Die dunkle Prophezeiung des Pan
wieso wurde ich noch immer beobachtet? Wann würden
sie mich verhaften?
DER SOHN OBERONS
Es
regnete in Strömen, als ich Freitagabend aus dem Seiteneingang
der National Gallery trat. Meine Kollegen winkten mir noch ein
letztes Mal zu, dann öffnete ich meinen Schirm. Erst jetzt
entdeckte ich den roten Sportwagen, der direkt vor dem Eingang
parkte. Ein Mercedes.
Mein
Magen machte einen gewaltigen Satz. Lee! Er war zurück. Aber
Ernüchterung folgte, als sich die Fahrertür öffnete
und ein fremder, blonder Mann ausstieg. Er kam im Regen um den
Mercedes herum und sah mich erwartungsvoll an.
»Du
bist Felicity.« Das war keine Frage.
Neugierig
betrachtete ich ihn. Er hatte Lees und Ciarans blondes Haar, aber
extrem blaue Augen. So hell wie das Meer bei Cornwall im Frühling.
Er war auch nicht so groß wie seine beiden Cousins, strahlte
aber eine unverkennbare Autorität aus. Jetzt wusste ich, wer er
war.
»Du
musst Eamon sein«, sagte ich trocken.
Er
nickte und öffnete die Beifahrertür. »Steig ein. Dann
können wir reden.«
Es
war Lees Auto. Ich runzelte die Stirn. »Hat Lee nichts
dagegen?«
Er
schüttelte den Kopf. »Komm schon. Ich habe nur eine Stunde
Zeit, dann muss ich zurück.«
»Zurück?
Wohin?«, fragte ich und sah ihn neugierig an.
»Steig
ein, dann erzähle ich es dir.«
Ich
zögerte noch immer. Mein Großvater hatte mich immer davor
gewarnt, fremden Männern vorbehaltlos zu folgen.
Eamon
zog seine Augenbrauen ungehalten zusammen. Der Sohn Oberons war es
zweifellos nicht gewöhnt, wenn man ihm nicht sofort gehorchte.
»Wir setzen uns in eins dieser Kaffeehäuser, die es hier
überall gibt, damit wir ungestört reden können. Du
darfst fahren, wenn dir das lieber ist.«
Ich
sah ihn entsetzt an. »Ich kann nicht fahren.«
»Dann
steig endlich ein.«
Mit
weit ausholenden Schritten stapfte er ums Auto herum zur Fahrerseite.
Ich war wirklich versucht, ihn stehen zu lassen und zur U-Bahn zu
gehen. Aber es ging um Lee. Also stieg ich ein und knallte die Tür
fester zu als nötig.
Eamon
fädelte sich umständlich in den Londoner Straßenverkehr
ein. Ob er sonst flog? Wo mochten Elfen ihre Flügel versteckt
halten? Ich stellte mir vor, sie könnten auf dem Rücken die
Haut auseinander klappen und die Flügel spreizen, wie ein
Marienkäfer.
Igitt.
Die Vorstellung war ekelhaft.
Eamon
bremste scharf, um einem hupenden und wild gestikulierenden
Taxifahrer auszuweichen. »Was soll das?«, fragte er
befremdet.
»Ich
hab zwar keinen Führerschein, aber ich weiß, dass man bei
einer roten Ampel anhalten muss«, erklärte ich trocken.
»Hast du überhaupt einen Führerschein?«
Er
sah mich herablassend an.
Ich
seufzte. »Also nicht. Fahr da hinten links rein.«
Ich
dirigierte ihn zwei Straßen weiter, wo wir nicht im
Hauptverkehr des Strand waren und einen Parkplatz fanden.
Glücklicherweise
war das nächste Costa-Café nicht weit entfernt. Eamon
glitt neben mir her und wirkte, als würde der Regen von ihm
abperlen.
»Du
wirst nicht nass«, stellte ich erstaunt fest.
Er
zuckte unbeteiligt die Schultern. »Warum sollte ich?«
»Jeder
normale Mensch wird bei einem solchen Regen nass. Du fällst
auf«, erklärte ich ihm. »Davon mal abgesehen: Wie
machst du das?«
»Elfen
haben einen Lotuseffekt. Ich kann ihn nicht abstellen.«
»Lotuseffekt,
natürlich«, sagte ich sarkastisch und schlug mir vor den
Kopf.
Wir
fanden ein kleines trockenes Fleckchen direkt am Fenster.
»Du
trinkst deinen Kaffee mit Milch und Zucker, wenn ich richtig
informiert bin. Muffin oder Sandwich?«
Das
musste eine rhetorische Frage gewesen sein, denn Eamon war
verschwunden, ehe ich ihm eine Antwort hätte geben können.
Er war über meine Vorlieben informiert? Seltsamerweise setzte
sich niemand auf die leeren Stühle neben mir, obwohl das Café
randvoll war von Menschen, die Schutz vor dem Regen suchten.
Tatsächlich kam niemand näher als einen Meter.
»Ist
das eine Art Zauber?«, fragte ich Eamon, als er mit einem
vollbeladenen Tablett zurückkam.
»Ja.
Ich möchte ungestört mit dir reden.« Er stellte das
Tablett ab und reichte mir eine Latte Macchiato mit fünf
Päckchen Zucker und einen Teller mit einem Riesenmuffin und
einem Sandwich. »Hier. Ich wusste nicht, was du lieber magst.«
»Du
hast mir ja auch keine Gelegenheit gegeben, dir das mitzuteilen«,
konterte ich.
Er
setzte sich und sah mich an. Sich selber hatte er nichts geholt.
»Willst
du nichts?«, fragte ich ihn.
»Nein.
Das menschliche Essen
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