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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Krinard
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aufgegangen?”
    “Noch nicht.” Er nahm Gwens Arm und zog sie hinaus auf die Straße. Sie hustete rasselnd.
    “Ich glaube, mir wird schlecht”, stöhnte sie.
    Dorian stützte sie. “Halt nur noch ein bisschen aus”, sagte er. Er hob den Kopf und begann nach geeigneter Beute zu suchen. Die Gegend war nicht beliebt für ihr Nachtleben oder gesegnet mit wohlhabenden Anwohnern, also waren die einzigen Fußgänger zu dieser Zeit Menschen mit unlauteren Absichten, Lieferjungen oder Männer und Frauen, die nirgendwo anders hinkonnten. Gwen würde für ihre erste Nahrungsaufnahme eine Menge Blut brauchen, also musste der Spender stark und gesund sein.
    Einige Blocks weiter entdeckte er einen großen, muskulösen Mann in einem abgetragenen Mantel und einem mottenzerfressenen Hut, der eilig die Straße heraufkam. Dorian schob Gwen sanft in den Schutz eines Hauseingangs.
    “Warte hier”, sagte er.
    Sie setzte sich auf die Stufen und legte den Kopf auf die Knie. “Wohin gehst du?”, fragte sie.
    “Nicht weit. Ich bin in ein paar Minuten wieder da.”
    Tatsächlich dauerte es weniger als zwei Minuten, den großen Mann einzuholen, vor ihn zu treten und ihn mit einem sanften Biss zu beruhigen. Niemand war Zeuge bei diesem Vorfall oder bemerkte, dass Dorian den Menschen zurück in den Hauseingang führte.
    “Gwen”, sagte er.
    Sie hob den Kopf. Unter ihren Augen waren tiefe dunkle Ringe, und ihre Mundwinkel waren trocken und aufgesprungen. “Hilf mir, Dorian.”
    “Du wirst dir selbst helfen.” Er half ihr aufzustehen. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich langsam auf den Mann, der ihre Anwesenheit nicht einmal bemerkte.
    “Wer ist er?”, fragte sie leise, “Ich –”
    Die Veränderung, die mit ihr vorging, war alles andere als subtil. Erst war sie schwach und in sich gekehrt, im nächsten Moment vollkommen aufmerksam. Sie trat auf den Mann zu und entblößte ihre Zähne.
    “Trink”, flüsterte Dorian. “Trink, und alles wird gut.”
    Etwas in ihr, ein Überbleibsel ihrer Menschlichkeit, ließ sie zögern. Aber das Verlangen ihrer Instinkte war zu stark, um ihm zu widerstehen. Sie griff nach dem Mann, packte ihn an den Oberarmen und beugte sich über seinen Hals. Eine Blutspur markierte die Stelle, an der Dorian ihn gebissen hatte. Ihre Zunge schoss heraus, um das Blut zu schmecken, und sie schloss vor Ekstase die Augen.
    Der Kopf des Mannes fiel zurück und legte seinen Hals frei. Gwen versenkte ihre Zähne in sein Fleisch. Ein Beben fuhr durch den Körper des Mannes, als er begann, die sinnliche Wonne, die mit Gwens Biss einherging, zu spüren. Nach fünf Minuten gaben seine Beine unter ihm nach. Dorian wusste, dass er alles gegeben hatte, was er konnte. Er legte Gwen eine Hand auf die Schulter.
    “Genug”, sagte er.
    Sie leistete Widerstand, was ihn ein wenig überraschte. Aber sie fiel mit einem protestierenden Wimmern zurück, die Lippen blutrot. Dorian küsste sie und schmeckte ihre Süße gemeinsam mit dem Blut. Dann legte er den Mann auf der Treppe ab und lehnte ihn gegen die Tür.
    Es war klar, dass Gwen sich immer noch nicht bewusst war, was sie getan hatte. Dorian hob ihren Koffer hoch und führte sie weiter in Richtung einer belebteren Straße, wo sie ein Taxi rufen konnten. Erst als sie in den Rücksitz sanken, kam Gwen wieder zu sich.
    Sie hob eine Hand an ihr Gesicht und berührte erst ihre Lippen, dann die Spitzen ihrer Zähne. Verwirrung gab den Weg frei für Erinnerungen. Die pressten einen Schreckensschrei aus ihrer Brust.
    “Alles in Ordnung da hinten, Lady?”, fragte der Taxifahrer.
    “Es geht ihr gut”, sagte Dorian in einem Tonfall, der weitere Nachfragen im Keim erstickte.
    Der Fahrer zuckte mit den Schultern und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße. Gwen starrte auf ihre Hände hinab.
    “Was habe ich getan?”, flüsterte sie. “Was ist aus mir geworden?”
    Auch wenn er sich verzweifelt danach sehnte, sie zu berühren, hielt Dorian so viel Abstand zwischen ihnen, wie es auf diesem kleinen Raum möglich war. “Es war notwendig”, sagte er. “Nur so konnte ich dich retten.”
    “Was?” Sie sah ihn an. Ihre Augen bestanden nur aus Pupillen.
    Aber sie stellte nicht wirklich eine Frage. Das Wissen war bereits in ihr. Sie sah und hörte viel klarer als jeder Mensch. Sie spürte die neue Kraft, die in ihren Muskeln ruhte, das Rauschen ihres Blutes und ihrer Nerven, das sie für Jahrhunderte nicht altern lassen würde. Sie wusste instinktiv, dass sie einen Mann, der

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