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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Louisa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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Schock inzwischen ein wenig gesetzt, denn der Mensch verfügt ja über erstaunliche Selbstschutzmechanismen. Aber nun wühlte sie natürlich alles wieder auf. Sie verlangte, dass ich sofort nach Kreuzberg kommen müsse, weil sie sonst aus dem Fenster springen würde.
    Dramatischer ging es ja mal wieder nicht, das Mädchen war wirklich für das große Kino gemacht. Aber da sie mit Mandy enger befreundet war als ich, konnte ich verstehen, dass sie völlig fertig war. Also versprach ich ihr, gleich nach meinem Termin im Polizeipräsidium nach Berlin zu kommen.
     
    Den Termin hätte ich mir dann auch sparen können.
    Inzwischen war eine »Sonderkommission Blankensee« eingerichtet worden und natürlich stand sie unter der Leitung von Kriminalhauptkommissar Werner. Er stellte mir noch einmal fast dieselben Fragen wie Kommissar Hinrichs und ließ mich dann das Protokoll von unseremGespräch unterschreiben. Jemand nahm mir eine Speichelprobe ab und eine Assistentin der SOKO im Rang einer Kriminaloberkommissarin fragte mich ziemlich penetrant nach meinen Freunden aus und wollte deren Telefonnummern haben. Neue Erkenntnisse gab es keine.
    Was die Kontaktdaten meiner Freunde anging, reagierte ich allerdings etwas störrisch, weil ich den Grund dafür überhaupt nicht einsah.
    »Aber keiner von denen war in der Nacht, als es passierte, in Blankensee«, sagte ich. »Marc war in Berlin, Isabell mit Sören zum Filmdreh in Babelsberg.«
    »Nicht weit genug weg, um nicht mit Auto oder Motorrad das Gut erreichen zu können.«
    »Aber warum? Es gab keinen Streit, wir waren beste Freunde, wir wollten zusammen das Gut renovieren, die Ferien dort verbringen … Niemand von uns wäre zu einer solchen Tat fähig!«
    »Das denkt man häufig«, sagte sie, »und dann stellt man fest, dass der Mörder gleich neben einem wohnt und ein Freund oder Verwandter ist. Die meisten Morde sind Beziehungstaten im Familien- oder Bekanntenkreis.« Sie sah mich durchdringend an. »Fällt Ihnen gar kein Motiv ein?«
    Ich schüttelte nun doch etwas ärgerlich den Kopf. »Das hat mich ihr Chef auch schon gefragt. Ich werde aber gerne noch einmal darüber nachdenken.«
    Sie stand auf und meinte ein wenig pikiert: »Dann tun Sie das. Sie wissen, dass Sie sich zu unserer Verfügung halten müssen. Sie sind unsere wichtigste Zeugin.«
    Das Wort Zeugin betonte sie sehr eigenwillig und mir war schlagartig klar, dass sie es jederzeit durch »Tatverdächtige« ersetzen konnte. Nur ich war in der Mordnacht alleine vor Ort gewesen und hatte somit nicht das geringsteAlibi. Niemand außer Amadeus konnte für mich bürgen. Mein Glück war, dass ich offenbar auch kein überzeugendes Motiv hatte, denn sonst säße ich gewiss schon in Untersuchungshaft.
    Nach dem Verhör packte ich meine Sachen und verabschiedete mich von meiner Mutter. Es war wohl besser, wenn ich nun erst mal wieder in die WG zog. Allein mit ihr fiel mir inzwischen auch die Decke auf den Kopf.
    »Meine Freunde brauchen mich jetzt«, entschuldigte ich mich.
    Aber sie hatte diesmal sogar Verständnis. »Ruf aber an und halte mich auf dem Laufenden«, sagte sie. »Und du weißt ja, du kannst jederzeit wiederkommen.«
    Ich nickte, bedankte mich und fuhr mit einem letzten Winken los. Mein Herz war schwer, denn ich fürchtete mich vor dem, was mich in Berlin erwartete.
     
    Als ich die WG betrat, befiehl mich sofort ein Gefühl von Beklemmung. Eine tödliche Leere empfing mich. Nur Isabell hockte mit einer Flasche Rotwein in der Küche. Marc war offensichtlich in die Universität geflüchtet.
    Das war ärgerlich, ich hätte ihm Bescheid sagen sollen, dass ich komme, dachte ich. Aber vielleicht war es auch ganz gut, dass ich erst einmal alleine mit Isabell sprach.
    Ich stellte mein Gepäck im Flur ab und trat leise in die Küche. Sie bemerkte mich nicht, sondern starrte stumpf in ihr Glas. Der Wein darin erinnerte mich an das Blut in den Schlafsäcken und mein Magen krampfte sich zusammen.
    Ich blieb auf der Türschwelle stehen und flüsterte: »Hallo.« Isabell fuhr herum, Panik im Blick. »Keine Angst«, sagte ich etwas lauter und trat nun ein. »Ich bin es doch nur … Louisa.«
    Sie sprang so heftig auf, dass der Stuhl polternd umfiel, und hing mir Sekunden später schluchzend am Hals. Ich schloss sie in meine Arme und wir standen eine Weile schweigend da. Auch mir kamen die Tränen. Schließlich führte ich sie in die Wohndiele und drückte sie auf das Sofa nieder, wo ich neben ihr Platz nahm. Sofort

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