Die dunkle Göttin
vorhersagen, welches entsprechende Ereignis sie erfahren werden. Wir könnten euch zwar verraten, welches Ergebnis am wahrscheinlichsten ist, oder welches weniger wahrscheinlich, aber wir können nicht sagen, welches dasjenige ist,
was für dich zum Beispiel zutrifft, weil alle Ergebnisse gleichzeitig irgendwo eintreten.
Andererseits ist das aber nur gerecht, meine Kinder, weil nur ihr uns sagen könnt, wie unser endgültiges Schicksal aussehen wird. Denn in dem Augenblick, da wir alle sterblichen Wahrnehmungen aller sterblichen Ereignisse erreichen, und die Entscheidung entweder zu Gunsten des Lichts oder des Dunkels fällt, werden alle anderen möglichen Ergebnisse verschwinden, als hätte es sie niemals gegeben. Letzten Endes liegt euer Schicksal deshalb in euren eigenen Händen, nicht in unseren. Was ihr entscheidet, die Kämpfe, die ihr wagt, die Schlachten, die ihr gewinnt oder verliert, sie bestimmen, was das Schicksal selbst für die Götter entscheidet. Und das, Bahzell, beantwortet die Frage, die du mir einst stelltest. Dies ist der Grund dafür, warum du und jeder einzelne von euch Sterblichen so höllisch wichtig für uns Götter seid.
Bahzell und Walsharno schwiegen, erschüttert von der Ungeheuerlichkeit dessen, was ihnen Tomanâk gerade auseinander gesetzt hatte. Die Vorstellung, es gäbe eine unendliche Anzahl von Bahzells, die mit einer ebenso unendlichen Anzahl von Walsharnos ein Band geschlossen hätten, und dass jede einzelne Verschmelzung von ihnen ihr eigenes Ergebnis erlebte, ihre eigenen Schlachten schlug und ihr eigenes Schicksal erlebte, hätte dazu führen können, dass sie sich klein und unbedeutend fühlten. Wie zwei winzige Sandkörner auf einem ungeheuren Strand. Doch sie waren alles andere als klein und unbedeutend. Die Ausübung ihres freien Willens würde ihr Schicksal bestimmen, und ihr Schicksal entsprach nicht winzigen Sandkörnern am Strand, sondern Felsbrocken in einer riesigen Lawine, die zu einem gewaltigen Ende donnerte, das das Schicksal aller Universen und aller Kreaturen bestimmte, die je gelebt hatten und je leben würden.
Das ist aber ein ziemlich großer Brocken für einen einfachen Mann, dachte Bahzell nach einer langen, nachdenklichen Pause.
Das stimmt, pflichtete ihm Tomanâk bei. Und es ist ein Brocken, den die wenigsten Menschen abbeißen und kauen können. Nicht jeder hat die Fähigkeit, die Konsequenzen zu verstehen und zu anzuerkennen, und viele, die es könnten, weigern sich. Dass ihr beide versteht und aus diesem Verständnis Kraft für die Schlacht schöpft, statt euch angesichts einer solchen Ungeheuerlichkeit der Hoffnungslosigkeit zu ergeben, ist einer der Gründe, die dich zu einem Paladin machen, Bahzell. Und dich auch, Walsharno.
Mich? Walsharno blieb plötzlich stehen, richtete die Ohren steil auf und riss die Augen auf, dass man das Weiße sehen konnte. Ich, ein Paladin? So was bin ich nicht.
O doch, das bist du , widersprach Tomanâk liebevoll. Nicht von dir allein aus freilich, aber dennoch bist du ein Paladin. Der erste Windrenner-Paladin, so wie Bahzell der erste Hradani Paladin seit über zwölf Jahrhunderten ist.
Aber
Bahzell wollte protestieren.
Keine Angst, Bahzell , beruhigte ihn Tomanâk freundlich. Niemand wird Walsharno zwingen, etwas gegen seinen Willen zu tun oder zu sein, ebenso wenig wie ich dich zwingen konnte, mein Paladin zu werden. Du musstest es freiwillig tun. Außerdem sind Windrenner nicht wie Menschenrassen. Wenn Menschen oder Hradani eine Wahl treffen, tun sie das als Einzelwesen. Jeder Einzelne von euch steht in diesem Augenblick allein. Windrenner jedoch gehören zu einer Herde, sind Teil eines miteinander verwobenen Ganzen, wo Gedanken mit Gedanken sprechen, und Verstand zu Verstand. Walsharno ist, wie alle Windrenner, die sich einen Bruder unter den Menschen erwählen, anders, weil er über seine Herde hinausgreift. Sein Gespür dafür, wer und was er ist, überträgt diesen prachtvollen Fluss aus Gedanken und Erfahrungen. In gewisser Weise macht es ihn größer als das Ganze, gleichzeitig jedoch auch kleiner. Denn bis zu dem Augenblick, da seine Seele die deine fand, fehlte ihm etwas. Etwas, das seine Herde ihm nicht geben konnte, und dessen Fehlen er erst bemerkt hat, als
er dich traf. Aber es war sein Herdensinn, diese Bewusstheit von sich selbst als einem Einzigartigen, und dabei doch gleichzeitig ein Teil eines Größeren Ganzen, die beide dazu beitrugen, dass er dich erkannte, als er dich sah, und
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