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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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freihalten, und
uns langsam zur Höhle vorarbeiten. Wir hätten es schaffen können. Wir haben
neun getötet, wir hätten alle töten können ohne deinen dummen Plan, sich
gefangennehmen zu lassen.«
    Jetzt ging es wieder
los: Deng-dengdeng-dengdeng. Sie besänftigten das Wachs.
    Â»Wir wären nie in die
Höhle gekommen, Migal. Spätestens am Fallgitter wären wir gescheitert.«
    Â»Zu viert hätten wir es
vielleicht hochheben können.«
    Â»Das glaubst du doch
wohl selbst nicht.« Hätte. Wäre. Wenn. Rodraeg schlug mit der flachen Hand auf
den Felsboden. »Aber wir sind drin. Wir haben es geschafft.«
    Migal lachte
verächtlich auf. »Toll. Angekettet und bewacht.«
    Â»Aber wir sind noch am
Leben. Erstaunlich genug. Die haben ein Drittel ihrer Männer verloren und wir
nicht einen einzigen. Wir leben und sind in der Höhle. Und wir sollen hier
arbeiten. Das heißt, wir werden Gelegenheit bekommen, uns umzuschauen und zu
lernen. Wir werden herausfinden, was hier abgebaut wird, wie es abgebaut wird
und wie man den Abbau lahmlegen kann.«
    Â»Ich werde nicht als
Sklave schuften.«
    Â»Doch, genau das wirst
du tun. Für Bestar, damit sie ihn nicht verdursten lassen. Und für unseren
Auftrag, denn er ist noch nicht erfüllt, und das bedeutet, wir sind hier noch
nicht fertig.«
    Die beiden starrten
sich an, rote Fackelfunken in den Augen, und zum ersten Mal senkte Migal als
erster den Blick. Zornig, zitternd vor gebundener Kraft, warf der Klippenwälder
sich zurück auf sein steiniges Lager. Rodraeg legte sich erst wieder hin,
nachdem der Lärm aufgehört hatte, und träumte weiter von Schrecken und Pein.
    Am folgenden Tag begann
ihre Zwangsarbeit.
    Rodraeg ging davon aus,
daß dies der Tag nach ihrem Kampf im Talkessel war, also der 24. Regenmond. Er
versuchte mit Hilfe von Kerben, die er in einen Stein schabte, Buch zu führen
über Zeit und Dauer ihrer Fron.
    Ihr Vorarbeiter hieß
Cilf Daubs. Er war der mit dem rußgeschwärzten Gesicht und den bleckenden
Zähnen, der vor Migal und Bestar das Fallgitter heruntergelassen und damit
ihrem Angriff den endgültigen Todesstoß versetzt hatte. Jetzt gefiel er sich
darin, sie mit seiner rauhen, stets zum Räuspern nötigenden Stimme
herumzuscheuchen und zu schmähen. Es gab noch zwei weitere Vorarbeiter in der
Höhle. Bramon, der väterlich und freundlich war und ansonsten als Feinschmied
in Terrek arbeitete, und Igdan Hallsass, der nur deshalb zum Vorarbeiter
befördert worden war, weil Bestar seinen Vorgänger durch die Tür der Holzhütte
geschmettert und ihm dabei zahlreiche Knochen gebrochen hatte. Hallsass versuchte,
seine Unsicherheit durch übertriebene Strenge auszugleichen, und man tat gut
daran, ihm so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Die Anführerin der fünf in
der Höhle postierten Kruhnskrieger war eine vierschrötige blonde Frau namens
Zembe. Auch sie war aus nachvollziehbaren Gründen alles andere als gut auf die
vier vom Mammut zu sprechen, und Migal mußte sehr aufpassen, ihr bei seinen
zahlreichen Versuchen, seine Ketten zu lockern oder zu lösen, nicht
aufzufallen.
    Immerhin erfuhren sie
schon am ersten Tag ihrer Fron, was in dieser Höhle eigentlich abgebaut wurde.
Das Material wurde als ›Schwarzwachs‹ bezeichnet, und der Abbau erfolgte
tatsächlich im Auftrag der Königin. Aus Schwarzwachs konnten Brustharnische,
Arm- und Beinschienen, Helme und Schilde angefertigt werden, die noch schlag-
und geschoßunempfindlicher waren als lederbeschlagener Stahl, und dabei nur
etwa halb so schwer. Auch dem Oberhaupt der Kruhnskrieger, Kruhn Sessiu, war
eine solche Schwarzwachsrüstung versprochen worden.
    Das Schwarzwachs war in
seiner Reinform flüssig und unbeschreiblich heiß. Es wurde mit Hilfe
komplizierter Apparaturen aus einer Quelle geschöpft, die unterirdisch in etwa
zehn Schritt Tiefe kochte. Einer der Arbeiter erklärte Rodraeg, daß flüssiges
Gestein, wie man es zum Beispiel im Inneren einiger Berge finden konnte,
normalerweise rot oder sogar weiß glühte. Das Schwarzwachs jedoch war anders.
Es war schwarz und zähflüssig in seiner ursprünglichen Gestalt, es war schwarz
und formbar wie warmes Wachs, wenn man es durch fünfundzwanzig Kühlvorgänge auf
eine bearbeitbare Temperatur heruntergeregelt hatte, und es wurde schwarz und
härter als Stahl, wenn es

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