Die dunkle Quelle
soweit.
Bislang war es ihm wie durch ein Wunder gelungen, selbst kein Blut zu
vergieÃen, aber jetzt würde er zuschlagen müssen. Diese Situation kam ihm fremd
und grausam vor. Bisher hatte er ein behütetes Leben geführt, das wurde ihm
jetzt klar. Ein Ritterturnier war der einzige Ausbruch von Gewalt in seinem
gesamten Lebenslauf, und auch das war nur ein Spiel gewesen, beherrscht von
unzerbrechlichen Regeln. Selbst sein Faustkampf gegen Ryot Melron war nur ein
harmloses Kräftemessen gewesen, bei dem niemand hätte sterben können.
Aber die Kruhnskrieger
waren jenseits jeglicher Vereinbarungen angelangt. Inzwischen hatten sie durch
Mammut und Erdbeben etwa fünfundzwanzig ihrer dreiÃig Truppenangehörigen
verloren. Migal und Ijugis wollten wahrscheinlich auch noch den Rest
auslöschen.
Zembe fiel Rodraeg ein.
Zembe würde überleben. Die Unteroffizierin war von den Arbeitern aus dem
Talkessel und somit in Sicherheit geschafft worden. Also gab es keine
vollständige Auslöschung, und dieser Gedanke gefiel Rodraeg. Er erinnerte sich
an Naenn, wie sie Melrons Kumpane durch die Luft gewirbelt hatte, ohne sie zu
verletzen.
Es muÃte einen anderen
Weg geben als den der Klippenwälder, der Kruhnskrieger und auch von Erdbeben.
Erdbeben hatte drei von fünf Streitern verloren, das Mammut, so lange Bestar
noch lebte, nicht einen einzigen. Rodraeg begriff in diesem Augenblick, daà die
Bereitschaft der Menschen, sich gegenseitig umzubringen, daher rührte, daà sie
lediglich zu träge waren, sich etwas Besseres einfallen zu lassen.
Er nahm die Fackel auf,
schwang sie in der Linken, das Schwert in der Rechten und rannte laut schreiend
auf den Kampfplatz zu. Vier Zweikämpfe hatten sich hier gebildet, alle mehrere
Schritte voneinander entfernt. Hellas war am ärgsten in Bedrängnis. Er focht
mit einem für ihn ungewohnten Schwert gegen einen Kruhnskrieger, der seinen
Schild geschickt einsetzte, um Hellas weiter und weiter zurück in den
atemraubenden Dampf zu treiben. Hellas hatte immer noch Rippenschmerzen, das
war seinen verkrampften Bewegungen deutlich anzusehen. Rodraeg rannte brüllend
auf die beiden zu und dicht hinter dem Söldner vorbei. Hellas nutzte dessen
Verwirrung, doch wieder rettete der Schild. Rodraeg blieb schliddernd stehen,
fuhr herum und rannte ebenso schreiend wieder zurück. Diesmal hieb er mit der
Fackel nach dem Kopf des Kruhnskriegers, der parierte geschickt und badete in
einem rötlichen Funkenregen. Hellas schöpfte Luft und bekam die Oberhand. Beim
dritten Anlauf schlug Rodraeg dem Söldner die flache Seite seines Schwertes auf
den Hintern. Wutschreiend stach dieser nach ihm, aber Rodraeg war schon wieder
weg, denn der Söldner war in seiner Kampfmontur schwerfälliger als er. Nur noch
mühsam konnte sich der Kruhnskrieger jetzt gegen Hellas zur Wehr setzen.
Rodraegs vierter Anlauf verlief anders. Er sprang dem Söldner, der den
Verrückten in seinem Rücken jetzt ignorieren wollte, von hinten in die Beine
und rià ihn mit sich zu Boden. Im kurzen Handgemenge behielt Rodraeg die
Oberhand, weil der Söldner noch einen Stich von Hellas mit seiner Klinge
abfangen muÃte. Rodraeg hielt ihm das riesige Schwert mit der Spitze gegen den
Kehlkopf und sagte annähernd väterlich: »Flieh ohne Waffe und Schild und kehre
niemals wieder hierher zurück.« Als er sah, daà sich die Augen des jungen
Söldners mit Tränen füllten, fügte er hinzu: »Die Kruhnskrieger gibt es nicht
mehr. Du bist jetzt frei.« Dann lieà er von dem Liegenden ab und nickte Hellas
zu, der sich schwer atmend auf das Schwert stützte. Der Söldner überlegte nur
kurz, sprang dann auf und lief davon, Schwert und Schild hinter sich
zurücklassend.
»Die Kruhnskrieger
fliehen!« rief Rodraeg, so laut er konnte. »Wir haben gewonnen!«
Hellas zögerte einen
Moment und schrie dann ebenfalls: »Das warâs! Die letzten sind kein Problem
mehr!« Dann trabten sie beide laut johlend auf den nächsten Zweikampf zu,
Ijugis gegen eine Söldnerin. Als diese Söldnerin zwei weitere frohgemute Gegner
auf sich zukommen sah und die tappenden Schritte ihres flüchtenden Kameraden im
Dunkeln hörte, lieà sie eine Gelegenheit zur Attacke ungenutzt und ergriff
statt dessen ebenfalls die Flucht. Ijugis wollte ihr nachsetzen, wurde aber von
Rodraeg zurückgehalten. »Laà sie fliehen! Wir haben
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