Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa
ungeduldig.«
Mich überflutete ein so gewaltiger Hass, dass er sich sogar Utz unmittelbar mitgeteilt haben musste, denn sein Griff lockerte sich für einen Wimpernschlag und ich riss mich mit der Kraft der Verzweiflung noch einmal von ihm los.
Im selben Moment, in dem ich mich zu Boden warf,setzte Maschinengewehrfeuer ein. Die Wucht der aufprallenden Geschosse ließ Utz und seine Begleiter zurücktaumeln, und weil nun ihre Wunden wohl doch zu zahlreich wurden und an ihren Kräften zehrten, drehten sie sich um, sprangen in Riesensätzen über die noch in ihrem Weg stehenden Einsatzfahrzeuge und jagten in die Dunkelheit davon.
Jemand hockte sich zu mir und zog meinen Oberkörper vom Boden hoch. Völlig benommen lehnte ich mich gegen meinen Helfer und schloss für einen Moment die Augen. Als ich sie wieder aufschlug, sah ich in das besorgte Gesicht von Kommissar Werner, in dessen Armen ich blutverschmiert lag.
»Louisa?«, fragte er erstaunlich sanft und tätschelte mir die Wange. »Louisa? Wie geht es Ihnen?«
Ich war noch völlig von seiner Anwesenheit überrumpelt und murmelte darum nur fassungslos: »Es … es könnte besser sein … Wo … wo … kommen Sie denn plötzlich her?«
Er zuckte die Achseln und reichte mich an die Sanitäter der inzwischen eingetroffenen Notfallrettung weiter. Die packten mich sozusagen in Watte, um mich in eine Klinik zu fahren, denn ich hatte, offenbar unter Schock stehend, gar nicht gemerkt, dass mir einige Splitter der Autoscheibe im Rücken steckten. Zusammen mit mir wurde auch Isabell auf einer Trage in den Krankenwagen geschoben. Sie war wieder bei Bewusstsein und ein Leuchten ging über ihr Gesicht, als sie mich sah.
»Na, dann«, meinte ich sarkastisch. »Da müssen die Typen jetzt ihr Opferfest wohl ohne uns feiern!«
Aber bei mir dachte ich, dass ich leichtsinnigerweise die Gefahr, die von Utz ausging, unterschätzt hatte. OhneKommissar Werners unverhoffte Straßensperre hätte heute zweifellos mein letztes Stündchen geschlagen.
Als der Krankenwagen mit Sirene und Blaulicht nach Potsdam fuhr, fragte ich mich, ob es nicht zu leichtfertig von mir gewesen war, Amadeus’ Hilfe gegen Utz auszuschlagen.
Eins stand jetzt jedenfalls fest: Wenn Utz mich wollte, konnte ich ihm auf Dauer nicht entkommen. Auch die Polizei würde letztlich nichts gegen ihn ausrichten können. Dies war eine Sache zwischen mystischen Wesen. Zwischen den Przytuleks und dem dunklen Zweig der Vanderborgs. Ich konnte davor nicht fortlaufen, sondern würde mich stellen müssen … und schaudernd sah ich vor meinem inneren Auge bereits Utz’ Werwölfe ihre Klauen nach mir ausstrecken.
A
ber erst einmal hatte mich Kommissar Werner in seinen Klauen. Am nächsten Morgen kurz nach dem Aufwachen tauchte er an meinem Krankenbett auf. Er sah übernächtigt und deprimiert aus. Kein Wunder, denn die Rettungsaktion war nicht ohne Verlust an Menschen und Material abgelaufen: zwei völlig ausgebrannte Streifenwagen, ein demolierter Mannschaftsbus, zwei durch Querschläger schwer verletzte Polizisten und ein in Lebensgefahr schwebender Kommissar der SOKO Blankensee mit schrecklichen Fleischwunden, die er in einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit dem hünenhaften schwarzen Begleiter von Utz erlitten hatte. Eine ziemlich schlechte Bilanz für den Herrn Kriminalhauptkommissar.
»Was sind das für Leute, Frau Berger?«, fragte Wernerentsprechend missgelaunt. »Was wollen die von Ihnen? Warum haben Sie mir nichts von denen erzählt?«
»Weil ich sie nicht kenne«, blockte ich sofort ab.
»Das sieht Ihre Freundin aber anders.«
»Ach ja?«
Ich schaute ihn misstrauisch an. Dann hatte er mit Isabell also schon vor mir gesprochen. Das war allerdings etwas unangenehm, denn ich fragte mich natürlich gleich, was sie von der ganzen Sache mitbekommen hatte? Ehe ich etwas Falsches sagte, schwieg ich daher lieber erst einmal, was Werner natürlich noch weiter verärgerte.
»Ich hatte eigentlich mit etwas mehr Kooperation von Ihnen gerechnet«, nörgelte er an mir herum. »Sie können nicht erwarten, dass ich Sie weiter schütze, wenn Sie mir gegenüber nicht mit offenen Karten spielen. Ich kann meine Leute nicht blind in eine Schlacht mit Wahnsinnigen schicken!«
Er kniff seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und blickte mich an, als ob er in die Sonne blinzeln würde. Dabei bildete sich zwischen Augenbrauen und Nasenwurzel eine tiefe, steile Falte. Er sah dadurch frustriert und streng aus.
»Noch
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