ließ ihn in meine Manteltasche gleiten. War Utz wirklich so überheblich und verschwendete nicht einen Gedanken darauf, dass statt seiner auch Amadeus der Vater meines Kindes sein könnte?
    »Amadeus«, schluchzte ich, »Liebster, warum bist du nicht bei mir? Dich brauche ich, deine Liebe, nicht Gold und Diamanten von Utz!«

    Noch bevor er zu seiner Reise aufbrach, veranlasste Utz, dass in Blankensee die nötigsten

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