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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Eisenklammer seiner Hände. Ich rannte fort, so schnell ich konnte, die Angst wie einen Schwarm Erinnyen als kreischenden Schleier hinter mir herziehend.
    »So bleiben Sie doch stehen! Halt! Sie sind mir eine Erklärung schuldig! Halt! Hilfe! Obrigkeit!«
    Die Erklärung, die er begehrte, bekam er dann wohl auf der Gendarmerie, wo er den seltsamen Überfall gemeldet hatte, und von Ludolf Radke, der am übernächsten Tag in der Berliner Morgenpost ein Interview mit ihm veröffentlichte und unter der Überschrift Blutsaugende Vampirin von Berlin gestellt! erneut Spekulationen der wildesten Art über den Serienmörder anstellte, der sich für ihn ja nun als Serienmörderin entpuppt hatte. Der junge Mann war nicht nur gut aussehend, sondern auch noch intelligent und von einer ausgezeichneten Beobachtungsgabe, weshalb ich sofort totenblass wurde, weil er eine sehr genaue Beschreibung von mir hatte geben können. So hörte ich in meiner stummen Panik kaum hin, als Vanderborg darüber sinnierte, ob ernicht doch noch einmal eine Vampirfangmaschine konstruieren sollte.
    »Stell dir nur vor, Estelle, mir ginge dieses Ungeheuer in die Falle – mein Ruhm würde unglaublich sein.«
    Dazu verbot sich mir nun freilich jeder Kommentar und deshalb raffte ich meine Sachen zusammen und reiste so schnell wie möglich und in allergrößter Sorge ab. Es war das erste Mal, dass mir eines meiner Opfer lebend entkommen war, und noch nie stand ich so nahe davor, entdeckt zu werden!
    Zwei Tage lebte ich in erbarmungsloser, dumpfer Angst und überlegte verzweifelt, ob das, was der junge Mann von mir gesehen hatte, ausreichen würde, um mich als die blutrünstige Serienmörderin zu entlarven. Dann klopfte Ludolf Radke plötzlich auf Blankensee an die Tür.
    »Darf ich eintreten?«
    In recht anbiederndem Tonfall bat er um eine Unterredung, was mich nichts Gutes ahnen ließ. Ich führte ihn in das Büro und er hockte sich daselbst auf den Besucherstuhl vor meinem Schreibtisch, während ich mich in den bequemen Sessel dahinter setzte und durch diese Geste versuchte mir Mut zu machen für das, was nun kommen würde. Das wollten wir doch einmal sehen, wer hier Herr und wer Knecht war. Allein meine Überheblichkeit sollte mir sehr schnell vergehen.
    Schon der Umstand, dass Radke sich konsequent der immer weiter um sich greifenden Form des Siezens bediente, die in den besseren Kreisen weiterhin eher verpönt war, hätte mich warnen können, dass von seiner Seite kein Respekt zu erwarten war.
    »Frau Utz, es ist mir recht, dass Sie mich hier empfangen, denn dieser Raum ist sehr passend für das, was ich mitIhnen zu besprechen habe. Es ist nämlich eher geschäftlicher Natur.«
    Ich konnte mir zwar kein Geschäft vorstellen, das ich mit Radke gemeinsam abzuwickeln hätte, aber es beruhigte mich, dass er nicht von privaten Dingen anfing.
    »Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass Ihr Gemahl, der Herr Utz, mich seit geraumer Zeit in seinen Diensten hat, damit ich ihm den Mörder von Madame Chantal, Gott hab sie selig, liefere, der, wie wir wissen, identisch ist mir dem Serientäter, der Berlin seit nahezu einem Jahrzehnt unsicher macht. Genau gesagt, seit Ihr Herr Vater mit einer Vampirfangmaschine experimentierte und sogar eine Expedition in die berüchtigten Karpaten wagte.«
    Er hielt inne und sah mich durchdringend an, während er seine Pfeife nachstopfte.
    »Sie werden so bleich. Ist Ihnen nicht gut? Soll ich nach Wasser schicken?«
    Ich schüttelte den Kopf und versuchte mich zu fangen, obwohl mir eine klamme Kälte den Rücken herunterlief und von dort auf Arme und Beine ausstrahlend mich bald am ganzen Körper frösteln ließ.
    »Worauf wollt Ihr hinaus?«, fragte ich trotzdem tapfer.
    Radke schmauchte sein Pfeifchen und erhob sich aus dem Stuhl. Er ging auf und ab und tat, als wäre es sein Büro, in dem er mich verhörte.
    »Sie müssen doch zugeben, Frau Utz, dass, wo immer der Mörder sein Unwesen trieb, auch Ihre Familie nicht weit war.
    Und da der Herr Vater schon rein gewerbsmäßig sehr feine Tricks auf Lager hat, sich das Übernatürliche dienstbar zu machen, so darf die Frage wohl erlaubt sein, ob Ihnen nicht schon selber ein Verdacht gekommen ist …«
    Er ließ die Anschuldigung gegen Vanderborg im Raum stehen, doch weil sie so abstrus war, was mich doch sehr erleichterte, hielt ich sofort dagegen.
    »Was nehmt Ihr Euch heraus? Wie könnt Ihr solche haltlosen Anschuldigungen erheben? Vanderborg steht jeden Abend bis in die Nacht im

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