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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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zu
fallen, im letzten Sandstrichbruchteil warf Migal sich unter den herabrasenden
Stahlspitzen durch, rollte durch das flache Wasser und kam umständlich wieder
auf die Beine. Er blutete aus neuen Wunden, aber Rodraeg kannte jetzt keine
Zurückhaltung mehr. Er packte den Kräftigeren vorne am Hemd. »Was ist mit
Bestar passiert?«
    Â»Wir sind schnell zum
Bach hoch, haben die Zuleitung geöffnet und sind wieder zurück. Als nächstes
wollten wir das Gitter zumachen. Bestar ist bei den Pferden stehengeblieben, er
wollte ihnen helfen, damit sie nicht ertrinken. Da hat ihn ein Speer aus dem
Nichts getroffen. Gleich darauf fielen sechs oder sieben Pferdefresser über uns
her. Einer von ihnen hatte nur noch eine Hand.« Hinter Migal blitzten Klingen
im Fackelschein. Im Tal wurde abermals gekämpft. Die Verwundeten, dachte
Rodraeg. Deterio hatte sogar diejenigen mobilisiert, die vor einundvierzig
Tagen beim Kampf gegen das Mammut verwundet worden waren. Was für ein Alptraum.
Bestar war tot, und Rodraeg war nicht mal dabeigewesen. Migal schien
unbeeindruckt. War so etwas möglich? Die beiden waren wie Brüder gewesen,
unzertrennlich. Hatte die kurze Zeit beim Mammut das alles zerstört? Ein
gebrochener Fuß. Elf Tage Einzelhaft. Brüder wurden zu Fremden.
    Der Klippenwälder
schüttelte Rodraeg ab. Es war eine verächtliche Geste. »Ijugis, Onouk und
Hellas kämpfen zu dritt gegen sechs oder sieben Mann. Ich gehe ihnen helfen. Du
kannst ja hierbleiben und nachdenken.«
    Rodraeg wußte nicht, ob
er weinen, lachen oder schreien sollte. Das Blutvergießen nahm kein Ende mehr.
Ein Strom von Blut ergoß sich über den Talgrund, troff hinab in die Grube,
durchwirkte Rüstungen mit der Essenz vergeudeten Lebens. »Wo ist Deterio?« rief
er dem davoneilenden Migal nach. »Ist er bei den Kämpfenden?« Doch Migal
antwortete ihm nicht mehr, war ihm keine Rechenschaft mehr schuldig.
    Es war Deterios Stimme,
die antwortete. »Ich bin hier.« Die Stimme kam aus der Höhle, die Rodraeg eben
hinter sich gelassen hatte.
    Â»Deterio?«
    Â»Ich bin es. Kommt her
und hört mir zu. Es ist wichtig. Ich schwöre Euch: Ich bin unbewaffnet und
werde Euch nichts tun.«
    Â»Weshalb seid Ihr da
reingeschlüpft? Die Quelle versprüht reines Gift!«
    Â»Ich weiß, aber ich muß
tun, was in meiner Macht steht. Der Klippenwälder nannte Euch Rodraeg. Ist das
Euer wirklicher Name?« Deterio war in dem übelriechenden Qualm, der durch das
Gitter wallte, nur undeutlich zu erkennen.
    Rodraeg war zum Lügen
zu müde. »Ja.«
    Â»Ihr müßt mir helfen,
Rodraeg. Ihr müßt uns allen helfen. Uns steht hier etwas bevor, das so
furchtbar ist, daß unsere bisherigen Meinungsverschiedenheiten lächerlich und
geringfügig dagegen wirken. Diese Verrückten haben die Leitung geöffnet, die
frisches Bachwasser hier runterführt, und sämtliche Verschlüsse zerstört. Wenn
noch ein oder zwei Faß Wasser mehr in diese Quelle laufen, wird das
Schwarzwachs auf die heftigst denkbare Weise reagieren. Die gesamte
unteridische Quelle wird auseinandergesprengt werden wie ein verschlossener
Krug, in dem Wasser gefriert. Der Talkessel und weite Bereiche des Waldes bis
hin zum See werden aufbersten und sich in eine Fontäne aus Glut, Asche und Erde
verwandeln, Hunderte von Schritten hoch. Giftiger Dampf wird emporsprühen und
sich todbringend auf alles senken, was im Umkreis lebt und gedeiht. Je nach
Windrichtung bis hin nach Terrek. Ich erfinde das nicht, Rodraeg. Meine
eigentliche Aufgabe hier bestand darin, den Fortgang des Abbaus zu überwachen,
um zu verhindern, daß die Arbeiter so etwas anrichten.«
    Â»Ihr arbeitet also
direkt für die Königin?«
    Â»Nein. Die Königin gab
›Batis‹ nur den Abbauauftrag. Ich arbeite für ›Batis‹, um mögliche Gefahren
einzudämmen. Aber wir haben leider keine Zeit mehr für Erklärungen. Ich muß
versuchen, das Wasser hier drinnen aufzuhalten, und wenn ich es mit einer Schaufel
nach draußen schippe. Ihr müßt zum Bach hochklettern und die Ableitung
zerstören, damit kein Wasser mehr nachströmt.«
    Â»Wieso soll ich Euch
trauen? Dies könnte Euer letzter Trick sein, um die Quelle zu retten.«
    Deterio trat nahe ans
Gitter. Seine Augengläser waren beschlagen, die Haare hingen ihm naß in die
Stirn. »Traut nicht mir. Traut dem

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