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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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nur ein ganz gewöhnlicher Sterblicher. Dass er als Windreiter auserkoren worden war, änderte daran nichts, und sein ganzer Körper schmerzte nach diesem langen, erschöpfenden Ritt, als wäre er mit Knüppeln ordentlich durchgeprügelt worden. Sie hatten mehr als fünfzig Werst zurückgelegt, seit sie diese schreckliche Nachricht von Bahzell und Sir Jahlahan erhalten hatten, nicht eingerechnet der sechzig Meilen lange Umweg, den sie gemacht hatten, um diese Nachricht an das Gestüt am Bärenfluss weiterzugeben. Kelthys hatte diese Verzögerung
zwar nur widerwillig in Kauf genommen, hätte es sich aber nie verziehen, wäre er nicht dorthin geritten. Denn er wusste, dass die Windrennerherde vom Bärenfluss ihre Winterweiden erst Anfang der Woche verlassen hatte. Und nur ein anderer Windrenner wie Walasfro vermochte den Leithengst der Bärenfluss-Herde auf der endlosen Ebene des Windes aufzuspüren und ihn zu warnen.
    Außerdem – Kelthys blickte über die Schulter zurück zu den vierzehn reiterlosen Hengsten, die hinter ihm und Walasfro standen, ihre Nüstern blähten und ihre Köpfe in die Höhe schleuderten – war ihre Verstärkung höchst willkommen. Jedenfalls hoffte er das.
    Fast die Hälfte der erwachsenen Hengste des Bärenflusses hatten beschlossen, sie zu den Warmen Quellen zu begleiten. Das schloss sämtliche Junggesellen der Herde ein. Kelthys hatte nichts anderes erwartet, und unter gewöhnlichen Umständen wäre diese mächtige Verstärkung unbezahlbar gewesen. Aber auch wenn Bahzell und Jahlahan in ihrer Nachricht die Einzelheiten nur skizziert hatten, so wurde daraus doch ersichtlich, dass die Herde der Warmen Quellen diesem geheimnisvollen Angreifer nicht hatte widerstehen können. Was bedeutete: er und Walasfro setzten die anderen Windrenner möglicherweise einer Gefahr aus, der sie nicht begegnen konnten. Keltyhs vermochte sich zwar solch eine Bedrohung nicht einmal annähernd vorzustellen, aber was bereits geschehen war, schien ein ausreichender und zudem düsterer Beweis dafür zu sein, dass sie existierte.
    Dennoch hätte er niemals rechtfertigen können, ihnen die Entscheidung zu verwehren, sich dieser Gefahr stellen zu können. Das gehörte dazu, wenn man ein Windreiter war. Kein Windrenner hatte jemals einer Gerte oder Sporen gehorcht, und es gab auch keine Zügel an dem Schmuckhalfter, das Walasfro trug. Windrenner entschieden, wohin sie gingen und wann sie das taten. Denjenigen, die das Vorrecht genossen, ihr Leben mit ihnen zu teilen, blieb keine andere Wahl als zu
akzeptieren, dass ihre Windrenner dasselbe Recht hatten wie jeder Mensch, sich die Gefahren auszusuchen, mit denen sie es aufnehmen wollten. Und dass sie selbst entschieden, welche Opfer zu bringen sie bereit waren.
    Kelthys war seit über zwanzig Jahren Windreiter. Es gab Zeiten, so wie heute, da er es noch immer nicht fassen konnte, dass er jemals Walasfros Brüderlichkeit und Liebe gewonnen hatte. Es war nicht einmal jedem gegeben, das wusste er, nur dieses feurige, erhabene Gefühl zu erleben, das es auslöste, auf dem Rücken eines Kriegsrosses der Sothôii über die weiten Steppen zu galoppieren. Zu fühlen, wie diese mächtigen Muskeln unter einem arbeiteten, den Wind zu spüren, der einem ins Gesicht peitschte, und die Eleganz der vier Hufe zu sehen, wenn sie alle gleichzeitig vom Boden abhoben. Zu bemerken, wie seine eigenen Muskeln mit dieser Bewegung verschmolzen und sich zu diesem wilden, begeisternden Tanz verwoben. Zu wissen, dass man über das Gesicht von Toragans Eigenem Reich fegte, mit einer Geschwindigkeit, in der man mindestens dreißig Meilen pro Stunde zurücklegte, oder sogar mehr.
    Es waren diese magischen Momente, wenn Mensch und Pferd miteinander verschmolzen, wenn sie zu einem rasenden Wesen wurden, das den Charakter der Sothôii wahrhaft geformt hatte. Das war der Grund für ihre Selbstzufriedenheit, ihr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, oder, wie man es auch ausdrücken könnte, ihren Hochmut. Denn die Sothôii wussten ohne den leisesten Zweifel, dass es in der ganzen Welt keine bessere, tödlichere Kavallerie gab. Und in den Augenblicken, in denen die Hufe ihrer Rösser die Erde selbst verschmähten, erlebten sie eine Freiheit und einen Rausch, der fast wie der Hauch von Göttlichkeit schmeckte.
    Doch selbst diejenigen, die damit gesegnet waren, die Fähigkeiten eines der überlegenen Kriegsrösser der Ebene des Windes zu erleben, konnten sich nur vorstellen, und dies auch nur schwach, wie

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