Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
Vom Netzwerk:
Ewigkeit und irgendwann würde der Moment kommen, wo er sie ganz mit mir teilen würde.

    Als Amanda fünf Jahre alt war, prosperierte das Gut und wir verfügten bereits über zwölf Stuten und drei Hengste und sahen sechsfachem Nachwuchs entgegen.
    »Das wird eine schöne Stange Geld bringen, wenn wir die Einjährigen verkaufen«, sagte ich zu Amadeus, während wir im Herbstwind eines trüben Tages am Gatter standen und den Pferden zusahen. Amanda war auf das Tor geklettert und juchzte und schrie vor Begeisterung.
    »Sie sollte nun bald das Reiten lernen«, meinte Amadeus. »Sie ist ein ungezügelter Wildfang und es täte ihr gut, sich in ein paar Regeln zu fügen.«
    »Aber dazu ist sie noch zu klein«, lehnte ich seinen Vorschlag ab. »Sie spielt mit den Hühnern und dem Hund, die Pferde sind zu gefährlich für sie.«
    Doch Amadeus lachte und nannte mich eine Mutterglucke, die überängstlich nicht bereit sei, ihr Küken flügge werden zu lassen. Er war selbst ein passionierter Reiter, und so nutzte er die nächsten Besuche, um Amanda sattelfest zu machen und dann mit ihr auszureiten.
    Pferdenärrisch wie er wurde Amanda bald seine gelehrige Schülerin. Wie sie so beide nebeneinander auf den Pferden saßen, der stolze Mann und das süße kleine Mädchen, und in den Sonnenaufgang hineinritten, hatte ich nicht mehr die geringsten Zweifel, dass sie Vater und Tochter waren, ein so harmonisches Paar bildeten sie.
    Es war wenige Tage später, als ich Amanda weinend im Hühnergehege sitzen sah, sie hielt ein Huhn ohne Kopf am Hals und war blutüberströmt. Käthe und Gretchen liefen in höchster Aufregung herbei und konnten sich gar nicht erklären, was geschehen war. Ich schon. Ich sah den abgebissenen Kopf des Huhnes im Mist am Boden liegen und die Blutspuren an Amandas Mund.
    So rannte ich zu ihr, riss sie vom Boden hoch und stürzte, sie an mich pressend, mit ihr ins Haus und in mein Badezimmer, wo ich die verdächtigen Spuren sofort miteinem Waschlappen beseitigte. Dann setzte ich sie in die Badewanne.
    Amanda weinte noch stärker, weil sie dachte, dass ich ihr böse wäre, aber als ich sie gesäubert und in ein frisches Badetuch gewickelt hatte, nahm ich sie auf meinen Schoß und streichelte sie.
    »Alles ist gut«, flüsterte ich, »du brauchst keine Angst haben. Alles ist gut.«
    Sie schluchzte noch ein paarmal herzerweichend auf, dann legte sie ihr Köpfchen an meine Brust und schloss die Augen.
    »Ist das Huhn jetzt tot?«, fragte sie ganz plötzlich und blickte mich traurig aus ihren großen blauen Augen an. »Ich wollte nicht, dass es tot ist, aber ich war auf einmal so durstig …«
    Dann schlief sie ein.
    Ich saß lange so da mit ihr auf meinem Schoß, bis Käthe kam, um Amanda in ihr Bett zu bringen. Ich erzählte ihr, dass wohl ein Fuchs in das Gehege eingedrungen wäre und Amanda, völlig schockiert, das tote Huhn vorgefunden hätte. Was wohl recht glaubhaft klang. Dennoch würde ich meiner Tochter sagen müssen, dass kleine Mädchen Hühnern nicht den Kopf abbeißen sollten, selbst dann nicht, wenn sie Vampirinnen waren.
    In dieser Nacht holte ich noch einmal das magische Buch aus der Schublade meines Sekretärs und schlug das Kapitel über die Vampire auf. Ich hatte darin nämlich etwas über ein Vampirkind gefunden, das ich nun aus gegebenem Anlass noch einmal nachlesen wollte. Bisher hatte ich noch die Hoffnung hegen können, Amanda würde ein ganz normales Menschenkind werden, nach dem heutigen Ereignis schien mir jedoch die Möglichkeit nicht mehrausgeschlossen, dass sie mein vampirisches Erbe in sich trug.
    So blätterte ich mich recht hastig zu der Stelle durch. Sie handelte von dem einzigen bisher berichteten Fall, in dem eine Vampirin das Kind eines Menschen zur Welt gebracht hatte. Es war allerdings ein Junge.
    Bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr wuchs er unauffällig heran. Dann verliebte er sich in ein Dorfmädchen, und als es seine Liebe nicht erwiderte, biss er es ohne Vorwarnung in den Hals und trank sein Blut, bis es totenbleich wurde und starb. Von diesem Zeitpunkt an alterte er nur noch, wenn er nicht regelmäßig Menschenblut zu sich nahm. Als man ihn nach ein paar Jahren stellte und wegen seiner Morde in ein Verlies warf, verf iel er dort rasch und lag endlich in einer Totenstarre da. Man begrub ihn dieserhalb auf dem Acker neben dem Friedhof, wo die Gottlosen ruhen. Aber er erhob sich in der anderen Nacht aus der Gruft und trieb fortan sein Unwesen, bis er das ganze Dorf

Weitere Kostenlose Bücher