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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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und ihn nicht zu verlieren. Schließlich bog er zum Spreeufer ab und verlangsamte dort seinen Schritt. Ich ließ mich etwas zurückfallen und beobachtete, was er als Nächstes tat.
    Er ging zum Ufer und verschwand dort in der Nähe einer Bank im Schatten eines hohen Haselstrauches. Zwei Menschen saßen auf dieser Bank, sie hielten sich eng umschlungen und schienen sich zu küssen. Offenbar ein Liebespaar, welches die laue Nacht genoss. Mein Blick ruhte noch auf ihrer dunklen Silhouette, die sich deutlich gegen das glitzernde Wasser der Spree abhob, als der Fremde aus dem Strauchschatten trat. Ehe ich überhaupt reagieren konnte, stürzte er sich auf die beiden undbrach dem Mann mit einer gezielten brutalen Geste das Genick. Mir gefror das Blut in den Adern angesichts dieses Gewaltaktes. Er schleuderte den Toten ins Wasser und griff dann nach der völlig erstarrten Frau.
    »Komm, mein Täubchen«, sagte er mit dunkler, samtiger Stimme, »lass mich deinen Schmerz ganz schnell heilen.«
    Ich sah spitze weiße Zähne aufblitzen und ein gelbes Flackern in seinen Augen, als er sich über die junge Frau beugte, sie biss und aussaugte. Als er fertig war, wischte er sich genießerisch über den Mund, murmelte: »Superb!«, und warf die Leiche dem Mann hinterher ebenfalls in die Spree.
    »So ist dort zusammen, was zusammengehört«, sagte er ironisch, drehte sich dann herum und sah mir direkt ins Gesicht. »Nicht wahr, meine Schöne? Ich bin doch kein Unmensch.«
    Er kam direkt auf mich zu und schreckensstarr erwartete ich seinen Biss.
     
    Ich erwachte schweißgebadet in dem Moment, wo ich sein Gesicht hätte erkennen müssen, aber ich war mir auch so sicher, dass ich von Amadeus geträumt hatte. Die Vorstellung, dass er ein Vampir war, wurde immer unerträglicher. Wie hatte ich nur je glauben können, in eine solche Bestie verliebt zu sein? Und je mehr ich über uns nachdachte, umso seltsamer schien mir unsere Begegnung und umso mehr Fragen warfen sich auf.
    Wie kam Amadeus eigentlich in das geheime Gewölbe? War er überhaupt ein Verwandter? Von ihm hatte ich noch nichts in der Chronik gelesen und auch er hatte mir so gut wie nichts von sich erzählt. Immer mehr gewann die Gewissheit in mir die Oberhand, dass er nicht gekommen war, um mich glücklich, sondern unglücklich zu machen. Vielleicht wollte er mich auch einfach nur von Blankenseevertreiben. Wenn er sich so gemütlich in dem geheimen Gewölbe eingerichtet hatte, wollte er gewiss nicht, dass ich mit meinen Freunden das Gut wieder in Betrieb nahm.
    Ich stand auf, um mich unter der Dusche ein wenig frisch zu machen. Ganz plötzlich hatte ich ein Motiv, und mehr denn je war ich überzeugt, dass Amadeus meine Freunde getötet hatte, egal wie sehr er es leugnete. Aber wie sollte ich das jemals einem Kriminalhauptkommissar vom Schlage Werners klarmachen? Der würde mich doch sofort in die Psychiatrie einweisen lassen.
    Blieb aber immer noch die Frage, warum Amadeus mich verschont und nicht auch getötet hatte. War es meine Rettung, dass ich bei seiner Berührung erwacht war? Aber wenn er mich zu seiner Gefährtin machen wollte, dann hatte er alle Zeit der Welt und konnte natürlich in Ruhe eine romantischere Gelegenheit abwarten.
    Vielleicht verband uns aber auch ganz etwas anderes, von dem keiner von uns beiden etwas ahnte – irgendetwas Schicksalhaftes, das so stark war, dass es ihn davon abgehalten hatte, auch mich zu ermorden. Wieder musste ich an meine Träume denken, die guten, die schönen Träumen, in denen er mir lange vor unserem ersten realen Treffen erschienen war. Wie die Verheißung einer großen Liebe war es gewesen … und nun endete alles in einem solchen Desaster.
    Meine Augen schwammen in Tränen, und ich hätte die Nacht verfluchen können, in der ich Amadeus das erste Mal begegnet war.
     
     
    D
ie Leichen unserer Freunde waren inzwischen freigegeben und Mandys und Stefans sterbliche Überreste inihre Heimatstädte überführt worden. Dort wurden sie im Kreis ihrer Angehörigen und Freunde beigesetzt.
    Nur Thomas’ Beerdigung fand in Berlin statt. Eine kleine, fassungslose Trauergemeinde, in die Marc und ich uns einreihten, folgte dem schlichten Sarg. In der Feierhalle des Friedhofs hatte er in einem Meer von Blumen gestanden. Thomas’ Mutter war während der weltlichen Trauerrede zusammengebrochen und wurde von seinem Vater hinausgeführt, der ebenfalls von dem Verlust seines Sohnes sichtbar gezeichnet war. Auch ich konnte die Tränen nicht

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