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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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die den Frauen diese Fähigkeiten vermittelte, war anspruchsvoll und unerbittlich. Kaeritha hatte feststellen können, dass die meisten Frauen – und Männer, dachte sie sarkastisch – das Maß an Konzentration und Schweiß nicht aufbringen mochten, das es kostete, diese hohe körperliche Ausdauer zu halten.
    Leeana dagegen genoss dies offenbar sogar.
    »Seid Ihr glücklich, Leeana?«, fragte sie. Leeana hob rasch den Kopf. Ihr Lächeln verschwand, aber Kaerithas Blick wich sie nicht aus.

    »Das weiß ich nicht«, gab sie ehrlich zu. »Ich habe mich ein paar Nächte in den Schlaf geweint, wenn Ihr das meintet.« Sie zuckte fast unmerklich mit den Schultern. »Allerdings hatte ich das auch so erwartet. Nicht, weil das Leben hier in Kalatha so hart wäre. Mein Rücken tut weh, weil ich so viel härter arbeite als je zuvor, und oft glaube ich, dass ich vor Erschöpfung tot umfallen müsste. Aber das stört mich nicht, genauso wenig wie die Tatsache, dass ich nicht mehr die Tochter eines Barons bin.« Sie schüttelte den Kopf. »Das Einzige, was mir wehtut, ist, dass ich nach dem Gesetz auch nicht mehr die Tochter meines Vaters und meiner Mutter bin. Könnt Ihr das verstehen?«
    »Allerdings.«
    Leeana holte tief Luft.
    »Abgesehen davon, dass ich Vater und Mutter vermisse, und gelegentlich Heimweh habe, bereitet es mir Freude. Bis jetzt, jedenfalls.« Sie lächelte wieder. »Ravlahn, die Hundert leitet die körperlichen Übungen und nimmt mich seit meinem ersten Tag ganz schön hart in die Mangel. Manchmal möchte ich einfach nur aufhören zu laufen, um vor Erschöpfung zusammenbrechen zu können. Aber ich entdecke Dinge in mir, von deren Dasein ich niemals etwas geahnt hatte. Das Einzige, was ich mir wünschte, wäre, dass die Zeit, die sie von mir fordert, mich von den eher ›traditionellen‹ Kursen befreien würde.«
    »Traditionelle Kurse?«, erkundigte sich Kaeritha.
    »Ja. Ich muss zugeben«, antwortete Leeana ironisch, »dass ich immer gehofft habe, meine Flucht zu den Kriegsbräuten würde mich aus den Klauen meiner Tutoren retten. Bedauerlicherweise wollen die Kriegsbräute jedoch, dass alle ihre Frauen auch gebildet sind. Sie ermuntern uns nachdrücklich, wie sie es nennen, die zusätzliche Ausbildung fortzusetzen.« Verächtlich stieß sie die Luft aus. »Nur haben sie mich gleich zu einer Ausbilderin gemacht!«
    »Verstehe.« Kaeritha unterdrückte ein Lächeln, als sie sich daran erinnerte, wie sie sich in Leeanas Alter mit Händen und
Füßen dagegen gewehrt hatte, ein Klassenzimmer zu betreten.
    »Aber als ich hierher kam«, fuhr Leeana ruhig fort, »habe ich etwas sehr Wichtiges erreicht. Jetzt können mich Vaters Feinde nicht mehr als Waffe gegen ihn benutzen, und ich habe die Möglichkeit, etwas anderes als eine gehorsame Stute zu werden, die Fohlen für irgendeinen Hengst austrägt, der mein Leben vollkommen beherrscht.«
    »Ich bin froh, dass Ihr die Gelegenheit dazu habt«, erwiderte Kaeritha.
    »Ich auch. Wirklich.« Leeana nickte, als wollte sie ihren Worten Nachdruck verleihen.
    »Gut.« Kaeritha legte dem Mädchen die Hand auf die Schulter. »Das wollte ich wissen, bevor ich nach Quaysar weiterreite.«
    »Quaysar? Ihr besucht Die Stimme?«
    Etwas an Leeanas Tonfall machte Kaeritha stutzig.
    »Ja. Warum fragt Ihr?«
    »Einfach nur so.« Die Antwort kam etwas zu schnell. »Es ist nur …« Sie unterbrach sich, zögerte und schüttelte den Kopf. »Ich habe nur so ein … unbehagliches Gefühl.«
    »Inwiefern?« Kaeritha hütete sich davor, das Mädchen zu drängen.
    »Was Die Stimme betrifft«, antwortete Leeana kläglich, als gebe sie einen fürchterlichen Fehler zu.
    »Und was für ein Gefühl ist das? Vielmehr, warum habt Ihr überhaupt solche ›Gefühle‹? Ihr saht sie doch noch nie, oder doch?«
    »Nein«, gab Leeana zu. »Man könnte es wohl ein Gefühl aus ›zweiter Hand‹ nennen. Aber ich habe mit einigen anderen Kriegsbräuten über sie gesprochen. Recht oft sogar.«
    »Ach ja?« Kaeritha kniff argwöhnisch die Augen zusammen. Ihrem Gespräch mit Yalith hatte sie nicht entnehmen können, dass die Gemeinschaft von Kalatha so stark auf Die Stimme ausgerichtet war, wie Leeana andeutete.

    »Ja. Und ehrlich gesagt, Dame Kaeritha, was mir am meisten Sorgen bereitet, ist die Art, wie sie mit mir darüber gesprochen haben.«
    »Das müsst Ihr mir erklären«, forderte Kaeritha sie auf. Sie trat einen Schritt zurück, hockte sich auf das Geländer der Veranda, lehnte den Rücken an einen der

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