Die dunkle Quelle
zwischen Fässer und dampfende Bottiche
stürzte. Dann griff Migal sich einen Metallhaken, der zum Greifen von Fässern
benutzt wurde, und fing an, alles in seiner Reichweite kurz und klein zu
schlagen. Arbeiter flohen kreischend vor dem umherspritzenden HeiÃwasser. Zwei
Kruhnskrieger und ihre Anführerin Zembe kamen mit wurfbereit erhobenen Speeren
auf Migal zu. »Das ist kein Fluchtversuch!«, schrie Bestar durch den Tumult.
»LaÃt ihn leben! LaÃt ihn leben!«
»Er hat sich den FuÃ
gebrochen und ist tollwütig vor Schmerz«, stellte sich auch Rodraeg schützend
vor den Tobenden. »Helft uns, ihn zu überwältigen, und alles ist gut.« Nun
geschah etwas, womit Rodraeg überhaupt nicht gerechnet hatte: Steine und
Höhlenkiesel flogen in seine Richtung und trafen ihn an den schützend erhobenen
Armen, trafen auch Migal, der einen Tisch voller halbkühler Schwarzwachsbarren
umwarf, trafen auch Bestar, der sich mühsam aufrappelte, und Hellas, der mit
schmerzverzerrtem Gesicht hinter einem Karren in Deckung ging. Es waren
Terreker Arbeiter, die Steine warfen und schrien: »Ihr verdammten
Unruhestifter! Mit euch haben wir nichts als Ãrger! Wir wollen nur in Ruhe
unsere Arbeit machen, aber ihr macht uns dauernd alles kaputt!«
Bestar warf sich von
hinten auf Migal. Es gab einen kurzen, heftigen Ringkampf der beiden Hünen,
dann knickte Migals linkes Bein ein, und Bestar rià ihn zu Boden und hielt ihn
fest. »Fesselt ihn«, rief er den Kruhnskriegern und dem unschlüssig
herumstehenden Cilf Daubs zu, »aber tut ihm nichts an!« Bestars Stimme klang
kläglich wie die eines Kindes.
Durch Zembe ging ein
Ruck. »In Ordnung. Fesseln und nach hinten bringen. Wir trennen ihn von den
anderen. Und ihr« â herrschte sie die SteineschmeiÃer an â »räumt die Sauerei
auf, aber hopphopp und Schluà mit der Jammerei!«
Der brüllende,
beiÃende, tretende, kratzende Migal wurde von den Kruhnskriegern mit Bestars
und Rodraegs Hilfe verschnürt und in einen rückwärtigen Teil der Höhle
verbracht. »Keine Ration mehr für ihn«, herrschte Cilf Daubs Rodraeg an. »Wenn
ihr gut arbeitet, könnt ihr den dämlichen ScheiÃkerl mit durchfüttern.«
»Das werden wir tun,
danke«, versicherte Rodraeg, der sich jetzt um Bestar kümmern wollte. Der Blick
des Klippenwälders war ohne Glanz und Ausdruck. »Bestar? Bestar?« Nur mühsam
drang Rodraeg zu ihm durch. Er suchte die richtigen Worte, und da er sie erst
nicht fand, drückte er so lange mit beiden Händen Bestars Pranke. »Das war
sehr, sehr mutig von dir. Du hast ihm und vielleicht sogar uns allen das Leben
gerettet. Das werde ich dir nie vergessen.«
»Aber Migal wird mir
nie wieder vertrauen«, sagte Bestar matt.
»Doch, das wird er.
Sobald ihm erst mal klargeworden ist, daà sein Leben bei dir in guten Händen
ist, egal, wie weit er sich dem Sterben entgegenlehnt.«
Bestar zuckte die
Achseln und half den miÃtrauischen Arbeitern beim Aufräumen. Auch Hellas kehrte
zu den Werktischen zurück, ohne sich über den Vorfall zu äuÃern.
Rodraeg sah sich
besorgt in der Höhle um. Selbst falls Hilfe von auÃen kam, muÃten sie
aufpassen, daà die Arbeiter sich nicht genauso gegen sie wandten wie die
Kruhnskrieger.
Eine Stunde später
durchquerten Kisem Tugri, Kruhn Sessiu und Wellingor Deterio die groÃe Höhle,
um den hinten in einem verwinkelten Nebengewölbe angeketteten Migal zu dem
Vorfall zu befragen. Rodraeg blickte ihnen besorgt hinterher. In seinem Zustand
konnte Migal alles ausplaudern, sie alle haÃerfüllt denunzieren: den Kreis,
Naenn, Cajin, Hellas mit seiner Deserteursvergangenheit, Bestar, Bestars Eltern
und ihre gemeinsame Herkunft.
Aber nichts dergleichen
geschah. Eine Drittelstunde später wurde Rodraeg selbst zum »Gespräch« in die
Holzhütte gebracht. Dort erfuhr er, daà Migal lediglich geknurrt, gespuckt und
geschrien hatte, bis man es für besser erachtete, ihn mit einem giftgetränkten
Lappen ruhigzustellen.
Auch Deterio sah
mitgenommen aus, nicht mehr so elegant und beherrscht wie vor dreiÃig Tagen. Er
war unrasiert und übermüdet, die lange Zeit im Talkessel setzte ihm beinahe
ebenso zu wie Rodraeg die Zwangsarbeit.
»DreiÃig lange Tage«,
begann Deterio dann auch. »Ihr könntet schon längst eure Ketten los
Weitere Kostenlose Bücher