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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Identität gehabt hätte, so wären sie nun endgültig ausgeräumt. Wie konnte er mich so schamlos belügen? Das quälte mich doch mehr, als ich wahrhaben wollte, denn ich hatte unsere Liebe bisher für etwas Einzigartiges und Einmaliges gehalten.
    Mit einem entsetzlichen Gefühl von Leere in mir legte ich die Fotoschachtel wieder in die Schublade. Das Foto von Amadeus nahm ich mit und ging mit mechanischen Schritten zurück in mein Zimmer. Dort stellte ich es neben mein Bett und legte mich hin.
    Als ich die Augen schloss, hatte ich plötzlich den Eindruck, an Estelles Schreibtisch zu sitzen. Ich schrieb etwas auf einen schönen Büttenbogen und stellte es dann in einem Rahmen auf den Nachttisch.
    Größeres wolltest auch du, aber die Liebe zwingt
    All uns nieder, das Leid beugt gewaltiger
    Doch es kehret umsonst nicht
    Unser Bogen, woher er kommt.
     
    Ich stöhnte gequält auf, denn ich wusste, ich hatte die Wurzeln zu meiner Familie und zu meiner Heimat nun doch abgeschlagen, und es tat so unendlich weh!
    Meiner Mutter sagte ich am nächsten Tag nichts von dem, was auf Blankensee passiert war. Nur dass mein Entschluss, das Gut zu verkaufen, nun feststünde. Sie nahm es mit sichtbarer Erleichterung auf. Nach dem, was dort mit meinen Freunden geschehen war, hatte sie wohl auch nichts anderes erwartet.
    Marc hingegen riet mir, als wir am Nachmittag darüber sprachen, doch erst einmal abzuwarten und Gras über alles wachsen zu lassen.
    »Die Zeit heilt viele Wunden«, meinte er. »Das Gut lag so lange in einem Dornröschenschlaf, es kann auch noch etwas weiterschlummern. Niemand zwingt dich, sofort mit der Renovierung fortzufahren.« Er strich mir liebevoll übers Haar. »Das läuft uns doch nicht weg. Freu dich doch erst einmal auf die neue Theatersaison und deine erste richtige Rolle in dem Vampirmusical!«
    Bei dem Wort Vampir krampften sich mir sogleich die Eingeweide zusammen, und ich musste mich schnellstens auf die Toilette verdrücken, damit Marc nicht sah, wie mir die Tränen in die Augen schossen.
    Warum, verdammt, war es denn nur so schwer, diese blutsaugerische Verwandtschaft einfach zu vergessen? Aber es war tatsächlich so, dass, je mehr Tage darüber hingingen, ich immer mehr Abstand zu Amadeus und denEreignissen auf Blankensee gewann. Isabell stellte dabei wieder einmal eine große Hilfe dar, denn sie zwang mich, mit ihr die Musicalrollen zu lernen, und angesichts dieser spritzigen Komödie erschien mir alles, was ich erlebt hatte, einschließlich meiner romantischen Träume, einfach nur noch wie ein makaberes Hirngespinst. Wahrscheinlich hätte mich hin und wieder mal jemand kneifen müssen, dann wäre ich vielleicht eher aufgewacht!
     
    An einem heißen Abend im August – die Hitze stand flirrend in den Berliner Straßen und Hinterhöfen – kamen wir von der Probenbühne des Musicaltheaters in die überhitzten Garderobenräume und fühlten uns wie kurz vorm Überkochen.
    »Ich kriege einen Hitzschlag, wenn mir jetzt nicht mal jemand was Kaltes zu trinken bringt«, keuchte Isabell und hatte tatsächlich üble Schatten unter den Augen. Die Vampirin nahm man ihr heute auch ungeschminkt ab.
    Ich hingegen war krebsrot im Gesicht und der Schweiß lief mir in Bächen über die Wangen.
    »Wollen wir ins Kino gehen?«, schlug ich vor. »Da ist es immer so schön kühl.«
    »Gute Idee«, meinte Isabell, und nachdem wir uns notdürftig frisch gemacht und uns in unsere Straßenkleidung geworfen hatten, steuerten wir das nächste Multiplex an.
    Dort sanken wir mit Kinomenü – Popcorn und Cola – ausgestattet in die plüschigen Sessel und entspannten bei »Fluch der Karibik«. Nein, was war Jonny Depp mal wieder gut drauf ! Und auch die Klimaanlage hielt, was wir uns von ihr versprochen hatten. Herrlich!
    Als wir relaxed das Kino verließen, um uns in der hereinbrechenden Dämmerung zu Fuß auf den Heimweg zu machen,schlug uns allerdings immer noch die stehende Hitze des Tages unerträglich entgegen. Also steuerten wir eine auf dem Weg liegende Eisdiele an und strandeten auch noch an den Stehtischen einiger Bierkneipen, an denen wir zwangsläufig vorbeigehen mussten. So wurde es unbemerkt Nacht, was den Vorteil hatte, dass die Temperaturen nun ein wenig angenehmer wurden.
    Wir hatten Kreuzberg erreicht und waren nur noch wenige Häuserblöcke von unserer WG entfernt, als ich hinter uns Schritte hörte, die uns regelmäßig folgten.
    Nun ist das in Berlin nichts Ungewöhnliches, denn auch nachts schläft

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