Die dunkle Göttin
Goldenen Tales, starrte seinen Marshall an. Sir Chalthar Ranseur erwiderte den Blick gelassen. Chalthar diente Saratic seit über zehn Jahren. Angefangen hatte er als einfacher Soldat unter Saratics Vater. Das war jetzt fast zwanzig Jahre her.
Saratic rief sich dies in Erinnerung, während er sich mühte, seinen Zorn zu beherrschen. Es gab nicht den geringsten Zweifel
daran, dass ihm Chalthar treu ergeben war, so wie es nur ein Soldat der Sothôii sein konnte, und zwar ihm, Saratic persönlich und dem Goldenen Tal. Aber seine lange Erfahrung in Diensten der Richthofs verlieh ihm auch das Recht, einen Rat zu geben, wenn er glaubte, dass sein Lehnsherr einen schweren Irrtum beging. Und genau das schien er jetzt anzunehmen.
Vermutlich wäre ich weit weniger wütend auf ihn, würde ich nicht insgeheim fürchten, dass er Recht hat , dachte Saratic finster. Das aber würde er Chalthar gegenüber niemals zugeben.
»Ja, ich bin mir sicher«, sagte er stattdessen und starrte Chalthar herausfordernd an. In dem wettergegerbten Gesicht des dunkelhaarigen, grau melierten Ritters verzog sich keine Miene. Er verbeugte sich nur einmal knapp.
»Sehr wohl, Milord«, sagte er. »In diesem Fall empfehle ich, dass wir die Dritte und Fünfte entsenden.«
Saratic spitzte die Lippen, während er gründlich über diesen Rat nachdachte. Er war genauso gerissen, wie er es von Chalthar nicht anders erwartet hatte. Denn die Dritte und Fünfte Schwadron unterschieden sich sehr von seinen anderen Truppen.
Sir Fahlthu Schwartenbeißers Dritte Schwadron war die bei weitem größte, die unter Saratics Befehl stand. Mit zweihundert Mann war sie fast doppelt so stark besetzt wie Sir Halnahk Partisans Fünfte. Dafür war Sir Fahlthu jedoch der geldgierigste Offizier von Saratic. Er verstand sein Handwerk ganz ausgezeichnet, wenn er auch die meisten Probleme mit etwas mehr Brutalität löste, als unbedingt Not tat. Doch seine Loyalität gehörte immer dem Mann, der ihn bezahlte. Und er hatte für seine übergroße Schwadron ausschließlich Männer rekrutiert, die so waren wie er.
Sir Halnahk jedoch war das glatte Gegenteil. Seine Loyalität gehörte seinem Lehnsherrn, da er ihm Treue geschworen hatte. Nach Chalthar war Halnahk vermutlich der verlässlichste und treueste von allen Feldkommandeuren Saratics.
»Ein ausgezeichneter Vorschlag, Chalthar«, lobte Saratic.
»Natürlich können sich Fahlthu und Halnahk auf den Tod nicht leiden.«
»Um ehrlich zu sein, Milord, aus eben diesem Grund halte ich die beiden für die beste Wahl.«
»Ach?« Saratic lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und kniff die Augen zusammen, weil ihn das helle Sonnenlicht blendete, das durch die Fenster hinter Chalthars Rücken in sein Arbeitszimmer drang.
»Natürlich, Milord.« Chalthar fuhr mit seiner derben Hand durch die Luft. »Wenn wir schon jemanden riskieren müssen, dann würde ich ehrlich gesagt lieber Fahlthu verlieren als irgendjemanden anderen. Er ist nur verlässlich, wenn der nächste Zahltag ins Haus steht, und ich bin nicht sicher, dass er Euch nicht ohne Skrupel verraten würde, sobald er ein besseres Angebot bekommt. Oder wenn er glaubt, dass er damit seine eigene Haut retten kann.« Der Marschall verzog das Gesicht. »Zugegeben, Milord, ich tue dem Mann damit vielleicht etwas Unrecht. Fahlthu ist tapfer, wenn es zu einem Kampf kommt. Es geht eher darum, dass er vor dem Kampf genau überlegt, was dabei wohl für ihn herausspringt.«
Saratic nickte. Genau aus diesem Grund hatte er Fahlthu überhaupt in seinen Dienst genommen. Manchmal brauchte ein Lordhüter das richtige Werkzeug, um im Trüben zu fischen.
»Halnahk dagegen werden seine Befehle nicht besonders schmecken«, fuhr Chalthar ungeschminkt offen fort. »Aber er ist Euch treu ergeben, das war er immer schon. Er wird sie befolgen, ganz gleich, wie sie lauten. Und er ist Fahlthus Vorgesetzter. Deshalb sollten wir ihm das Kommando über diese
Expedition übertragen, Milord. Das würde allein schon sein höherer Rang erklären, aber etwas anderes ist noch wichtiger. Wir können ihm Eure Absichten ohne Vorbehalt mitteilen und uns darauf verlassen, dass er sich daran hält. Fahlthu dagegen würde ich, mit Eurer Zustimmung, nur so viel sagen, wie er unbedingt wissen muss. Damit vermeiden wir, dass er auf die Idee kommt, es könnte sich lohnen, uns zu verraten. Außerdem dürfen
wir darauf bauen, dass Halnahk ihn so einsetzt, wie es am besten ist. Sollte der unglückliche Fall eintreten, dass
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