Die dunkle Macht des Mondes
hatte. Beben durchzuckten ihren Körper, erst klein und unregelmäßig, dann immer stärker. Sie sackte in sich zusammen, und ihr Kopf rollte auf ihre Schulter.
Dorian führte einen Arm unter ihre Knie und trug sie zum Bett, das frisch mit sauberen Laken und Decken bezogen war. Er legte sie nieder, warf die Decke zurück und schob die Kissen unter ihrem Kopf zurecht. Ihre Zähne hatten zu klappern begonnen. Obwohl ihre Augen offen waren, sahen sie nicht länger. In einigen Augenblicken würde sie in einen tiefen Schlaf fallen, der mehrere Stunden oder einige Tage dauern konnte, einen heilenden Schlaf, der ihrem Körper die grundlegende Veränderung ermöglichte.
Er wickelte sie behutsam in Laken und Decken ein und rückte sie immer wieder herum, bis er sich sicher war, dass sie es bequem hatte. Sie hatte aufgehört, sich zu bewegen. Ihre Lippen standen leicht offen und ihre Brust hob und senkte sich immer langsamer. Bald würde es so aussehen, als atmete sie überhaupt nicht mehr.
Dorian zog einen Stuhl an die Bettkante und setzte sich so nahe an ihre Seite, wie er konnte. Es gab Fälle, in denen Menschen während der Umwandlung Schaden nahmen oder sogar starben. Er hatte in den dreiundsechzig Jahren seines Daseins nicht ein einziges Mal gebetet, aber jetzt wendete er seine Gedanken nach außen, an was auch immer außerhalb dieser Welt existieren mochte, und versprach sein Leben im Austausch für ihres.
Sie musste leben. Selbst wenn sie ihn hasste, nachdem sie aus ihrer Trance aufwachte, musste sie überleben.
Er veränderte seine Position kaum, während die Stunden der Nacht den Weg für den Sonnenaufgang bereiteten. Nahe der Mittagsstunde stand er auf, um seine verkrampften Muskeln zu strecken und sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Als er zum Bett zurückkehrte, bemerkte er, dass Gwen ihre Lage verändert hatte. Ihre Arme lagen ausgestreckt über ihrem Kopf, und das Laken hatte sich um ihre Füße gewickelt.
In den nächsten Stunden warf sie sich wie im Fieber hin und her, und ihr rotes Haar wurde durchnässt von Schweiß. Dorian brachte Waschlappen, die er in kaltes Wasser getaucht hatte, um ihre Stirn damit zu kühlen, aber ihre Temperatur blieb hoch.
Ein seltsames, gebrochenes Geräusch fing sich in Dorians Kehle. Seine Augen blieben trocken, und doch brannten darin Tränen, die er nicht vergießen konnte. Er nahm sie in die Arme und wünschte die Kälte seines eigenen Körpers in ihren.
Endlich, als der Tag wieder zur Neige ging, sank das Fieber und sie fiel in einen tieferen Schlaf. Die erste Krise war überstanden. Dorian stand vom Bett auf und durchschritt das Zimmer ein Dutzend Mal, bereit, die billigen Tapeten mit seinen Fingernägeln von der Wand zu kratzen. Einige Minuten später fühlte Gwens Haut sich kalt an, als er sie berührte. Er rannte auf den Flur, schnappte sich ein vorbeigehendes Zimmermädchen und verlangte mehr Decken. Sie sah ihn ängstlich an und beeilte sich, ihm zu gehorchen.
Ein männlicher Angestellter kam statt des Mädchens wieder und sah Dorian mit nervöser Abneigung an. Dorian griff sich die Decken und rannte zurück in ihr Zimmer. Er türmte die Decken auf Gwen und glitt darunter, um sich neben sie zu legen.
“Dorian?”
Ihre Stimme war vom Schlaf belegt und so verwirrt wie die eines Kindes. Dorians Muskeln entspannten sich Stück für Stück. Er drückte sie fest an sich und küsste ihre Wangen, ihre Augenlider und die Kurve ihres Halses.
Sie lächelte schläfrig und fuhr mit der Fingerspitze über seine Nase. “Sag nicht, ich habe den guten Teil verschlafen.”
Einen Augenblick fragte Dorian sich, ob sie vielleicht doch einen Bruchteil dessen mitbekommen hatte, was sie gerade ertragen musste. Aber sie gähnte und streckte sich und zeigte nicht das geringste Anzeichen von Verständnis.
“Wenn der Biss eines Vampirs das mit einem macht”, sagte sie, “dann sollte ich jede Nacht einen bekommen. Viel besser als Schlaftabletten.” Sie drehte sich um, um aus dem Fenster zu sehen. “Wie lange habe ich geschlafen? Es kann nicht immer noch dunkel sein.”
Dorian sagte nichts. Er spürte ihre Zufriedenheit, und er brachte es nicht über sich, sie zu zerstören. Am besten ließ er sie einfach reden. Am besten ließ er sie die Veränderungen selbst entdecken, eine nach der anderen.
Weil du ein Feigling bist.
Gwen setzte sich auf, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und schnupperte in die Luft. “Rieche ich Kaffee?” Sie grinste Dorian an. “Es ist
Weitere Kostenlose Bücher