Die dunkle Prophezeiung des Pan
zum Teufel steckte dieser hinterhältige
Mistkerl? Ich wollte ihn zur Rede stellen. Warum hatte er mich so
lange belogen? Dabei hatte ich gedacht, wir wären Freunde.
Stattdessen hatte er nur versucht mich zu manipulieren. Ich stand auf
und tapste ins Bad.
Ein
Blick in den Spiegel zeigte mir chaotische Haare und verlaufene
Wimperntusche unter den Augen. Ich sah aus wie ein Zombie. Nicht
unbedingt die perfekte Braut neben einem Elfen.
Aber genauso hatte Felicity Morgan oft ausgesehen, ehe Lee FitzMor
aufgetaucht war. Ich war aber nicht mehr dieselbe. Ich wusch mir
gründlich das Gesicht und kämmte meine Haare, bis sie in
glänzenden Wellen auf meine Schultern fielen. Meine Zähne
waren hell und ebenmäßig und meine Pausbacken waren
straffer geworden.
Die
neue Felicity gefiel mir besser. Die hatte ich Lee zu verdanken.
Einem Jungen, der eigentlich nur wissen wollte, wie seine künftige
Braut aussah, und mich deswegen belogen hatte.
Verdammte
Elfen.
Mein
Handy klingelte. Es war Jayden. Er lud mich zu einem Wii-Abend ein.
Das kam genau richtig. Vor allem, weil dieses Mal kein Halbelf dabei
wäre, der mit seinem Können strunzte.
KARAOKE PARTY
Jayden
öffnete mir mit einem strahlenden Lächeln die Haustür.
»Schön, dass du da bist. Dann können wir anfangen.«
Heute
würde ich Elfen, Morde und die Schule vergessen. Ich würde
mich amüsieren und Lee für einen Abend aus meinen Gedanken
verbannen.Ich atmete tief durch und lächelte Jayden an. »Habt
ihr auf mich gewartet?«
»Mehr
oder weniger. Wir sind mit der Wii ins Wohnzimmer umgezogen, weil ich
sturmfrei habe. Wir haben also eine Menge Platz!« Wie ein
Gentleman nahm er mir die Jacke ab, ehe er mich ins Wohnzimmer schob.
Alle
anderen waren schon da und jubelten, als ich eintrat.
»Wer
zuletzt kommt, muss anfangen!«, schrie Corey und drückte
mir ein Mikrofon in die Hand.
Verblüfft
starrte ich auf das Mikro. »Machen wir nicht die olympischen
Spiele?«
»Nein!«,
rief Nicole fröhlich. Sie lächelte mich zum ersten Mal seit
langer Zeit aufrichtig an. »Wir singen Karaoke.«
»Und
ich habe was mitgebracht, damit es richtig gemütlich wird«,
sagte Phyllis und drückte mir ein Glas mit einer grünen
Flüssigkeit in die Hand. »Caipirinha-Bowle. Keine Sorge«,
fügte sie augenzwinkernd hinzu. »Ohne Alkohol, dafür
mit Ginger Ale.«
Ich
nippte. Lecker. Bei meinen Freunden hatte ich auch keine Problem
damit anzufangen. Sie hatten mich akzeptiert, als ich noch dick war
und mit strähnigen Haaren in die Schule gekommen war. Sie
akzeptierten genauso meine schräge Stimme und die Verrenkungen,
mit denen ich die Sänger imitierte.
Die
Bowle war klasse. Phyllis gab eine gekonnte Whitney Houston und Corey
– wer hätte das gedacht –Snoop Dog.
Spätestens
nach der dritten Runde und dem zweiten Glas Bowle hatten wir unsere
Hemmungen abgelegt und grölten abwechselnd die Songs mit, egal
ob Miserabel, Anfänger oder Passabel dort stand.
Nach
fünf Gläsern war Ruby auf einmal so schlecht, dass sie sich
in den Kübel der Yuccapalme übergab. Phyllis war auf der
Couch eingeschlafen und Nicole und Corey begannen zu knutschen. Ich
betrachtete die beiden neugierig und versuchte nachzurechnen, wie
lange sich Nicole das schon wünschte. Zwei Jahre? Drei? Fünf?
Wie viele Jahre war ich eigentlich schon in London? Und was war
falsch daran, dass Nicole und Corey knutschten? Ach ja, Corey hatte
eine Freundin. Wie süß. Er wurde endlich erwachsen. Die
hatte er bestimmt nur gebraucht, um sich endlich seiner Gefühle
für Nicole bewusst zu werden. Neben mir begann Phyllis zu
schnarchen. Die Ränder meines Sichtkreises wurden ganz unscharf.
Ich
fühlte jemanden meine Hand greifen. Dunkle Finger mit abgekauten
Fingernägeln. Jaydens Hand wanderte meinen Arm hoch und legte
sich um meine Schultern. Bei ihm spürte ich keinen Stromschlag.
Und Jayden war wesentlich gemütlicher als Lee. Nicht so knochig,
sondern weicher, gepolsterter. Trotzdem vermisste ich Lee. Er fehlte
in unserer kleinen Runde. Er fehlte mir. Auch wenn er unbequem war.
In vielerlei Hinsicht. Müsste ich nicht sauer auf Lee sein?
Weswegen eigentlich? Die Welt war doch so schön! So rund und die
Ränder so flauschig. Außerdem war das Sofa so bequem.
Kuschelig weich und nachgiebig.
Ich
schmiegte mich an Jayden und schloss die Augen.
Mein
Schädel brummte und in meinem Mund hatten sich Pilze
breitgemacht. Zumindest fühlte es sich so an. Außerdem
schüttelte mich jemand energisch an der Schulter. Mist.
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