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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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antun!
    »Aber du musst kommen! Gerade weil ich diesmal bestehen werde. Da müssen wir doch feiern!«
    »Ich muss sehen, wie ich das regeln kann«, sagte sie und es klang so, als könnte sie es nicht regeln, und so war es dann auch. Kurz vor der Aufführung schickte sie mir eine SMS, wünschte mir viel Erfolg und sagte mit Bedauern ihre Teilnahme ab. Ich rief sie ziemlich sauer zurück.
    »Das kannst du nicht tun«, schnauzte ich sofort los. »Dein Chef ist ein ganz gemeiner Ausbeuter! Du solltest längst kündigen!«
    »Pst«, wisperte sie. »Ich … äh … bin an der Rezeption … Es ist viel los, er steht genau hinter mir. Es … es tut mir so leid … aber wir feiern dann nach … nur wir beide … im KaDeWe. Toi, toi, toi!«
    Sie hängte mich einfach ab.
    »Sie kann doch nichts dafür«, versuchte mich Isabell zu trösten. »Wenn sie im Job so dringend gebraucht wird.«
    »Sie wird immer dringend gebraucht! Ihr Chef ist ein Ausbeuter.« Ich seufzte. »Was wäre das schön, wenn wir aus Blankensee wirklich ein Wellnesshotel machen könnten und sie endlich ihr eigener Herr wäre! Ist doch Mist, immer nur für andere zu schuften und nie auf einen grünen Zweig zu kommen!«
    Isabell grinste. »Tun wir denn was anderes?«
    Ich sah sie fragend an. »Das meinst du doch jetzt nicht ernsthaft als Frage? Wir verwirklichen uns immerhin selbst, während sie total entfremdet schuftet.«
    »Na ja, schaun wir mal, wie es dann bei dir nach dem Examen mit der Selbstverwirklichung aussieht. Vermutlich kannst du doch gar nicht wählerisch sein und musst jede Rolle annehmen, die sich dir bietet. Denn … erstens, vergesst nicht, kommt das Fressen!«
    Ich lachte über ihr treffendes Brechtzitat und machte mich ins Theater davon. Gott, war ich aufgeregt.Die Aufführung der Abschlussklasse war dann … sagen wir mal … ziemlich extrem. Ich spielte mir die Seele aus dem Leib und wühlte dermaßen lustvoll in Blut und Schlachtabfällen, dass mich selbst Roger in der Pause zu bremsen versuchte.
    »Mädchen, denk dran, es ist nur ein Stück … Du sollst es überleben.«
    Das hatte ich vor und bluttriefend schritt ich in meinem dünnen Hemd zu Elektras letztem Akt: Ihr Bruder Orest ist zurückgekehrt und hat Aegisth, den Thronräuber und Mörder seines Vaters Agamemnon, getötet. Der Hof liegt voller Leichen. Alle, die noch leben, sind mit Blut bespritzt, doch sie jubeln und jauchzen. Elektra kauert auf der Schwelle.
    … alle warten sie auf mich: Ich weiß doch, dass sie alle warten, weil ich den Reigen der Sieger und Überlebenden führen muss … doch ich kann nicht … der Ozean, der ungeheure, der zwanzigfache Ozean begräbt mir jedes Glied mit seiner Wucht … Ich kann mich nicht erheben!
    Elektras Schwester Chrysothemis rast vor Erregung, alle rufen nach Elektra, doch sie ist wie versteinert und setzt mechanisch Schritt vor Schritt, erstarrt blickt sie über die jubelnde Menge und spricht mit tonloser Stimme: Ich trage die Last Eures Glücks, ich tanze vor Euch her … ich tanze … ich tanze schweigend vor euch her … Folgt mir, ihr Glücklichen, und tanzt wie ich und … schweigt!
    Als ich bei Elektras letzten Worten mit einer Geste angespannten Triumphes auf den harten Bühnenboden stürzte, da war auch mein Triumph perfekt. Noch ehe Chrysothemis »Orest, Orest« schreien konnte, brandete der Beifall auf, und obwohl ich starr auf der Bühne liegen bleiben musste, schwappte er wie eine Welle über mich, in der ich mich genießerisch suhlte.
    Ich war so kaputt wie noch nie in meinem Leben und zugleich so unendlich glücklich, diese unglaubliche Herausforderung fehlerlos bewältigt zu haben.
    Als der Vorhang fiel, rannten alle, die noch auf der Bühne waren, auf mich zu, warfen sich auf mich und beglückwünschten mich.
    »Stopp«, rief Roger schließlich. »Nun bringt ihr sie nicht noch um, wo sie doch nur grade so das Stück überlebt hat!«
    Aber noch ehe sich alle wieder aufgerappelt hatten, fuhr der Vorhang zum ersten Applaus auf, und sofort ging eine Welle der Erheiterung durch das Publikum, denn der Schauspielerhaufen über und neben mir war sicherlich ein lustiger Anblick. Wir sortierten uns nun rasch auseinander und beim nächsten Vorhang standen wir brav in Reih und Glied und verbeugten uns artig. Irgendwann sank ich schlaff auf ein Podest.
    Der Vorhang blieb zu und ein paar Schauspiellehrer, Profs und natürlich Knuppers kamen auf die Bühne, um uns persönlich ihre Glückwünsche auszusprechen.
    »Bestanden!«,

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