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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Tenkar
und Barri Naenn ansahen, sich dann gegenseitig mit den Ellenbogen knufften und
dümmlich vor sich hingrinsten.
    Man teilte Proviant
untereinander. Röstbrot mit Naenns schmackhaften Pasten gegen einen Streifen
Rauchfleisch für Rodraeg und einen Schluck billigen Wein für Naenn. Rodraeg der
Leibwächter verschmähte den Alkohol und aß auch das Rauchfleisch nicht sofort,
sondern verstaute es erstmal im Seesack.
    Dann tauschte man
Reiseerfahrungen aus, während die Sonne langsam unterging. Rodraeg und Naenn
hatten nichts Aufregendes erlebt, erzählten also nur vom Wetter und ihrer
Reiseroute und daß dort alles ruhig war, bis auf die Möglichkeit eines großen
Wurmdrachens im Larn. Bei den dreien war Ryot fürs Reden zuständig. Sie kamen
von weiter südlich, aus der Gegend von Skerb, hatten sich in der Hauptstadt neu
verproviantiert und waren jetzt unterwegs zu den Kjeerklippen, zur
Paßstraßenstadt Tyrngan. Naenn sagte Ryot auf den Kopf zu, daß er von dort
stamme, von nördlich der Kjeerklippen, und fragte ihn, was ihn so weit südlich
bis nach Skerb verschlagen hatte.
    Â»Was hat mich
verraten?«, fragte Ryot.
    Â»Euer Akzent und euer
Schwert. Ihr seid ein Klippenwälder, aber einer mit Umgangsformen.«
    Die meisten Soldaten,
Söldner, aber auch als Glücksritter durchs Land ziehende Krieger-Abenteurer
stammten aus den Klippenwäldern, einem riesigen, oftmals bis zur
Unbewohnbarkeit zerklüfteten Landstrich im Nordwesten des Kontinents. Im Osten
grenzten die Klippenwälder an die Felsenwüste der Affenmenschen. Dort stand die
Festungssstadt Galliko, rußgeschwärzt von einem niemals endenden Krieg. Die
Menschen aus den Klippenwäldern verehrten den Kriegsgott Senchak und waren
nicht gerade berühmt für ihre Ehrenhaftigkeit und Bildung, vielmehr für ihren
Jähzorn und ihre Unbeugsamkeit im Kampf. Aber es gab auch Städte in den
Klippenwäldern. Es gab ein unüberschaubares System von winzigen Baronaten und
Herzogtümern, und der im Süden oft erhobene Vorwurf, nördlich der Kjeerklippen
gäbe es nur noch Barbaren, gehörte wohl in frühere Zeitalter.
    Â»Mein Vater ist ein
Landbaron«, erklärte Ryot, während der Feuerschein sein Gesicht mit wechselnden
Konturen bemalte. »Baron Terzel Melron von der Roten Wand. Ich habe eine gute
Kinderstube genossen, aber nun bin ich schon viele Jahre unterwegs und kann
mich manchmal kaum noch daran erinnern, wie ein richtiges Bett aussieht.«
    Â»Und warum die
behaglichen Gemächer einer Burg eintauschen gegen die Piratenstadt Skerb?«
fragte Rodraeg. Er war einmal in Skerb gewesen, nur für wenige Stunden, und war
entsetzt gewesen über die Brutalität und Schamlosigkeit, die dort herrschte.
Manche Straßen waren regelrecht gesäumt mit den verwesenden Leibern von
Hingerichteten, und dennoch hatte er dort am hellichten Tag mehr fleischliche
Ausschweifungen zu sehen bekommen als in jeder anderen Stadt bei Nacht.
    Â»Wir konnten uns das
nicht aussuchen«, erläuterte Ryot. »Meine beiden Gefährten und ich – nun, sagen
wir, wir fuhren auf einem Schiff, das von Skerber Freibeutern ›umgeleitet‹
wurde. Wir konnten entkommen und haben anschließend versucht, das, was uns gehörte,
wiederzubekommen. Ein sehr schwieriges, langwieriges und leider auch
ausgesprochen erfolgloses Unterfangen.«
    Rodraeg konnte sich
nicht helfen: Irgend etwas an Ryots Geschichte war faul, paßte vor allem nicht
zu den beiden Halunken in Ryots Gesellschaft. Tenkar und Barri sahen selbst wie
Skerber Freibeuter aus: struppige Gestalten, die mit einem Entermesser zwischen
den Zähnen hinter einer Reling kauerten und begehrliche Blicke auf eine silbern
im Mondlicht schimmernde Beute warfen. Aber einige Worte in Ryots Erzählung
waren mit Wut in den Augen gesprochen worden. Es war nicht alles nur erfunden.
    Â»Und jetzt geht es
zurück nach Hause?« fragte Naenn.
    Â»Ja«, bestätigte Ryot.
»Vorher noch nach Somnicke und Tyrngan. Freunde treffen.«
    Da war es wieder. Die
Art, wie er Freunde treffen betonte. Rodraeg wurde
das Gefühl nicht los, es hier mit jemandem zu tun zu haben, der etwas im
Schilde führte. Nur was?
    Ryot erhob sich und
schlenderte zum Teich. Tenkar und Barri blieben sitzen und kauten auf ihren
geräucherten Fleischstreifen herum. Einige Frösche hatten ein kehliges Quaken
begonnen.
    Â»Wart ihr schon mal

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