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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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zusammen, als er den Ausdruck auf dem Gesicht des Menschen sah, sagte jedoch nichts, sondern wartete ab.
    »Milord Paladin«, begann Kelthys, nachdem er seine Worte offenbar noch sorgfältiger gewählt hatte als zuvor. »Ist Gayrfressa der einzige Windrenner, von dem Ihr wisst, wo er sich befindet?«
    »Wie?« Bahzell sah ihn überrascht an und schien nicht glauben zu können, dass man ihm eine derartig alberne Frage stellte. Er runzelte die Stirn, schloss die Augen und neigte den Kopf zur Seite, als lauschte er einem fernen Klang. Dann verharrte er mehrere Sekunden in dieser Haltung, seine Miene wurde ausdruckslos und er öffnete die Augen.
    »Sie ist nicht der Einzige, hab ich Recht?« Kelthys hatte Bahzell scharf beobachtet.
    »Nein«, bestätigte dieser. Er zeigte mit der Hand in die Richtung der Koppel südlich vom Stall, die von der Stelle aus, wo die beiden saßen, nicht zu sehen war. »Ich kann die gesamte Herde fühlen. Allesamt, von Gayrfressa bis zum jüngsten Fohlen.«

    »Bei Tomanâk!«, flüsterte Kelthys. Er starrte Bahzell fast eine Ewigkeit lang an, dann schüttelte er sich heftig. »Ich verstehe das nicht, Prinz Bahzell. Vielleicht liegt es daran, dass Ihr ein Paladin des Tomanâk seid. Gleichwie, aber es klingt so, als hättet Ihr eine Form des Herdensinnes der Windrenner entwickelt.«
    »Lächerlich!«
    »Allerdings, da stimme ich Euch zu, und zwar vollkommen! Wenn Euch das schon lächerlich vorkommt, so wartet ab, bis Walasfro es erfährt! Doch sagt, könnt Ihr auch einen der anderen Windrenner spüren? Oder nur die Überlebenden der Warmen Quellen?«
    »Nur Gayrfressa und ihre Herde«, antwortete Bahzell, schüttelte jedoch gleich darauf den Kopf. »Nein, das stimmt nicht ganz. Ich nehme tatsächlich noch einen anderen Windrenner wahr. Diesen großen, stichelhaarigen Rotsilbernen mit der schwarzen Mähne und dem schwarzen Schweif.«
    »Nur ihn?« Das verblüffte Kelthys. »Keinen der anderen vom Bärenfluss?«
    »Nur ihn«, bestätigte Bahzell und lächelte plötzlich. »Und jetzt weiß ich auch, warum. Bis gerade eben war es mir nicht klar, aber jetzt sticht es so deutlich heraus wie die Nase aus Brandarks Gesicht! Er ist ihr Bruder, Sir Kelthys.«
    »Ihr Bruder?« Kelthys sah den Hradani verwirrt an.
    »Ja. Er hatte eine Partnerin unter den Windrennern vom Bärenfluss, aber er hat sie vor drei Jahren bei einem Unfall verloren.«
    »Und woher wisst Ihr das alles, Milord?« Kelthys war sichtlich gefesselt.
    »Das kann ich Euch auch nicht genau sagen. Aber ich denke, dass er es uns selbst gleich erzählen wird.«
    »Er wird uns …?« Kelthys unterbrach sich, als ein Schatten vor dem Eingang die Sonne verdunkelte.
    Er schaute hoch und seine Miene verriet seine Fassungslosigkeit, als er den gewaltigen Hengst erkannte, der langsam in
den Stall schritt. Es war der stichelhaarige Rotsilberne vom Bärenfluss.
    »Genau das wird er«, fuhr Bahzell ruhig fort, während er den Windrenner nicht aus den Augen ließ. »Denn wenn ich mich nicht irre, hat er gerade festgestellt, dass er mich ebenfalls spüren kann.«
    Dieser stichelhaarige Hengst war der größte Windrenner, den Kelthys in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Sein Stockmaß an der Schulter betrug mindestens vierundzwanzig Handbreit, mehr als zwei Meter fünfzig, und er trug seinen majestätischen Schädel fast drei Meter fünfzig über dem Stallboden. Er überragte Bahzell mit seinen mehr als zwei Tonnen Hoheit und Macht und schaffte damit etwas, das keiner anderen Kreatur bisher je gelungen war: Er verkleinerte den Hradani zu einer schlichten, sterblichen Gestalt. Wo er seine Hufe hinsetzte, schien die Erde zu beben, und seine Gegenwart erfüllte nicht nur den Stall, sondern schien die ganze Welt zu verdrängen.
    Er blieb stehen, ein prachtvoller Anblick in seinem noch nicht ganz abgeworfenen Winterfell, und seine großen Augen, die nicht braun, sondern bernsteinfarben waren, fixierten Bahzell.
    Dieser stand auf, langsam, als würde er von jemandem auf die Füße gezogen, statt sich aus eigenem Antrieb zu erheben. Er war nicht einmal zwei Meter von dem Windrenner entfernt. Und dann trat er einen Schritt vor, noch langsamer, als er aufgestanden war.
    Der Windrenner blieb eine Sekunde lang regungslos stehen, vielleicht zwei. Dann senkte er seinen mächtigen Schädel und berührte mit seiner samtweichen Nase die breite Brust des Hradani. Seine Nüstern blähten sich auf, die bernsteinfarbenen Augen schlossen sich langsam, und dann atmete der

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