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Die Dunkle Erinnerung

Die Dunkle Erinnerung

Titel: Die Dunkle Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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Ähnlichkeit mit dem Mann im Park hatte. Falls die Behörden diesen Kerl ausfindig machen konnten, würden sie vielleicht auch Cody Sanders finden.
    Erin sagte sich, dass sie alles getan hatte, was in ihrer Macht stand. Alles Weitere lag nun in den Händen von FBI und Polizei. Dennoch ging ihr Donovans Bitte nicht aus dem Kopf – es war eine leise Stimme, die ihr zuflüsterte, sie könne noch mehr tun. Doch Erin hatte nicht vor, Claire auf jenen schicksalsträchtigen Tag vor neunzehn Jahren anzusprechen.
    Claire hatte niemals über ihre Tortur gesprochen, über die Entführung oder all die Jahre, die aus ihrer Erinnerung getilgt waren. Weder mit Erin noch mit ihrer Mutter. Auch nicht mit den zahllosen Psychiatern oder Therapeuten. Mit niemandem. Was immer sie in jenen Jahren erlitten hatte, war tief in ihrer verletzten Seele eingeschlossen. Doch nachdem sie endgültig heimgekehrt war, hatte die ärztliche Untersuchung ergeben, was sie durchgemacht hatte und welch einem Monster sie in die Hände gefallen war. Zum Glück behaupteten Claires derzeitige Ärzte, dass sie sich an nichts erinnern könne. Sie habe die Erinnerung ausgelöscht, weil sie zu schmerzhaft war.
    Erin hatte das nie ganz glauben können. Ihrer Meinung nach deutete Claires Verhalten eher darauf hin, dass sie sich sehr wohl erinnern konnte, doch fehlten ihr die Worte, um ihre Erinnerung zu beschreiben.
    Trotz aller nachteiligen Umstände war es Claire im letzten Jahr stetig besser gegangen. Nach dem Tod der Mutter hatte Erin ihre Schwester nach Gentle Oaks verlegen lassen, ungefähr eine Autostunde von Arlington entfernt. Der Großteil der Lebensversicherung ihrer Mutter war dabei draufgegangen, aber die Klinik war sehr gut und hatte einen guten Ruf.
    Erin hatte folglich jeden Grund, Claires Fortschritte nicht durch die Erwähnung eines Themas zu gefährden, das ihre Schwester wieder in den Abgrund stürzen konnte. Und sie musste an Janie denken. So sehr Erin an Claires mütterlichen Fähigkeiten zweifeln mochte – Janie liebte sie.
    In Gentle Oaks eingetroffen, entdeckten sie Claire auf dem Gelände der Klinik unter einem Baum. Sie schien völlig in ihrer eigenen Welt verloren. In einem blassblauen weiten Baumwollkleid, das die helle Haut und das helle Haar betonte, saß sie auf einer Bank. Aus der Entfernung sah sie sehr jung, schön und zerbrechlich aus.
    »Mommy!«
    Claire drehte sich um, und ein Lächeln erhellte ihr Gesicht. Sie breitete die Arme aus. Janie stürzte sich hinein und warf ihre Mutter dabei fast um. Claire zog sie auf den Schoß.
    »Hast du mich vermisst?«, fragte sie und tauchte ihr Gesicht in die Locken, die ihren eigenen so sehr ähnelten.
    Janie kicherte, schlang ihre Ärmchen um den Hals der Mutter und drückte sie. »So doll!«
    »Mehr nicht?«
    Janie drückte so fest, dass die Anstrengung ihrem Gesichtchen anzusehen war. »Und so doll auch!«
    »Oh, das ist wirklich ganz doll.« Claire lachte.
    »Hast du mich auch vermisst?«, wollte Janie wissen.
    Claire löste die Arme des Kindes von ihrem Hals und lehnte sich zurück, um ihrer Tochter in die Augen zu schauen. »Natürlich.«
    »Ich hab ein Bild gemalt. Willst du's sehen?«
    »Ja, gern. Aber hilf mir erst mal aufstehen.«
    Janie ließ sich vom Schoß der Mutter gleiten und streckte die Hand aus, als wollte sie ihr aufhelfen. Inzwischen waren Erin und Marta herangekommen, und Claire nahm Marta voller Liebe in den Arm. »Kümmerst du dich auch gut um mein Baby?«
    »Mithilfe deiner Schwester …«, antwortete Marta.
    Claire wischte die Bemerkung beiseite. »Das möchte ich doch bezweifeln.« Als sie Erin ihre Wange bot, fügte sie hinzu: »Sie ist nicht der mütterliche Typ.«
    »Ich freue mich auch, dich zu sehen.« Erin gab Claire ein pflichtschuldiges Küsschen. Sie spürte die Anschuldigung, die nie offen ausgesprochen wurde, doch stets vorhanden war und unter der Oberfläche von Claires Worten schlummerte: Sie musste in dieser Klinik ausharren und die Behandlung über sich ergehen lassen, weil Erin vor Jahren versagt hatte. »Und ich kann mütterlich sein, wenn es nötig ist.«
    »Habe ich deine Gefühle verletzt?« Claire sah sie erstaunt an. »Das wollte ich nicht. Du verstehst dich halt auf andere Dinge …«
    »Kommt, setzen wir uns«, fiel Marta ihr ins Wort und löste die Spannung. »Ich habe uns was Leckeres eingepackt.«
    Claires Miene hellte sich erneut auf. Fröhlich wandte sie sich an Marta. »Ich bin dabei.« Sie hakte sich bei der Älteren unter und

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