Die dunkle Quelle
erkaltet sein.«
»Möglich. Es sei denn,
wir werden jetzt von Gardisten aufgegriffen.« Rodraeg trat an Bestar heran.
»Oh, nein! Ihr habt ihm ja immer noch nicht den Speer rausgezogen.«
»Mit gutem Grund«,
sagte Hellas. »Wenn wir das Ding rausziehen, fängt Bestar an zu sprudeln wie
einer dieser Springbrunnen, die Adelige in ihren SchloÃgärten haben. Abbinden
geht bei einem Bauchtreffer nicht. Eigentlich muà man das nähen. Keiner von uns
hat das nötige Werkzeug dabei.«
»Also schleppen wir ihn
mitsamt dem Speer.«
»Wir können ihn nicht
schleppen, Rodraeg. Das machen meine Rippen nicht mit. Tut mir leid.«
»Dann werde ich ihn
eben alleine tragen.«
»Das schaffst du nicht.
Der ist mindestens doppelt so schwer wie du.«
»Hellas, es gibt gar
keine andere Möglichkeit. Wir können ihn nicht hier liegen lassen. Falls ihn
Gardisten finden, hängen sie ihn auf, denn er gehört nicht nach Terrek, er hat
einen Kruhnskriegerspeer im Bauch â er kann nur einer von den Angreifern sein.«
»Du hast recht.«
»Also nimmst du mein
ganzes Zeug, und ich versuche mir Bestar auf den Rücken zu laden, Rücken an
Rücken, wegen dem Speer.«
»Dann gehe ich voran
und sichere den Weg, damit der Speer sich nicht in tiefhängenden Ãsten
verfängt.«
»Gut. Die Richtung nach
Terrek kriegst du hin?«
»Das ist kein Problem.
Wir sind über Umwege hierhergekommen, weil wir nicht wuÃten, wo die Höhle genau
liegt. Auf dem Rückweg können wir deutlich abkürzen.«
»Siehst du: Zum Glück
habe ich dich dabei. Ich finde mich im Wald schon tagsüber nicht zurecht,
nachts wäre ich verloren.«
Rodraeg zog sich sein
Hemd über und lud sich ächzend, keuchend und hustend den Klippenwälder auf. Es
war unglaublich schwer, den schlaffen Leib überhaupt hochzubekommen, so daà er
ihn richtig greifen konnte. Als er dann auf Rodraegs gekrümmtem Rücken auflag,
die Fersen über den Boden schleifend, hatte Rodraeg das Gefühl, sein Kreuz
müsse brechen. Aber dennoch verteilte Bestars Gewicht sich jetzt besser, und
Rodraeg kam mit hochrotem Kopf sogar vorwärts.
Es war beinahe komisch.
Die Fronarbeit in der Höhle hatte Rodraeg körperlich stärker gemacht. Er spürte
in seinen Oberarmen, seinen Schenkeln, seinem Rücken, seinem Bauch eine
Belastbarkeit und Festigkeit wie selbst vor sechs Jahren zur Zeit des Ritterturnieres
nicht. Womöglich hätte er damals besser abgeschnitten, wenn man ihn vorher
gezwungen hätte, sich so zu schinden wie jetzt in den letzten zwei Monden.
Er wuchtete den Leib
eines Klippenwälder Hünen durch die vom Blätterdach noch zusätzlich abgedunkelte
Waldnacht. Alle seine Sinne waren blind, er konzentrierte sich nur auf Hellas,
der dicht vor ihm einen Weg bahnte und ab und zu, Rodraegs Anderthalbhänder
fast wie einen Besen handhabend, kleinere Hindernisse zur Seite schnippte.
Bestar war schwer, als drückten der Himmel und die Baumwipfel durch ihn
hindurch zusätzlich auf Rodraegs Rücken. Als schleppte er den Klippenwald.
Beine aus Fels, ein hölzerner Leib, und jedes Haar ein Farn.
Der Husten brachte ihn
schlieÃlich zur Strecke, mehr als eine Stunde später, eine Meile hatten sie
geschafft. Rodraeg versuchte zuerst noch, hustend weiterzumachen, dann, den
Husten zu unterdrücken, was den schmerzhaften Reiz im Brustkorb aber nur noch
mehr in den Vordergrund schob. SchlieÃlich brach er an einer Steigung unter
Bestar zusammen und hustete sich bellend aus, untröstbar auch durch Hellasâ
Tätscheln und seine aufmunternden Worte. So lange schien es Rodraeg her, daà er
geschlafen hatte. So viel Kämpfen, Planen, Sorgen, Suchen, Kappen, Klettern und
Schleppen war seitdem notwendig gewesen. Es genügte. Er konnte nicht mehr.
»Irgendwann muà es ja
auch mal hell werden«, brabbelte er in Hellasâ ungefähre Richtung, rollte sich,
immer noch halb von Bestar begraben, zusammen und schlief ein.
Hellas legte Bestar so
gut es ging in eine seitliche Körperhaltung und hielt Wache. Er war
schweiÃgebadet, obwohl diese frühe Sommernacht eher kühl war. Vor seinen Augen
tanzten bunte Ringe, wenn er blinzelte. Auch er hatte einundvierzig Tage lang
nur Qualm und Gift geatmet.
Zwei Stunden später
wurde es tatsächlich langsam hell, und der Bogenschütze weckte Rodraeg, indem
er ihm den
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