Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
ein. Das Mammut, noch nicht lange auf der Welt. Umzingelt und verfolgt.
Allein. Der Höhlenmund der Abgrund. Schnee jetzt rot statt weiß. Das Donnern
heranrennender Krieger.
    Â»Versuchen wir es doch
mal anders«, kam die Stimme Deterios wie durch ein verziertes Rohr gehaucht.
»Sagt mir, wer Euch geschickt hat, und ich sorge dafür, daß die beiden
Mistkerle am Leben bleiben.«
    Â»Mich schickt ein
Schmetterling«, sagte Rodraeg mit schwerer Zunge. »Sie hat rötliche Flügel mit
hellblauen Rändern.«
    Â»Dann eben nicht.«
    Deterios letzter Tritt
riß Rodraeg beinahe den Kopf ab. Blut, Schweiß und Speichel sprühten weit, dann
krachte Rodraegs Gesicht mit verdrehten Augen auf den harten Lehm.
    Migal und Bestar
hielten auf den Höhlenrachen zu. Voraus loderten Feuerstellen. Die sieben
Kruhnskrieger hinter ihnen kamen näher. Bestar biß die Zähne zusammen, er hatte
noch einen weiteren Treffer am Oberschenkel hinnehmen müssen. Migal dagegen
hatte nichts außer Abschürfungen und Prellungen.
    Fast waren sie durch,
als ihnen plötzlich ein ungeheures Getöse durch Mark und Bein fuhr. Mit
ungebremster Gewalt rasselte ein schweres Gittertor herab und verriegelte die
Höhle. So schnell konnten die beiden Klippenwälder nicht mehr abbremsen – sie
prallten hart gegen das Eisengatter. Immerhin wurden sie nicht zermalmt.
    Â»Tjaaa«, sagte eine
rauhe Stimme von jenseits des Gitters, »hier geht’s wohl nicht mehr weiter,
Jungs.« Eine rußgeschwärzte Fratze mit grinsenden Zähnen, die zurückwich, als
Bestar keuchend mit beiden Armen durch das Gitter griff. Dann drang aus dem
Rauch und den Flammen nur noch Gelächter.
    Die beiden Freunde
wandten sich um.
    Â»Taggaran«, sagte Migal
heiser.
    Â»Ja«, schnaufte Bestar,
dessen Lippen vom Blutverlust schon ganz hell waren. »Für Taggaran und das
Mammut.«
    Dann warfen sie sich
der heranbrausenden Feindesflut entgegen, aber es gelang ihnen nicht mehr,
etwas auszurichten. Die Söldner drängten sie mit ihren Schilden gegen das
Gitter zurück, ließen ihnen keinen Platz, weder zum Ausholen, noch zum Atmen,
stießen mit Speeren und Schwertern vor wie eine tollwütig gewordene Armee und
schlugen und knüppelten und traten die beiden zusammen, bis jeglicher
Widerstand erstorben war.

15

Quelle dunkel
    Im Land der Toten war
die Luft von dunkler Farbe, fuhr mit rauhen Fingern hart in Mund und Kehle und
verzerrte alle Stimmen zu denen von Tieren.
    Im Land der Toten
irrten Geister umher, ausgemergelt und bleich, angetrieben und in Richtungen
geschickt von anderen Geistern, die ähnlich aussahen, aber noch Waffen trugen.
    Im Land der Toten
erwachte Rodraeg als ein Gefangener, die Füße aneinandergeschmiedet von einer
Kette, die so schwer war, daß er sie kaum bewegen konnte.
    Die anderen waren
ebenfalls tot, weil sie bei ihm waren, angekettet wie er. Bestar, Hellas und
Migal. Es kostete Rodraeg mehrere Sandstriche, um zu begreifen, daß ihr
schlechter Zustand, all die Schwellungen, Schnitte, Blessuren, die lieblosen
Verbände und auch seine eigenen Schmerzen Anzeichen dafür waren, daß sie in
Wirklichkeit noch lebten.
    Bestar und Hellas hatte
es am schlimmsten erwischt. Bestar schlief tiefer als nur schlafend, unruhig
und fiebrig, schwitzte und war weiß im Gesicht wie ein Gestorbener. Seine
Wunden waren versorgt und verbunden worden, aber die rußige Luft hier in der
Höhle beschmutzte alles und war für einen Heilprozeß alles andere als
förderlich. Hellas konnte seinen linken Arm nicht mehr bewegen und hatte
Schwierigkeiten beim Einatmen – vermutlich aufgrund mehrerer gebrochener
Rippen.
    Migal hatte lediglich
Beulen, Blutergüsse und ein beinahe zugeschwollenes Auge, während Rodraeg zwar
das beunruhigende Gefühl hatte, sein Unterkiefer paßte nicht mehr zum
Oberkiefer, aber ansonsten unbeschadet war.
    Es war erstaunlich,
wenn man bedachte, mit wem sie sich angelegt und was sie angerichtet hatten,
und es ergab eigentlich keinen Sinn, daß man sie nicht schon längst getötet
hatte.
    Deterio tauchte aus den
Rauchwolken und dem fackelfarbenen Dunst und stellte sich vor sie hin wie ein
Gespenst mit verspiegelten Augen. Als Migal aufsprang und nach ihm zu greifen
versuchte, stießen links und rechts von Deterio zwei Kruhnskrieger hervor und
rammten den Klippenwälder mit ihren stumpfen Speerenden wieder zu Boden.

Weitere Kostenlose Bücher